Tanz der Hexen
die Steine zu sehen, die fast die Mitte bildeten und nur den ersten Kreis von Gestalten umringten.
Ich durchforschte meinen Verstand bewußt und rigoros nach dem ganzen Ausmaß des Wissens, mit dem ich ausgestattet war. Daß ich schon einmal gelebt hatte, ja, das war sicher. Aber nicht, daß dieser Mann wußte, was mein Ziel war oder was ich wirklich war. Ich vertraute darauf, daß mir diese Wahrheit noch zuteil werden würde. Doch wiederum – woher sollte ich es wissen?
Wir ritten durch die Ruinen des Klosters; die Hufe unserer Pferde trappelten über den Steinboden des dachlosen Kreuzgangs. Ich begann zu weinen. Ich fühlte unbändige Trauer. Die Trostlosigkeit dieses Ortes, der Verlust – es erfüllte mich mit einem bedrückenden Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Mir graute vor dem Schmerz des Daseins im Fleische. Mein Vater streckte die Hand aus, um mich zu trösten. »Sei ruhig, Ashlar. Wir gehen nach Hause. Zu Hause ist dies nicht geschehen.«
Wir kamen in den dunklen Wald, wo wir unseren Weg mit Mühe und Not erkennen konnten. Es schien, daß Wölfe in der Dunkelheit umherstreiften; ich roch sie in der Nähe, roch ihr Fell und ihren Hunger. Wenn wir auf kleine Hütten stießen, wollten uns die Bewohner nicht öffnen; sie schwiegen, obwohl wir den Rauch aus einem kleinen Loch im Dach steigen sahen.
Der tiefe Hochwald schob sich immer weiter ins Gebirge hinauf. Die Straßen wurden steiler und steiler, und die gelegentliche Aussicht auf Küste und Meer wurde immer großartiger. Schließlich mußten wir ohne Obdach im Wald schlafen, und wir schmiegten uns unter dicken Decken aneinander, mein Vater und ich, die Pferde zu unseren Füßen angebunden. Ich fühlte mich wehrlos in der Dunkelheit, um so mehr, als ich Gewisper und seltsame Laute zu hören glaubte.
Es muß um Mitternacht gewesen sein, als mein Vater erwachte und zu fluchen begann. Er sprang auf und schwang sein Schwert. Er schien wütend zu sein, aber die Dunkelheit ringsum wollte ihm keine Antwort geben.
»Sie sind hilflos, dumm und ewig«, knurrte er.
»Aber wer denn, Vater?«
»Die kleinen Leute. Sie werden nicht bekommen, was sie wollen. Komm, hier können wir nicht mehr schlafen, und es ist nicht mehr weit bis nach Hause.«
Vorsichtig ritten wir weiter, erst im Dunkeln und dann durch einen einsamen Wintertag, der uns kaum Licht spendete.
Endlich gelangten wir zu dem schmalen Felsenpfad des verborgenen Passes in das Glen von Donnelaith.
Mein Vater erzählte mir die Geschichte. Es gab zwei weitere bekannte Eingänge in unser kostbares Tal – die Hauptstraße, auf der ohne Unterlaß die Fuhrwerke rollten und Waren zum Markt brachten, und den See, wo die Schiffe anlegten, die Waren auf dem Fluß zum Meer beförderten. Auf beiden Wegen reiste der nie versiegende Strom der Pilger, die am Altar des Hl. Ashlar Gold niederlegten, um seine Wunderheilungen zu erfahren oder die Hände auf seinen Sarkophag zu legen.
Diese Geschichte erfüllte mich mit Entsetzen. Was würden die Leute von mir wollen? Und ich hungerte nach Milch und nach Sahne und nach allem, was dick und weiß und rein war.
Es hatte lange Krieg gegeben in den Highlands, sagte Vater. Es hatte wütende Schlachten gegeben. Unsere Leute, der Clan von Donnelaith, hatten den Mannen des Königs Widerstand geleistet; sie wollten die Klöster nicht niederbrennen und die Kirchen nicht plündern noch dem Papst in Rom abschwören. Nur unter schwerer Bewachung kamen Schotten in dieses Tal oder legten Kauffahrer in dem kleinen Hafen an.
»Wir sind aus dem Hochland. Wir sind Christen des Hl. Columba und des Hl. Patrick. Wir sind von der alten irischen Kirche, und wir weichen nicht vor diesem aufgeblasenen König in Windsor Castle, der uns im Angesicht Gottes mit der Faust droht oder vor seinem Lakai, dem Erzbischof von Canterbury – verdammt sollen sie sein, alle beide. Alle Engländer sollen verdammt sein. Sie verbrennen die Priester. Aber damit schaffen sie Märtyrer. Das wirst du alles noch begreifen.«
Diese Worte brachten mir Frieden, aber ich konnte nicht behaupten, daß ich wußte, wer Columba oder Patrick waren, und als ich erneut versuchte, mich an alles zu erinnern, was ich wußte, schien es mir, als sei mein angeborenes Wissen noch kleiner geworden, während wir nordwärts reisten. Hatte ich in den Armen meiner Mutter Dinge gewußt, die ich nun vergessen hatte? Hatte ich in ihrem Schoß Dinge gewußt? Doch diese Dinge waren wie Phantome, die vor mir zurückwichen, und meine Jagd blieb
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