Tanz der Hexen
Erklärung. Ich wünsche Ihnen Glück, wenn Sie hingehen. Ich wünschte wirklich, ich könnte mitkommen. Wir werden sofort anfangen, das Forschungsmaterial für Sie zusammenzutragen.«
Ich begab mich zurück in unser schönes Quartier in New Town. Mary Beth war noch nicht wieder da. Ich saß allein in der Suite, zwei bequeme Schlafzimmer, mit einem Wohnzimmer dazwischen; ich trank meinen Sherry und schrieb nieder, was ich von dem, was der Mann mir erzählt hatte, behalten hatte. Es war kalt in diesen Zimmern. Im Glen würde es ebenfalls kalt sein. Aber ich mußte dort hin. Dann stahl sich in der Stille ein Gefühl an mich heran. Lasher war da. Lasher war im Zimmer, und er kannte meine Gedanken, und er war in meiner Nähe.
»Bist du da, mein Geliebter?« fragte ich beiläufig, während ich die letzten Worte nieder kritzelte.
»Sie haben dir also seinen Namen gesagt«, raunte er in seiner geheimen Stimme.
»Petyr van Abel, ja, aber nicht den Namen des Heiligen.«
»Aye, Petyr«, sagte er leise. »Ich erinnere mich an Petyr van Abel. Petyr van Abel hat Lasher gesehen.« Sein ganzes Benehmen wirkte zahm und nachdenklich. Seine geheime Stimme war überaus volltönend und schön.
»Erzähl’s mir«, lockte ich.
»In dem großen Kreis«, sagte er. »Wir werden hingehen. Ich bin immer dort gewesen. Ich meine, du wirst hingehen.«
»Kannst du dort sein und gleichzeitig bei uns?«
»Ja«, antwortete er mit einem Seufzer. Aber anscheinend hatte er Zweifel. Da waren sie wieder, die Grenzen seines Denkens.
»Sei klug, Geist. Wer bist du?« fragte ich.
»Lasher, gerufen von Suzanne, im Glen«, sagte er. »Du kennst mich. Ich habe so gut für dich gesorgt, Julien.«
»Dann sag mir, wo meine Tochter Mary Beth ist, Geist. Du hast sie hoffentlich nicht irgendwo in dieser dunklen Stadt sich selbst überlassen.«
»Sie kann sehr gut für sich selbst sorgen, Julien. Aber ich habe sie ihrem Laster überlassen, nicht sich selbst.«
»Was soll das heißen?«
»Sie hat einen Schotten gefunden, der Vater ihrer Hexe sein wird.« v
Ich sprang in beschützerischer Wut vom Stuhl. »Wo ist Mary Beth!«
Aber da hörte ich sie schon singen, als sie durch den Korridor herankam. Sie öffnete die Tür. Sie war rotwangig und schön von der Kälte, ja, irgendwie glitzernd, und ihr Haar war offen. »So, ich habe es endlich getan!« sagte sie. Tanzend kam sie herein, und dann drückte sie mir einen Kuß auf die Wange. »Mach nicht so ein entsetztes Gesicht!«
»Aber wer ist der Mann?«
»Verschwende keine weiteren deiner kostbaren Gedanken an ihn, Julien«, sagte sie. »Ich werde ihn nie wiedersehen. Lord Mayfair ist ein guter Name, findest du nicht?«
Und dies war die Lüge, die wir nach Hause schrieben, sobald wir sicher waren, daß sie schwanger war. Lord Mayfair von Donnelaith war der Vater ihres Kindes. Ja, ihre »Hochzeit« hatte in dieser »Stadt« stattgefunden – obschon es die Stadt überhaupt nicht mehr gab.
Aber ich eile meiner Geschichte voraus. Ich hatte schon im ersten Augenblick das ausgeprägte Gefühl, daß sie sich erfolgreich gepaart hatte, und als sie mir den Mann beschrieb – ein reiner Schotte, schwarzhaarig, böse, charmant und sehr reich -, da dachte ich: Nun, vielleicht ist diese Art, den Vater seines Kindes auszusuchen, auch nicht schlechter als irgendeine andere.
Jeglichen Schmerz, den ich empfand, alle Eifersucht, Scham, Angst oder was es sonst geben könnte, begrub ich tief in meinem Herzen. Wir waren eingefleischte Libertins, sie und ich. Ich wollte nicht, daß sie mich auslachte. Außerdem war ich zu sehr darauf erpicht, nach Donnelaith zu kommen.
Als ich ihr erzählte, was ich wußte, tat unser geliebter Geist nichts, um sich zwischen uns zu drängen. Ja, in dieser Nacht war er ganz still. Wir waren alle still. Weiter unten in der Straße allerdings herrschte lebhaftes Gerede. Anscheinend war ein Lord aus der Gegend ermordet worden.
Ich erfuhr erst später, wer es war. Und auch da sagte der Name mir nichts. Aber ich glaube, jetzt weiß ich, daß es der Vater von Mary Beths Baby war.
Lassen Sie uns jetzt zu Donnelaith kommen. Und lassen Sie mich erzählen, was ich dort entdeckte.
Wir brachen gleich am nächsten Tag auf, mit zwei großen Kutschen, eine für uns und unser Gepäck, eine für ein paar Bedienstete, die uns zur Hand gehen mußten. Wir fuhren nordwärts nach Darkirk, wo wir übernachteten, und von dort ging es zu Pferde weiter, begleitet von zwei Packpferden und zwei berittenen
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