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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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lernen.«
    »Oh, Sie Lügner«, sagte Michael. »Sie alle, und jetzt auch Sie, Aaron, sind davon erfaßt. Am Ende hat er auch Sie verführt.«
    »Michael, schau mich an«, sagte Lasher halb flüsternd. »Einem Menschen das Leben zu nehmen, erfordert höchste Willenskraft, äußerste Eitelkeit. Bist du denn wahnsinnig, daß du mich ohne jegliche Prüfung wieder dem Unbekannten überantworten, daß du das Wunder ungeschehen machen willst? O nein, das würdest du nicht tun. So bedenkenlos bist du nicht. So grausam.«
    »Warum willst du mich für dich gewinnen?« fragte Michael. »Kannst du dich nicht darauf verlassen, daß diese Männer dich beschützen?«
    »Michael, du bist mein Vater. Hilf mir. Komm mit uns nach Amsterdam.« Er wandte sich an Stolov. »Ihr habt die Frau, nicht wahr? Den weiblichen Taltos. Bei all meinen Versuchen bin ich gescheitert. Aber ihr habt ihn.«
    Stolov antwortete nicht, aber er hielt seinem Blick mit Gleichmut stand.
    »Nein, das sind lauter Phantastereien«, sagte Aaron. »Wir haben keinen weiblichen Taltos. Wir haben keine solchen Geheimnisse. Aber wir werden dir Schutz bieten. Wir werden dir einen Zufluchtsort geben, wo man dich befragen kann, wo du die Geschichte niederschreiben kannst, die du uns erzählt hast, und wo wir dir helfen werden, so gut wir können.«
    Lasher lächelte Aaron schmal an, und dann sah er wieder Stolov an. Nachlässig wischte er sich mit seiner langen, anmutigen Hand die Tränen ab. Michael konnte den Blick nicht von der Kreatur wenden.
    »Aaron, sie haben Dr. Larkin umgebracht«, sagte Michael. »Sie haben Dr. Flanagan in San Francisco ermordet. Sie würden alles vernichten, was ihnen im Weg steht. Sie wollen den Taltos, und es ist so, wie der Holländer es Ashlar vor fünfhundert Jahren erzählt hat! Sie haben sich von ihnen zum Narren halten lassen, und ich ebenfalls. Das wußten Sie, als wir dieses Zimmer betraten.«
    »Das kann ich nicht glauben. Ich kann es nicht. Stolov, sprechen Sie mit mir«, sagte Aaron. »Norgan, gehen Sie und rufen Sie Yuri. Yuri ist bei Mona im anderen Haus. Rufen Sie dort an. Er muß herkommen.«
    Norgan rührte sich nicht. Stolov stand langsam auf.
    »Michael«, sagte er, »es wird schwierig für Sie werden. Sie wollen sich rächen, Sie wollen zerstören.«
    »Sie werden ihn nicht mitnehmen, Freundchen«, sagte Michael. »Versuchen Sie’s erst gar nicht.«
    »Bleiben Sie ruhig. Warten Sie auf Yuri«, sagte Aaron.
    »Wozu – damit Ihre Überzahl noch größer wird? Haben Sie das Gedicht vergessen, das ich Ihnen gegeben habe?«
    »Welches Gedicht?« fragte Lasher mit großen, neugierigen Augen. »Du kennst ein Gedicht? Sagst du mir das Gedicht? Ich liebe Gedichte. Ich höre sie gern. Rowan konnte sie so gut aufsagen.«
    »Ich kenne tausend Gedichte«, sagte Michael. »Aber du brauchst nur diese Strophe zu hören, dann wirst du schon verstehen:
     
    Laßt den Teufel nur erzählen,
    Laßt ihn wecken Engelsmacht,
    Laßt die Toten Zeugen werden,
    Jagt den Alchimisten fort.«
     
    »Ich weiß nicht, was das bedeutet«, sagte Lasher unschuldig. »Was bedeutet es? Ich sehe es nicht. Es reimt sich nicht.«
    Plötzlich schaute Lasher zur Decke hinauf. Stolov ebenfalls – das heißt, er schien die Ohren zu spitzen und ins Leere zu starren, als habe er den Blick vorübergehend abgeschaltet, während er ein Geräusch zu verfolgen suchte.
    Es war die dünne Musik, der alte, mahlende, dünne Klang von Musik. Juliens Grammophon.
    Michael lachte. »Als ob ich das nötig hätte. Als ob ich es vergessen hätte.«
    Er schoß hoch von seinem Stuhl, auf Lasher zu, der zurückwich und seinem Griff knapp entging. Lasher zog sich hinter Stolov und Norgan zurück, die beide von ihren Stühlen aufsprangen.
    »Ihr dürft nicht erlauben, daß er mich tötet!« flüsterte Lasher. »Vater, du darfst es nicht tun! Nein, es wird nicht wieder so für mich enden!«
    »Den Teufel werde ich«, sagte Michael.
    »Vater, du bist wie die Protestanten, die das wunderschöne bunte Glas für alle Zeit zerstören mußten.«
    »Dein Pech.«
    Die Kreatur machte einen Satz nach links, blieb wie angewurzelt stehen und starrte zur Küchentür.
    Einen Wimpernschlag später hatte Michael es auch gesehen. Die Gestalt Juliens stand in der Tür, lebendig, nachdenklich, grauhaarig, blauäugig, mit verschränkten Armen, und versperrte den Weg.
    Aber Lasher rannte bereits den Flur hinunter, während die Männer sich immer noch schwerfällig anschickten, seinen behenden, lautlosen

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