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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wollen. Ein oder zwei Jahrhunderte – das ist für uns keine lange Zeit. Wir beobachten die Mayfair-Hexen schon seit vielen hundert Jahren.«
    »Das weiß ich.«
    »Jetzt ist etwas geschehen, das wir befürchtet haben und das wir nicht verhindern konnten. Es bedeutet unermeßliche Gefahren für uns und für andere. Es ist erforderlich, daß Sie hier bleiben, auf Anweisungen warten und tun, was man Ihnen sagt.«
    »Nein, es tut mir leid, aber ich gehe zu Aaron«, sagte Yuri. Er stand auf und ging hinaus. Er dachte nicht darüber nach. Er sah sich nicht um. Er interessierte sich kaum für Antons Rea k tion.
    Er warf auch keinen langen Abschiedsblick auf das Mutterhaus; als der Wagen nach Heathrow fuhr, ging ihm eigentlich nur ein Thema im Kopf herum, einer musikalischen Fuge gleich. Er sah Andrew vor sich, wie er in seinem römischen Hotelzimmer gestorben war. Er sah Aaron, wie er ihm, Yuri, gegenübersaß und sagte: »Ich bin dein Freund.« Und er sah auch seine Mutter vor sich, wie sie in jenem Dorf in Serbien starb.
    Es gab keinen Konflikt in seinem Herzen.
    Er fuhr zu Aaron. Er wußte, das war es, was er tun mußte.

 
7

    Lark schlief fest, als das Flugzeug in New Orleans landete: Aufgeschreckt stellte er fest, daß sie schon am Gate waren. Ja, die Leute stiegen bereits aus. Die Stewardeß schaute strahlend auf ihn herunter, und sein Regenmantel baumelte an ihrem anmutigen Arm. Einen Augenblick lang war er ein bi ß chen verlegen, als habe er einen kostbaren Vorteil eingebüßt. Dann war er auf den Beinen.
    Er hatte schreckliche Kopfschmerzen und Hunger, und dann kam ihm dieses Geheimnis, das Geheimnis um Rowan Ma y fairs Nachkommenschaft, mit glutheißer Erregung ins Bewuß t sein wie eine mächtige Last. Wie konnte man von einem rational denkenden Mann erwarten, daß er so etwas erklärte? Wie spät war es überhaupt? Acht Uhr morgens in New Orl e ans. Das hieß, zu Hause an der Küste war es erst sechs.
    Sofort sah er den weißhaarigen Mann, der ihn erwartete, und er erkannte, daß es Lightner war, noch bevor der Mann seine Hand ergriffen und sich vorgestellt hatte. Ein sehr ansehnl i cher alter Knabe, im grauen Anzug mit allem Drum und Dran.
    »Dr. Larkin, es hat einen Notfall in der Familie gegeben. W e der Ryan noch Pierce Mayfair konnten herkommen. Gestatten Sie, daß ich Sie in Ihr Hotel bringe. Ryan wird sich bei uns melden, sobald er kann.« Die gleiche britische Geschliffenheit, die Lark schon am Telefon so sehr bewundert hatte.
    »Freut mich, Sie zu sehen, Mr. Lightner. Aber ich muß Ihnen sagen, ich hatte einen nicht sehr schönen Zusammenstoß mit einem Ihrer Kollegen in San Francisco.«
    Lightner war offensichtlich überrascht. Sie gingen nebeneinander durch die Halle, und Lightners Profil wirkte für einen Moment ernst und abwesend. »Ich frage mich, wer das wohl gewesen sein mag«, sagte er mit unverhohlenem Ärger. Er sah müde aus, als habe er die ganze Nacht nicht geschlafen.
    Lark fühlte sich allmählich besser. Die Kopfschmerzen klangen ab. Er träumte von Kaffee und süßen Brötchen, einer Tischreservierung im Commander’s Palace und vielleicht einem Nachmittagsschläfchen. Und dann dachte er an die Proben. Er dachte an Rowan. Diese peinliche Erregung überkam ihn, begleitet von dem häßlichen Gefühl, in eine ungesunde Sache verwickelt zu sein, die ganz und gar nicht in Ordnung war.
    »Von unserem Hotel sind es nur ein paar Straßen bis zum Commander’s Palace«, sagte Lightner leichthin. »Wir können Sie heute abend hinführen. Vielleicht können wir auch Michael überreden, mitzukommen. Es hat da einen… Notfall gegeben. Er betrifft Rowans Familie. Sonst wäre Ryan selbst hier gew e sen. Aber dieser Kollege von mir…? Würden Sie mir erzählen, was passiert ist? Haben Sie Gepäck?«
    »Nein, nur den kleinen Koffer hier, vollgepackt für eine Nacht.«
    Sie gingen auf das helle, warme Tageslicht zu. Draußen vor den Glastüren herrschte ein geschäftiges Gedränge von Taxis und Limousinen. Es war nicht besonders kalt hier. Nein, nicht so schneidend kalt wie in San Francisco, überhaupt nicht. Aber der eigentliche Unterschied bestand im Licht. Es gab einfach mehr davon. Und die Luft stand bewegungslos um einen herum. Irgendwie angenehm.
    »Dieser Kollege«, sagte Lark. »Er sagte, er hieße Erich Stolov. Er wollte wissen, wo die Proben wären.«
    »Tatsächlich?« Lightner runzelte leicht die Stirn. Er machte eine Handbewegung nach links, und eine der vielen Limous i nen, ein

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