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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Codes waren korrekt, hatte Ryan gesagt. Und dann hatte Rowan sogar diesen Arzt in Kalifornien angerufen.
    Ah, morgen werden wir von diesem Arzt etwas erfahren – und wieder waren ihre Gedanken im Kreis zum Ursprungsort z u rückgekehrt, und sie wandte dem Meer den Rücken zu und ging auf die dunkle Düne mit dem zarten Lichtsaum zu.
    Niedrige Häuser reihten sich zu beiden Seiten aneinander, scheinbar ins Grenzenlose, und dann kamen die wuchtigen, bedrohlichen Massen eines Hochhauses, zur Warnung tieffliegender Flugzeuge mit winzigen Lichtern besetzt. Weit, weit weg, in der Biegung des Landstreifens funkelte die Stadt, und draußen über dem Meer ballten sich die Wolken im Mondschein.
    Es war Zeit, abzuschließen und schlafen zu gehen, ja. Aber vor dem Kaminfeuer. Zeit für diesen dünnen, wachsamen Schlaf, den sie immer genoß, wenn sie allein war und das Feuer brannte. Um halb sechs würde sie hören, wie die Ka f feemaschine sich klickend einschaltete, und sie würde das erste Boot hören, das in die Nähe des Strandes kam.
    Sie war eben oben auf dem Plankensteg angekommen und schaute auf ihr Haus hinunter, in das warme Rechteck des Wohnzimmers mit dem gleichmäßig flackernden Feuer und den ausladenden cremefarbenen Ledersofas auf den Kar a mellbraunen Bodenfliesen.
    Da war jemand in ihrem Haus. Jemand stand neben der Couch, auf der sie den ganzen Abend gedöst hatte, gleich vor dem Kaminfeuer. Ja, der Mann hatte einen Fuß auf die Feuerstelle gesetzt, wie Gifford es auch gern tat, vor allem, wenn sie barfuß war, um die unvermeidliche Kälte zu spüren, die in den Steinen hing.
    Dieser Mann war nicht barfuß und überhaupt nicht lässig g e kleidet. Er sah flott aus im Feuerschein, sehr groß und »kaiserlich schlank« wie Richard Cory in dem alten Gedicht von Edward Arlington Robinson.
    Langsam bewegte sie sich auf dem Plankensteg entlang und trat dann hinunter, aus dem Wind in die relative Stille und Wärme des hinteren Gartens. Durch die Glastüren betrachtet, sah das Innere ihres Hauses aus wie ein Bild. Nur der Mann paßte nicht her. Und was eigentlich nicht paßte, war nicht etwa sein dunkles Tweedjackett oder der Wollpullover: Es war sein Haar, das lange, glänzend schwarze Haar.
    Es hing ihm über die Schultern wie bei einer Christusfigur, fand sie. Und als er sich umdrehte und sie ansah, erinnerte er in der Tat an einen Kramladen-Christus – eines von diesen grellbunten Jesusbildern mit Augen, die sich öffnen und schließen, wenn man es hin und her kippt, strotzend vor kra s sen Farben und sofort zugänglicher Hübschheit: Jesus mit weichen Locken und weichen Gewändern und einem zärtl i chen Lächeln ohne Geheimnis und ohne Schmerz. Der Mann hatte sogar den sauber gestutzten Bart dieses vertrauten Christus, was sein Gesicht großartig und gesegnet aussehen ließ.
    Ja, so sah er aus, irgendwie – dieser Mann. Wer, zum Teufel, war er? Irgendein Nachbar, der zur Haustür hereinspaziert war, um sich eine 25-Ampere-Sicherung oder eine Tasche n lampe auszuborgen? In einem Jackett aus Harris-Tweed?
    Er stand in ihrem Wohnzimmer und schaute auf das Feuer hinunter mit seinem langen, fließenden Jesusprofil, und langsam drehte er sich um und sah sie an, als habe er sie die ga n ze Zeit gehört, wie sie durch die windige Dunkelheit herangekommen war, als habe er gewußt, daß sie jetzt in Hörweite war und stumm und fragend dastand, die eine Hand an den stählernen Türrahmen gelegt.
    Das Gesicht von vorn. Plötzlich hatte sie den Eindruck von strahlender, erlösender Schönheit, die die Last des extrav a ganten Haars und der kostbaren Kleidung tragen konnte – und noch ein Element drang in ihr Bewußtsein, über die Verführungskraft seines Gesichtes hinaus. Es war ein Duft, beinahe ein Parfüm.
    Aber es war nicht süß, dieses Parfüm. Kein Blütenduft, kein Naschwerk, keine Gewürze. Nein. Aber es war so einladend. Am liebsten hätte sie tief eingeatmet. Und sie hatte diesen Duft schon irgendwoanders wahrgenommen, erst vor kurzem. Ja, und das gleiche seltsame Verlangen gespürt. Aber jetzt konnte sie sich nicht daran erinnern. Hatte sie nicht sogar eine Bemerkung darüber gemacht, über diesen seltsamen Duft…? Es hatte irgend etwas mit dem St.-Michaels-Medaillon zu tun. Ah, das Medaillon. Sieh nach, ob das Medaillon in deiner Handtasche ist. Aber das war ein törichter Gedanke. Hier war ein fremder Mann!
    Sie wußte, daß sie vor ihm auf der Hut sein mußte. Sie mußte unverzüglich herausfinden, wer

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