Tanz der Hexen
wie sie aussahen. Und ich wußte auch, was sie bedeuteten, wußte von der großen Hierarchie aller Dinge, die in der katholischen Kirche galt und in der die Rose die höchste Blume war, die daher das Symbol der höchsten unter den Frauen war, der Jungfrau Maria.
Daran dachte ich, und an nichts. Und ich betete. Nicht zur Heiligen Jungfrau. Nein, zur Luft dieser Stätte, zur Zeit, vielleicht zur Erde. Ich sagte »Gott« – als hätte all das einen Namen -, »können wir einen Handel schließen? Ich werde zur Hölle fahren, wenn du meine Familie rettest. Mary Beth wird vielleicht auch zur Hölle fahren, und jede Hexe nach ihr. Aber rette meine Familie. Erhalte sie stark, erhalte sie glücklich, laß sie gesegnet sein.«
Ich bekam keine Antwort auf mein Gebet. Lange saß ich da. Wolken verschleierten den Mond und gaben ihn wieder frei, und er schien strahlend und schön. Natürlich hatte ich auch keine Antwort erwartet. Aber mein Handel gab mir Hoffnung. Wir, die Hexen, werden das Böse erdulden, und den anderen soll es gut gehen. Das war mein Gelübde.
Ich erhob mich, hob die Laterne auf und machte mich auf den Rückweg.
Mary Beth schlief schon in ihrem Zelt. Die beiden Führer rauchten ihre Pfeifen und luden mich ein, mich zu ihnen zu setzen. Ich sagte ihnen, ich sei müde; ich wolle Schlafengehen und früh aufstehen.
»Sie haben doch da oben nicht gebetet, oder, Sir?« fragte einer der Männer. »Ist gefährlich, in den Ruinen der Kirche zu beten.«
»Ach, und warum?« fragte ich.
»Es ist die Kirche des Hl. Ashlar. Da kann es sein, daß der Hl. Ashlar Ihr Gebet erhört, und wer weiß, was dann passiert!«
Die beiden Männer brüllten vor Lachen, schlugen sich auf die Schenkel und nickten einander zu.
»Der Hl. Ashlar!« sagte ich. »Sie haben Ashlar gesagt?«
»Ja, Sir«, sagte der andere, der bis jetzt nicht gesprochen hatte. »War sein Schrein hier in alten Zeiten. Der mächtigste Heilige von ganz Schottland, und die Presbyterianer haben es zur Sünde erklärt, seinen Namen auszusprechen. Zur Sünde! Aber die Hexen kannten ihn immer!«
Raum und Zeit wurden zu nichts. In der stillen, gespenstischen Nacht des Glens erinnerte ich mich: ein dreijähriger Junge, eine alte Hexe, die Pflanzung, ihre Geschichten, die sie mir auf französisch erzählte. »Aus Versehen heraufbeschworen dort im Glen…«, flüsterte ich bei mir. »Komm jetzt, mein Lasher. Komm jetzt, mein Ashlar! Komm jetzt, mein Lasher! Komm jetzt, mein Ashlar!«
Ich begann murmelnd und sprach die Worte dann immer lauter. Die beiden Männer verstanden natürlich überhaupt nichts. Und dann kam aus dem Herzen des Glen der tosende Wind, so wild und mächtig, daß sein Heulen von den Bergen widerhallte.
Die Zelte flatterten und peitschten im Wind. Die Männer rannten hinüber, um sie zu straffen. Die Laternen gingen aus. Der Wind wurde zum Sturm, und während Mary Beth sich an meine Seite drückte und meinen Arm umklammerte, kam ein Unwetter über Donnelaith herab, mit Regen und Donnerschlag, so wild, daß alle sich zusammenkauerten.
Alle außer mir. Ich hatte mich gleich wieder aufgerichtet, denn mir war klar, daß es sinnlos war, sich zu ducken. Ich bot ihm die Stirn, ich blickte starr zum Himmel hinauf, während der Regen mir ins Gesicht prasselte, daß es brannte.
»Sei verdammt, St. Ashlar, denn der bist du! Zur Hölle mit dir!« schrie ich. »Ein Heiliger, ein abgesetzter Heiliger, ein Heiliger, der vom Thron gestoßen wurde! Fahre zurück in die Hölle! Du bist kein Heiliger! Du bist ein Dämon!«
Ein Zelt wurde losgerissen und wehte davon. Die beiden Führer stürzten sich auf das andere, um es festzuhalten. Mary Beth versuchte, mich zum Schweigen zu bringen. Es regnete und stürmte aus voller Kraft, so machtvoll etwa wie bei einem Hurrikan.
Das Wüten erreichte den Höhepunkt, und wir sahen einen gespenstischen schwarzen Wolkentrichter, der sich jählings aus dem Gras erhob und im Kreis herum wirbelte und wirbelte und den ganzen Himmel verfinsterte. Plötzlich – so schnell, wie er gekommen war – verschwand er.
Stocksteif stand ich da. Ich war tropfnaß. Das Hemd war mir halb von der Schulter gerissen. Mary Beth nahm das Kopftuch ab und ging im Nassen umher. Tapfer und neugierig spähte sie zum Himmel.
Einer der Führer kam zu mir.
»Verdammt, Mann«, meinte er. »Ich habe doch gesagt, beten Sie nicht zu ihm! Warum, zum Teufel, mußten Sie das tun?«
Ich lachte leise bei mir. »O Gott, steh mir bei.« Ich seufzte. »Ist das der
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