Tanz der Hexen
Beweis dafür, allmächtiger Gott, daß es dich nicht gibt – daß deine Heiligen solch kleinliche Dämonen sind?«
Die Luft erwärmte sich ein wenig. Die Männer hatten die Laternen wieder angezündet. Das Wasser war vom Boden verschwunden, als wäre es nie dagewesen. Wir waren zwar noch zerzaust und naß, aber der Mond stand wieder klar am Himmel und durchflutete das Glen mit seinem Licht. Wir machten uns daran, die Zelte wiederherzurichten und das Bettzeug zu trocknen.
Ich lag die ganze Nacht wach. Als die Sonne aufging, kam ich zu den Führern. »Ich muß die Geschichte dieses Heiligen hören«, sagte ich.
»Na, sprechen Sie um Gottes willen seinen Namen nicht noch mal aus«, sagte der eine. »Ich wünschte, ich hätte es letzte Nacht nicht getan, das schwöre ich Ihnen. Und seine Geschichte kenne ich nicht. Sie werden sie auch von keinem ändern hören, den ich kenne. Es ist eine alte Legende, Mann, vielleicht ein Scherz«, sagte er, »obwohl wir von diesem Unwetter noch manchen Abend erzählen werden, das kann ich Ihnen sagen.«
»Erzählen Sie mir alles«, sagte ich.
»Ich weiß nichts. Meine Großmutter sprach seinen Namen, wenn sie sich etwas Unmögliches wünschte, und sie ermahnte uns, stets vorsichtig zu sein: Man solle sich nie etwas von ihm wünschen, wenn man es nicht wirklich haben wolle. Ich habe seinen Namen auch ein- oder zweimal oben in den Bergen gehört. Es gibt ein altes Lied, das sie da singen. Aber mehr weiß ich nicht. Ich bin nicht katholisch, ich weiß nichts von Heiligen. Niemand hier weiß etwas von Heiligen.«
Der andere nickte. »Ich selbst wußte nicht einmal das. Ich habe nur einmal gehört, wie meine Tochter ihn anrief, weil die jungen Männer sich nach ihr umdrehen sollten.«
Ich bestürmte sie mit Fragen, aber ich bekam nichts weiter aus ihnen heraus. Es wurde jetzt auch Zeit, daß wir die Ruinen in Augenschein nahmen, den Steinkreis und die Burg. Der Geist hielt sich zurück. Weder hörte ich seine Stimme, noch sah ich sonst eine Spur von ihm.
Die Sonne ging unter, als wir wieder zum Lager kamen. Ich hatte alles gesehen, was zu sehen in meiner Macht stand. Etliche Fuß Erde bedeckten den ursprünglichen Boden der Kathedrale, und wer konnte sagen, was darunterlag? Was für Gräber? Was für versteckte Bücher oder Dokumente? Vielleicht ja auch gar nichts…
Und wo mochte meine kostbare Suzanne gestorben sein? Nirgends war eine Spur von Straßen oder einem Marktplatz. Ich konnte nichts erkennen. Und ich wagte nicht, Lasher herauszufordern oder irgendwelche Worte zu sagen, die ihn wütend machen würden.
Ich war eine Woche in Edinburgh bei den Banken und kaufte das Land auf. Endlich hatte ich die Besitzdokumente für alles. Und ich hatte eine Forschungsstiftung für meinen kleinen Geschichtsprofessor eingerichtet, der mich nach der Reise mit einem herrlichen Dinner mit Entenbraten und Rotwein willkommen hieß.
Schließlich setzte ich mich mit meinem kleinen, kahlköpfigen, bebrillten Lehrer in Edinburgh zusammen und sagte: »Man hat mir alle Heiligenbiographien aus der Bibliothek gebracht, sämtliche Chroniken Schottlands – und nirgends finde ich eine Erwähnung des Hl. Ashlar.«
Er lachte fröhlich und schenkte mir Wein ein. Er war in bester Stimmung an diesem Abend, denn ich hatte ihn mit Tausenden und Abertausenden amerikanischer Dollar überhäuft, für die er nichts weiter zu tun hatte, als Donnelaith zu erforschen; damit war seine Existenz und die seiner Kinder sichergestellt.
»›Beim Hl. Ashlar‹«, sagte er. »Das ist ein Ausdruck, den die Schulkinder benutzen. Der Heilige des Unmöglichen, glaube ich. Aber es gibt keine Geschichte dazu, keine, die ich kenne jedenfalls. Denken Sie daran, dies ist heute presbyterianisches Land. Die Katholiken sind rar geworden, und die Vergangenheit ist rätselumwoben.«
Gleichwohl versprach er mir, daß wir nach dem Essen seine Bücher durchstöbern würden. Einstweilen erörterten wir die Stiftung zur Ausgrabung und Konservierung von Donnelaith. Die Ruinen würden umfassend erforscht, kartographiert und sodann zum Gegenstand ausgedehnter Studien gemacht werden.
Schließlich zogen wir uns zusammen in die Bibliothek zurück, und er suchte in seinen Büchern nach einer Reihe von alten katholischen Texten aus der Zeit vor Heinrich VIII. nach einem vor allem, der den Titel Die geheyme Geschichte der Hochland-Clans, aber keinen Verfassernamen trug. Es war ein sehr altes Buch, in schwarzes Leder gebunden und ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher