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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wieder«, sagte sie und nickte d a bei nachdrücklich. »Sie müssen mein Haus jetzt verlassen.« Sie dachte sogar an das Medaillon. O Gott, warum hatte sie das Medaillon nicht umgehängt? Sie hatte es doch vorgehabt. Heiliger Erzengel Michael, bewahre uns vor dem Bösen.
    »Gehen Sie weg von hier.«
    »Das kann ich nicht, meine Teure, meine Gifford.« Es hörte sich an, als singe er zu einer getragenen Melodie.
    »Sie reden nur verrücktes Zeug. Ich kenne Sie nicht. Ich bitte Sie noch einmal, zu gehen.« Aber als sie einen Schritt z u rückweichen wollte, wagte sie es nicht. Ein wenig von dem Zauber und Mitgefühl in seinem Gesicht war abrupt verflogen. Er starrte sie wachsam an, vielleicht sogar bitter. Es war das Gesicht eines Kindes, ja, beweglich und verführerisch, und gewinnend mit den kurzen, selbstvergessenen Gefühlsblitzen. Wie glatt und makellos die Stirn. Solche Proportionen. War Dürer so vollkommen geboren gewesen?
    »Erinnere dich an mich, Gifford. Ich wünschte, ich könnte mich an dich erinnern. Ich stand unter den Bäumen, als du mich sahst. Bestimmt. Sag mir, was du gesehen hast. Hilf mir, mich zu erinnern, Gifford. Hilf mir, das Ganze zu einem großen Bild zu verweben. Ich bin verloren in dieser Hitze, und erfüllt von uraltem Haß und uraltem Groll. Erfüllt von uralter Unwissenheit und Pein. Gewiß hatte ich Weisheit, als ich unsichtbar war. Gewiß war ich den Engeln der Luft näher als den Teufeln der Erde. Aber, oh, das Fleisch ist so verlockend. Und ich werde es nicht wieder loslassen, ich werde nicht wieder zerstört we r den. Mein Fleisch wird leben. Du kennst mich. Sag, daß du mich kennst.«
    »Ich kenne Sie nicht!« erklärte sie. Sie war jetzt doch zurüc k gewichen, aber nur einen Schritt. Es war so wenig Raum zw i schen ihnen. Hätte sie sich abgewandt, um wegzulaufen, er hätte sie beim Genick packen können. Das Grauen stieg e r neut in ihr auf, das absolut irrationale Grauen davor, daß er seine langen Finger an ihren Hals legen könnte. Daß er es tun konnte, daß niemand ihn daran hindern würde, daß Menschen so etwas taten, daß sie allein mit ihm war – das alles stürzte lautlos über ihr zusammen. Dennoch sprach sie wieder. »Ve r schwinden Sie hier! Haben Sie nicht gehört, was ich sage?«
    »Geht nicht, meine Schöne«, sagte er und zog die eine Braue hoch. »Sprich zu mir. Sag mir, was du gesehen hast, als du damals, vor so langer Zeit, zu jenem Hause kamst.«
    »Warum soll ich das?« Sie wagte noch einen Schritt, äußerst vorsichtig. Der Strand lag hinter ihr. Was, wenn sie losliefe? Durch den Garten und über den Plankensteg? Und der weite Strand erschien ihr auf einmal wie die leeren, gottverlassenen Landschaften grausiger Träume. Hatte sie nicht vor langer Zeit von diesem Wesen geträumt? Nie, nie sprichst du diesen N a men aus!
    »Ich bin jetzt unbeholfen«, sagte er mit plötzlicher, tiefempfundener Aufrichtigkeit. »Ich glaube, als Geist war ich anmutiger, nicht wahr? Ich kam und ging genau im rechten Augenblick. Jetzt tappe ich durchs Leben, wie wir es alle tun. Ich brauche meine Mayfairs. Ich brauche euch alle. Ich wünschte, ich sänge in irgendeinem stillen, schönen Tal, im Glen, dort unter dem Mond. Und ich könnte euch alle zurückbringen, z u rück in den Kreis. Oh, aber dieses Glück werden wir jetzt nicht mehr haben, Gifford. Liebe mich, Gifford.«
    Er wandte sich ab, als leide er. Es war nicht, als wolle er ihr Mitgefühl, oder als erwarte er es. Es war ihm gleichgültig. Lange Zeit schwieg er schmerzerfüllt und starrte dumpf und blicklos zur Küche. Es war etwas absolut Unwiderstehliches in seinem Gesicht, seiner Haltung. »Gifford«, bat er, »Gifford, sag, was siehst du in mir? Findest du mich schön?« Er drehte sich um. »Schau mich an.«
    Er beugte sich nieder, um sie zu küssen, wie ein Vogel sich am Rande eines Weihers niederläßt, ebenso behende und mit schwindelerregendem Flügelschlag, und der Duft überflutete sie wie der Geruch eines Tieres, eine warme Witterung wie der gute Geruch eines Hundes oder eines Vogels, den man aus seinem Käfig nimmt. Seine Lippen bedeckten die ihren, und seine langen Finger schoben sich um ihren Nacken; die Daumen berührten sanft ihr Kinn und dann die Wangen, wä h rend sie versuchte, sich tief in sich selbst hinein zu flüchten, wo sie allein wäre, geborgen und sicher vor allem Schmerz. Sie fühlte, wie ein köstliches Gefühl sich rasch in ihren Lenden ausbreitete. Dies wird nicht geschehen, wollte sie

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