Tanz der Hexen
haben Sie einen der provokantesten Aspekte dieser Geschichte. Wenn es auf der Erde noch andere von dieser Art gibt, dann haben sie aus einem einfachen Grund keine Spuren im fossilen M a terial hinterlassen: Ihre Überreste kontrahieren und zerfallen sehr viel schneller als menschliche Überreste.«
»Fossiles Material? Wieso reden wir plötzlich über fossiles Material? Gerade hatten wir es noch mit einem Monster zu tun…«
»Nein, nicht mit einem Monster. Wir haben hier eine andere Art von lebendgebärenden Primaten, eine mit enormen Vorteilen. Es scheint, daß die eigenen Enzyme es im Augenblick des Todes auflösen. Und die Knochen – das ist noch mal eine ganz andere Frage. Die Knochen sind anscheinend nicht g e härtet. Ich weiß es nicht sicher; ich wünschte, ich könnte ein ganzes Team daran arbeiten lassen.«
»Ist das Zeug kompatibel mit unserer eigenen DNS? Ich me i ne, kann man den Strang splitten und mit unserer kombinieren…?«
»Nein. Mein Gott, ihr Chirurgen seid genial. Vierzig Prozent Ähnlichkeit genügen euch noch nicht. Man kann Ratten nicht zu Affen umzüchten, Lark. Aber es ist noch irgendeine andere heftige Reaktion im Gange. Vielleicht gibt seine DNS zu viele widersprüchliche genetische Instruktionen. Wenn ich das wü ß te, verdammt. Aber kombinierbar ist sie nicht, das steht fest. Es ist mir nicht gelungen, sie mit irgendwelchen menschlichen Zellen zu kultivieren. Das heißt allerdings nicht, daß es nicht gehen könnte. Könnte sein, daß das Ding durch äußerst schnelle repetitive Mutationen in den Nukleotiden eines beliebigen Gens zustande gekommen ist.«
»Langsam. Da kann ich nicht folgen. Wie Sie gerade sagten, ich bin nur ein Chirurg.«
»Ich habe immer gewußt, daß ihr Kerle im Grunde nicht wißt, was ihr tut.«
»Mitch, wenn wir wüßten, was wir tun, wie könnten wir es dann tun? Wenn Sie uns brauchen – und beten Sie zu Gott, daß es niemals dazu kommt -, dann werden Sie uns segnen für unsere Unwissenheit und unseren Humor und unseren Wagemut. Aber… dieses Ding… es kann sich nicht mit Me n schen kreuzen?«
»Es kann es nur, wenn sie sind wie Rowan. Sie müssen die sechsundvierzig schlummernden Chromosomen haben. Deshalb müssen wir Rowan finden und sie auf jede erdenkliche Art und Weise untersuchen.«
»Also mit Rowan könnte das Ding sich kreuzen, ja?«
»Mit seiner Mutter? Ja, wahrscheinlich! Aber dazu ist sie s i cher nicht verrückt genug.«
»Sie sagt, es habe sie bereits befruchtet, und sie habe den Fötus verloren. Aber sie hatte den Verdacht, daß es noch einmal passiert war.«
»Das hat sie Ihnen erzählt?«
»Ja. Und ich muß jetzt entscheiden, ob ich es der Familie e r zählen kann oder nicht, der Familie Mayfair, die gerade im Begriff ist, das größte unabhängige neurochirurgische Forschungszentrum der Vereinigten Staaten zu bauen.«
»Ja… Rowans großer Traum. Aber zurück zu dieser Familie. Wie viele davon gibt es? Gibt es Brüder und Schwestern, die man untersuchen könnte? Was ist mit Rowans Mutter? Lebt sie noch? Lebt der Vater noch?«
»Sie hat keine Geschwister. Die Eltern sind tot. Aber es gibt zahlreiche Vettern und Cousinen in der Familie, und Inzucht war an der Tagesordnung. Nein, diese Inzucht wurde beinahe kalkuliert betrieben, und diese Leute sind nicht eben stolz darauf. Sie wollen keine genetischen Untersuchungen. Man hat sie schon früher darauf angesprochen.«
»Aber es könnte noch andere geben, die dieses zusätzliche Chromosomenpaket haben. Was ist mit dem Vater dieses Wesens… mit dem Mann, der Rowan geschwängert hat? Der muß die zweiundneunzig Chromosomen doch auch haben!«
»Muß er? Der Mann war ihr Ehemann. Sind Sie dessen sicher?«
»Ja, absolut sicher.«
»Zu ihm kommen wir gleich. Es gibt Unmengen von Daten über ihn. Aber erzählen Sie mir etwas über das Gehirn des Wesens. Was haben Sie bei der Tomographie gesehen?«
»Es ist anderthalbmal so groß wie ein menschliches Gehirn. In den Stirnlappen hat zwischen den beiden Scans in Paris und Berlin ein phänomenales Wachstum stattgefunden. Ich wette, es besitzt eine unglaubliche Sprach- und Redebegabung. Aber das ist nur eine Vermutung. Und sein Gehör ist extrem komplex. Oberflächlich deutet alles darauf hin, daß es Laute hören kann, die ein Mensch nicht hört. Wie eine Fledermaus oder ein Meerestier. Das ist übrigens ein sehr wichtiger Punkt. Sein Geruchssinn ist ebenfalls hochentwickelt; zumindest wäre genügend Platz dafür vorhanden. Wissen
Weitere Kostenlose Bücher