Tanz der Hexen
in meinen Träumen dahin. Nebel umgab mich, Leute weinten und schluchzten, und Männer hasteten hin und her. Ein Massaker. »Taltos!« schrie jemand, und in meinem Traum sah ich den Bauern von dem Feld bei Florenz und hörte ihn wispern: »Taltos!« Und wieder sah ich vor mir einen Krug Milch.
Durstig erwachte ich und setzte mich kerzengerade auf, wie es meine Gewohnheit war. Ich starrte in die Dunkelheit.
Die Frauen lagen still, aber mit offenen Augen da. Der Anblick war grausig, ebenso grausig wie die Illusion, daß das Gesicht der Frau auf den Rücken gedreht sei. Ich streckte die Hand aus, um die blonde Frau wachzuschütteln; so starr war ihr Blick. Und als ich sie anrührte, merkte ich, daß sie in einer Lache ihres eigenen Blutes lag. Sie waren alle tot – die beiden zu meiner Rechten und Linken, und die zwei, die auf dem Boden lagen. Sie waren tot. Und das Bett war von Blut getränkt und stank nach Menschen.
Ich stürzte in unbezähmbarer Feigheit hinaus in den Garten und fiel vor dem Springbrunnen zitternd auf die Knie; ich war nicht sicher, ob ich das alles wirklich gesehen hatte. Aber als ich mich schließlich erhob und zurückkehrte, sah ich, daß es stimmte. Die Frauen waren tot! Mehrmals legte ich ihnen die Hände auf, aber ich konnte sie nicht aufwecken! Ich konnte den Tod nicht heilen!
Ich raffte meine Kutte und meine Sandalen zusammen, zog mich an und rannte hinaus.
Wie hatten diese Frauen sterben können? Ich erinnerte mich an die Worte des Franziskaners: »Nie darfst du das Fleisch eines Weibes berühren.«
Es war finsterste Nacht in Florenz, aber ich fand den Weg zurück ins Kloster und schloß mich in meine Zelle ein. Als der Morgen anbrach, hatte sich die Kunde von den toten Frauen in ganz Florenz herumgesprochen. Eine neue Form der Pest hatte zugeschlagen.
Ich tat, was ich in solcher Not immer getan hatte. Ich kehrte heim nach Assisi und ging den ganzen Weg zu Fuß. Ein milder Winter nahte, aber ein Winter gleichwohl, und der Weg war mühselig. Mich kümmerte das nicht. Ich wußte, daß mir jemand folgte, ein Mann zu Pferde, aber ich bekam ihn nur hin und wieder zu Gesicht. Ich war verzweifelt.
Kaum war ich im Kloster angelangt, betete ich. Ich betete zu Franziskus, er möge mich führen und mir helfen. Ich betete zur seligen Jungfrau, sie möge mir meine Sünden mit diesen Frauen verzeihen. Ich legte mich mit ausgestreckten Armen in der Kirche auf den Boden, wie es die Priester bei der Priesterweihe tun. Ich betete um Vergebung und Verständnis, und ich weinte. Ich wollte nicht glauben, daß meine Sünde diese Frauen getötet hatte.
Ich ging zur Beichte, zu einem der ältesten Priester dort.
Er war Italiener, aber er war eben aus England zurückgekehrt, wo jetzt viele Protestanten hingerichtet wurden.
Ich entschied mich für diesen Priester, weil ich alles beichten wollte – meine Geburt, meine Erinnerungen, die seltsamen Dinge, die zu mir gesagt worden waren. Aber als ich im Beichtstuhl kniete, kam mir das alles vor wie der Traum eines Verrückten.
So beichtete ich nur, daß ich mit den Frauen zusammengewesen war und daß ich ihnen allen den Tod gebracht hatte, ohne zu wissen, wie.
Mein Beichtvater lachte mich aus, leise und beruhigend. Ich sei für den Tod der Frauen nicht verantwortlich. Im Gegenteil, Gott habe mich vor der Pest bewahrt, die sie getötet habe. Das sei ein Zeichen für meine besondere Bestimmung. Ich solle nicht weiter darüber nachdenken. So mancher Priester sei schon gestrauchelt und habe eine Hure mit ins Bett genommen. Es komme nur darauf an, größer zu sein als diese Sünde und diese Schuld und weiterhin Gott zu dienen.
»Sei nicht so stolz, Ashlar. So hast du dich eben schließlich übermannen lassen wie jeder andere auch. Laß es nun hinter dir. Du weißt, sie ist nichts, diese Lust, und Gott hat dich vor der Pest bewahrt, um dich für sich zu haben.«
Vielleicht, sagte er, werde die Zeit kommen, da ich nach England gehen müsse, denn England brauche uns wie nie zuvor. »Königin Maria stirbt«, fuhr er fort. »Und wenn die Krone auf Elisabeth übergeht, die Tochter der Hexe, dann wird es wiederum schreckliche Katholikenverfolgungen geben.«
Ich verließ den Beichtstuhl, betete meine Buße und wanderte hinaus in die windgepeitschten winterlichen Felder.
Ich war unglücklich. Ich fühlte mich nicht losgesprochen von meinen Sünden. Ich ging taumelnd und mit weit aufgerissenen Augen. Ich hatte die Frauen getötet, das wußte ich. Ich hatte sie für
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