Tanz der Hexen
Namen Gottes!« Niemand konnte mich hören, nicht einmal ich selbst. Ich hörte seine Schreie nicht, obwohl ich wußte, daß er schrie; ich sah die Qual in seinem glatten Antlitz. Ich senkte kniend den Kopf. »Gott, hilf uns. Dies ist Hexerei. Mach dem ein Ende, o Gott, und hilf uns, sie haben uns als Opfertier gezüchtet, wir sind die Lämmer, o Gott, bitte nicht mehr, bitte laß nicht noch mehr sterben!«
Die Menge brüllte, schwankte, dröhnte in machtvollem, endlosem Summen. Und plötzlich zerrissen Schreie die Luft, lauter noch und zahlreicher als meine eigenen, unmöglich zu überhören.
Soldaten brachen die Türen auf! Hunderte strömten in die Halle. Auf jeden Mann in Rüstung und mit Schild und Schwert kam ein Hirte oder ein Pflugknecht mit einer Mistgabel oder einer plumpen Pflugschar in der Hand.
»Hexen, Hexen, Hexen!« schrien die Angreifer.
Ich stand auf und verlangte mit lauter Stimme Ruhe. Köpfe rollten von den Schultern. Die erstochen wurden, schrien um Gnade. Männer kämpften, um ihre Frauen zu beschützen. Nicht einmal kleine Kinder wurden verschont.
Die Angreifer packten mich. Ich wurde hinausgetragen, und mit mir die anderen neugeborenen Ungeheuer und die Vetteln, aus denen sie gekrochen waren. Die kalte Nacht tat sich auf, und die Schreie und das Kriegsgebrüll hallten von den Bergen wider.
»Lieber Gott, hilf uns, hilf uns!« rief ich. »Hilf uns, denn dies ist böse, dies ist unrecht, dies ist nicht Deine Gerechtigkeit! Nein. Bestrafe die Schuldigen, aber doch nicht alle! Lieber Gott!«
Sie warfen mich auf den Steinboden der Kathedrale und zerrten mich durch den Gang. Ringsum hörte ich, wie die großen Fenster zerbarsten. Ich sah Flammen. Schwarzer Rauch ließ mich würgen, und die Steine, über die sie mich schleiften, schürften mir die Haut ab. Weit vor mir sah ich, wie das Heu in der Krippe explodierte! Die angebundenen Tiere brüllten in der Glut des Feuers, der sie nicht entrinnen konnten.
Und schließlich schleuderten sie mich vor dem Sarkophag des Hl. Ashlar zu Boden.
»Durch das Fenster, durch das Fenster!« schrien sie.
Mühsam erhob ich mich auf die Knie. Überall in der Kathedrale standen Bänke und Ornamente aus Holz in hellen Flammen. Die Welt bestand nur noch aus Rauch und den Schreien der Massakrierten. Plötzlich packten Hände meine Arme und Füße, sie schwangen mich hin und her, hin und her, und schleuderten mich dann gegen das große Fenster des Heiligen!
Mit Brust und Gesicht prallte ich gegen das Glas. Ich hörte, wie es zerbrach, und dachte, sicher werde ich jetzt sterben. Ich werde auffahren in die friedliche Nacht, zu den Sternen, und Gott wird mir erklären, warum dies alles geschehen ist.
Ich glaube, ich sah das Tal. Ich sah die brennende Stadt. Ich sah jedes Fenster wie ein flammenspeiendes Maul. Ich sah lodernde Hütten. Ich sah Leichen überall, und benommen erkannte ich, daß dies nicht die Visionen einer aufsteigenden Seele waren. Ich lebte noch.
Und dann kam der Mob und packte mich erneut in seiner rasenden Wut. »Schleift ihn in den Kreis!« schrien die Leute. »Schleift sie alle hin, verbrennt sie im Kreis, verbrennt die Hexen und Taltos.«
Alles war Dunkelheit und Panik, ein Ringen nach Luft, das verzweifelte Suchen nach Halt – einen Augenblick lang gab es nichts als animalisches Zappeln, nein, lieber Gott, hilf uns, laß es nicht das Feuer sein.
Als sie mich auf die Füße stellten, sah ich im Zwielicht den alten Steinkreis um uns herum. Die klobigen Umrisse ragten bedrohlich vor dem Himmel und den Flammen der brennenden Stadt hinter uns empor, vor den Flammen, die jetzt die große Kathedrale verschlangen. Die wunderschönen Glasfenster waren nicht mehr da.
Ein Stein traf mich, dann noch einer und noch einer. Der nächste ließ mir das Blut aus dem Auge strömen. Ich hörte die Flammen. Ich fühlte die Hitze. Aber ich starb unter den Steinen. Einer nach dem anderen traf mich am Kopf, schleuderte mich hierhin und dorthin, so daß ich das Feuer kaum noch spürte, als es mich erfaßte…
»Lieber Gott, in Deine Hände empfehle ich mich. Dein Diener Ashlar kann nichts mehr tun. Lieber Gott. Jesuskind, nimm mich auf. Heilige Mutter Gottes, nimm mich auf. Franziskus, komm und hilf mir empor. Heilige Maria, Mutter Gottes, jetzt und in der Stunde… in Deine Hände…!«
Und dann…
Und dann.
Da war kein Gott.
Da war kein Jesuskind in meinen Armen.
Da war keine Mutter Gottes, »jetzt und in der Stunde unseres Todes«.
Da war kein
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