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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Knochen weh. Er saß atemlos und mit rotem Kopf auf der anderen Seite des Tisches und trank in kleinen Schlucken aus einem Glas Wasser. Sein Blick ging zwischen der Kreatur und Michael hin und her. Stolov saß links neben Norgan.
    Aaron saß neben Michael; er hielt seine Schulter, seine Hand. Michael fühlte seinen festen Griff.
    Lasher.
    »Ja. In diesem Haus, noch einmal«, sagte das Wesen mit tremolierender und noch dunkler und in ihrer eigenen Schönheit selbstbewußten Stimme und vollkommen akzentfreier Aussprache.
    »Lassen Sie ihn sprechen«, sagte Aaron. »Wir sind vier Männer. Wir sind entschlossen, ihn nicht entkommen zu lassen. Rowan liegt ungestört oben. Lassen Sie ihn sprechen.«
    »So ist es«, sagte Stolov. »Wir sind alle zusammen. Er soll sich erklären, uns allen. Sie haben ein Recht auf eine solche Erklärung, Michael. Niemand kann es Ihnen streitig machen.«
    »Ein Betrüger wie immer«, sagte Michael. »Du hast die Schwestern weggeschickt. Du hast die Wachen weggeschickt. So gerissen. Sie haben dir alle geglaubt, Father Ashlar. Oder hast du einen anderen Namen benutzt?«
    Lasher lächelte, lange, bitter. »Father Ashlar«, flüsterte er; er fuhr sich mit rosiger Zungenspitze über die Lippen und schloß lautlos den Mund. Einen Augenblick lang sah Michael Rowan in ihm, sah die Ähnlichkeit, wie er sie schon am Weihnachtstag gesehen hatte. Die feinen Wangen, die Stirn, selbst die zarten Konturen der länglichen Augen. Aber die Augen, die Tiefe ihrer Farbe, der helle, offene Blick – das waren Michaels Augen.
    »Sie weiß nicht, daß sie jetzt allein ist«, sagte Lasher ernst. Er sprach langsam, und sein Blick wanderte wieder durch den Raum. »Was nützen ihr die Schwestern noch? Sie weiß nicht mehr, wer bei ihr steht, wer um sie weint, wer sie liebt, wer Tränen vergießt. Sie hat das Kind verloren, das in ihr war. Und es wird keines mehr geben. Alles, was jetzt noch geschehen wird, wird ohne sie geschehen. Ihre Geschichte ist erzählt.«
    Michael wollte aufstehen, aber Aaron hielt ihn fest, und die beiden anderen funkelten ihn quer über den Tisch hinweg an. Lasher zeigte keine Furcht.
    »Und du willst uns deine Geschichte erzählen«, sagte Stolov schüchtern, als habe er es mit einem Monarchen oder einer Erscheinung zu tun. »Wir sind bereit, sie zu hören.«
    »Ja, ich will sie euch erzählen«, sagte Lasher mit einem schmalen, beinahe tapferen Lächeln. »Ich will euch erzählen, was ich jetzt noch weiß, da ich Fleisch und Blut bin. Ich will euch alles erzählen. Und dann könnt ihr euer Urteil fällen.«
    Michael lachte kurz und ohne Heiterkeit auf. Die ändern erschraken, und auch er selbst erschrak. Er ließ Lasher nicht aus den Augen. »Also schön, mon fils«, sagte er und sprach die französischen Worte sorgfältig und korrekt aus. »Und vergiß nicht, was du mir versprochen hast. Keine Lügen.«
    Sie schauten einander lange an, und dann setzte das Wesen wieder seine feierliche Miene auf und zog nur leicht die Schultern hoch, als sei es geschlagen worden.
    »Michael«, sagte es, »ich kann jetzt nicht für das sprechen, was ich in den Jahrhunderten der Dunkelheit war; ich kann jetzt nicht sprechen für ein körperloses, verzweifeltes Ding – ohne Geschichte oder Erinnerung oder Vernunft -, das nach Vernunft gestrebt hat, nicht nach Leiden, Schmerz und Verlangen.«
    Michaels Augen wurden schmal. Er sagte nichts.
    »Die Geschichte, die ich erzählen will, ist meine eigene – wer ich war, bevor der Tod mich von dem Fleisch trennte, von dem ich fortan immer nur träumte.« Er hob die Hände und überkreuzte sie für einen Augenblick auf der Brust.
    »Am Anfang«, sagte Michael spöttisch.
    »Am Anfang«, wiederholte die Kreatur, aber ohne Ironie, und fuhr dann fort, langsam, mit tiefempfundenen Worten, beschwörend. »Am Anfang – lange bevor Suzanne ihr Gebet im Steinkreis sprach – am Anfang – als ich Leben in mir hatte, wahres Leben, wie ich es jetzt wieder habe.«
    Schweigen.
    »Vertraue uns«, sagte Stolov. Es war beinahe ein Flüstern.
    Lashers Blick verharrte unverwandt auf Michael.
    »Du weißt nicht«, sagte er, »wie sehr ich darauf brenne, dir die Wahrheit zu sagen. Ich fordere dich heraus – wage es, mich anzuhören und mir dann nicht zu vergeben.«

 
34

Lashers Erzählung
    Laßt euch zu jenen ersten Augenblicken führen, wie ich sie in Erinnerung habe.
    Ich erinnere mich, daß ich neben meiner Mutter im Bett lag – es war ein holzgeschnitztes Bett mit wuchtigen

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