Tanz der Hexen
kann man es nicht. Wissen Sie, was an diesem Ding so wunderbar ist? Daß sein Phänotyp anderen so ähnlich ist. Es hat sich auf eine völlig andere Weise entwickelt, braucht dreimal soviel Protein wie ein Mensch, schafft sich einen eigenen, sehr viel saureren Typ von Laktase – und am Ende sieht es uns doch ziemlich äh n lich.«
»Und was schließen Sie aus alldem?«
»Nichts. Kehren wir zu dem Mann zurück, der Rowan geschwängert hat. Was wissen wir über ihn?«
»Alles, was uns interessieren könnte. Er hat in San Francisco gewohnt. Er war berühmt, bevor er Rowan heiratete. Das G e neral Hospital in San Francisco hat ihn auf jede erdenkliche Weise untersucht. Er hat in New Orleans kürzlich einen schweren Herzanfall erlitten. Wir haben unmittelbaren Zugriff auf seine Krankenakten. Wir werden ihn natürlich offiziell um Erlaubnis bitten, darin Einsicht zu nehmen. Wenn er die zwe i undneunzig Chromosomen hat… tja, wenn er -«
»Er muß sie haben.«
»Aber Rowan hat etwas von einem äußeren Faktor gesagt. Sie hat gesagt, der Vater sei normal, und sie hat sogar gesagt, sie liebe den Vater. Er sei ihr Mann. Dann geriet sie am Tel e fon in Aufregung und beendete das Gespräch. Sie sagte noch, ich sollte mich wegen finanzieller Mittel an die Familie wenden, und legte auf. Das heißt, ich bin bis heute nicht sicher, ob das Gespräch nicht von jemand anders unterbrochen wurde.«
»Oh, ich weiß, wer dieser Mann ist. Jeder hat damals darüber geredet. Es ist der Mann, den Rowan aus dem Meer gezogen hat.«
»Genau. Michael Curry.«
»Ja, Curry. Der Mann, der von den Toten zurückkehrte und übersinnliche Kräfte in den Händen hatte. Oh, wir hätten so gern ein paar Tests mit ihm gemacht. Ich habe sogar versucht, Rowan deshalb anzurufen. Ich habe die Artikel über ihn in den Zeitungen gelesen.«
»Ja. Das ist er.«
»Er ist dann mit Rowan nach New Orleans gezogen.«
»Mehr oder weniger.«
»Und sie haben geheiratet.«
»Das auf jeden Fall.«
»Übersinnliche Fähigkeiten. Ist Ihnen klar, was das heißt?«
»Na ja, ich weiß, daß Rowan welche haben soll. Ich hielt sie immer für eine großartige Chirurgin, aber andere bestanden darauf, daß sie heilende Hände und die Gabe der Diagnostik und Gott weiß was noch alles besitze. Aber was heißt denn übersinnliche Fähigkeiten‹?«
»Vergessen Sie den Voodoo-Quatsch. Ich denke an genetische Marker. Diese übersinnliche Fähigkeit könnte ein solcher Marker sein. Er könnte auftreten, wo die zweiundneunzig Chromosomen auftreten. Oh, das ist wirklich die Frage nach dem Huhn und dem Ei. Gott, wenn es nur Unterlagen über die Eltern dieser Leute gäbe! Hören Sie, Sie müssen die Familie zu ein paar Tests überreden.«
»Schwierig. Sie sind vertraut mit den genetischen Untersuchungen, die man an den Amish durchgeführt hat. Sie haben von den Untersuchungen an Mormonen in Salt Lake City gehört. Sie wissen, was der Founders-Effekt ist, und sie sind nicht stolz auf all die Inzucht in der Familie. Im Gegenteil, es ist ein großer Witz und zugleich eine mächtige Peinlichkeit für sie alle. Und die Inzucht geht weiter. Dauernd heiraten Cousins und Cousinen, ganz wie bei den Wilkes in Vom Winde verweht.«
»Sie müssen einfach ihre Zustimmung geben. Es ist zu wichtig. Ich frage mich, ob das verdammte Ding eine Generation überspringen kann. Ich meine… bei dem Gedanken an die Möglichkeiten wird mir schwindlig. Was Rowans Mann angeht – seine Krankenberichte können wir unverzüglich beko m men?«
»Ich frage ihn. Es ist immer am besten, wenn man versucht, höflich zu sein. Aber sie befinden sich im San Francisco Ho s pital, und nichts hindert Sie daran, zum Telefon zu greifen, sobald ich weg bin. Curry hat den Ärzten erlaubt, ihn zu st u dieren. Er wollte wissen, was es mit dieser Gabe in seinen Händen auf sich hatte. Er hätte vielleicht auch Ihnen erlaubt, ihn zu untersuchen, wenn Sie rechtzeitig an ihn herangetreten wären. Die Presse hat ihn scheu gemacht. Er sah ständig Bi l der und wußte alles mögliche über andere Leute. Ich glaube, am Ende hat er Handschuhe getragen, damit er nicht dauernd diese Bilder in den Kopf bekam.«
»Ja, ja, ich habe die ganze Geschichte in den Akten«, sagte Mitch. Er verstummte, einen Augenblick lang ratlos, wie es schien. Dann öffnete er seine Schreibtischschublade und nahm einen großen gelben Schreibblock mit gekritzelten Not i zen heraus. Er zog einen Stift aus der Tasche und begann, etwas vor sich
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