Tanz der Hexen
Seele, die sich bekehren ließe, keine Seele, die man retten kann. Ihr könntet für alle Zeit unsichtbar im Dunkeln zwischen Himmel und Erde schweben, weil der Himmel euch verschlossen sei, und so könntet ihr nur darauf hoffen, in glaubhafter Gestalt zurückzukehren.«
Ich war wie vom Donner gerührt – aber nicht nur um meinetwillen, und weil jemand so etwas von mir glauben konnte, sondern ob der blanken Möglichkeit, daß solche Kreaturen existieren konnten! Seelenlos. Im Dunkeln, vor verschlossener Himmelstür! Ich fing an zu weinen.
Dann wischte ich mir die Augen und schaute diesen Mann an, der einen so gräßlichen Gedanken in Worte gefaßt hatte. Seine Worte glühten wie Funken in mir. Wie das Zischen und Knacken von feuchtem Holz. Je länger ich ihn anstarrte, desto deutlicher spürte ich, daß er böse sein mußte, ein Abgesandter des Teufels, der meine Seele in die Hölle schleppen wollte.
»Und du sagst, ich habe keine Seele? Keine Seele, die man retten kann? Wie kannst du es wagen! Wie kannst du wagen, mir zu sagen, ich hätte keine Seele?«
Und in meiner Wut schlug ich ihn tatsächlich, schlug ihn mit einem kräftigen Hieb zu Boden. Ich war von meiner eigenen Kraft überwältigt und über diese Sünde so erschrocken wie über meine anderen.
Ich rannte vom Feld hinunter und nach Hause.
Der Mann folgte mir, aber er kam nicht mehr in meine Nähe. Er schien äußerst beunruhigt zu sein, als ich das Kloster betrat, aber er hielt sich zurück, und ich fragte mich, ob er vor dem Kreuz Angst hatte, vor der Kirche, dem geweihten Boden.
In dieser Nacht überlegte ich mir, was zu tun sei. Ich begab mich unter die Kirche und schlief auf den Steinen vor dem Grab des Hl. Franz. Und ich betete zu ihm. »Franziskus, wie kann es sein, daß ich keine Seele habe? Führe mich, mein Vater. Und hilf mir. Mutter Gottes, ich bin Dein Kind. Ich bin verloren und allein.«
Ich versank in einen tiefen Schlaf, und ich sah Engel, ich sah das Gesicht der Heiligen Jungfrau, und ich schrumpfte zu einem kleinen Kind in ihren Armen. Ich lag an ihrem Busen, eins mit dem Christkind. Und Franziskus sagte zu mir, dies sei mein Weg: nicht, eins zu sein mit dem gekreuzigten Christus – das sollte ich anderen überlassen -, sondern, eins zu sein mit dem unschuldigen Kinde. Ich müsse zurück nach Schottland, dahin zurück, wo alles angefangen habe.
Mir graute davor, Assisi so kurz vor Weihnachten zu verlassen, aber ich wußte, sobald ich die Erlaubnis dazu hätte, würde ich gehen.
Reise nach Norden und suche Donnelaith. Sieh selbst, was dort ist.
Ich ging zu unserem Klostervorsteher, dem Pater Superior, einem weisen und gütigen Mann, der sein Leben lang am Geburtsort des Hl. Franziskus gedient hatte. Er hörte mich ruhig an und sagte dann: »Ashlar, wenn du gehst, dann wirst du den Märtyrertod erleiden. Soeben ist die Nachricht nach Italien gelangt. Die Tochter der Hexe Boleyn wurde zur Königin gekrönt. Es ist Elisabeth, und die Scheiterhaufen für die Katholiken brennen schon wieder.«
Die Hexe Boleyn. Es dauerte einen Augenblick, bis mir einfiel, wer das war… ach ja, die Geliebte König Heinrichs, die ihn verzaubert und gegen die Kirche aufgewiegelt hatte. Ja. Elisabeth, die Tochter. Also war die gute Königin Maria, die versucht hatte, das Land zum Glauben zurückzubringen, gestorben.
»Ich kann mich davon nicht aufhalten lassen, Vater«, sagte ich. »Ich kann nicht.« Und dann sprudelte es aus mir hervor, und ich erzählte ihm die ganze Geschichte.
Ich ging in seiner Stube auf und ab. Ich redete und redete. Ich wiederholte alles, was man mir gesagt hatte, und bemühte mich, nicht in einen Singsang zu verfallen. Ich erzählte von dem Fremden aus Holland. Ich erzählte von dem alten Laird und von meinem Vater, und von St. Ashlar im Fenster und von dem Priester, der zu mir gesagt hatte: »Du bist St. Ashlar, der wiedergekommen ist. Du kannst ein Heiliger sein.«
Ich war sicher, er werde lachen, wie es mein Beichtvater schon getan hatte, als ich nur gesagt hatte, ich hätte den Tod der Frauen verursacht.
Aber er war wie vom Donner gerührt. Lange schwieg er. Dann läutete er nach seinem Gehilfen.
Der Mönch kam herein.
»Du kannst dem Schotten sagen, er mag jetzt hereinkommen«, sagte er.
»Dem Schotten?« fragte ich. »Was für einem Schotten?«
»Der Mann ist aus Schottland gekommen, um dich fortzubringen. Wir haben ihn daran gehindert, seine Mission auszuführen. Wir haben ihm nicht geglaubt! Aber du hast seine
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