Tanz der Hexen
rechten Auge n blick gewartet, und nun ist dieser Augenblick gekommen.«
Das waren höchst seltsame Reden für Aarons Verhältnisse. Yuri war zutiefst beunruhigt. Aber er hatte zwei neue Aufträge von Anton bekommen, und so reiste er erst nach Indien und dann nach Bali, um bestimmte Orte und Personen zu fotogr a fieren; er war ständig beschäftigt und genoß seine Reisen, wie er es immer getan hatte.
Erst Mitte Januar hörte er wieder von Aaron. Aaron wollte, daß er nach Donnelaith in Schottland fuhr, um festzustellen, ob dort irgend jemand ein geheimnisvolles Paar gesichtet habe. Yuri machte sich hastig Notizen: »Du suchst nach Rowan Mayfair und einem männlichen Begleiter, sehr groß, schlank, dunkelhaarig.«
Yuri begriff im stillen, was geschehen war: Der Geist der Fam i lie Mayfair, das Wesen, das sie seit Generationen heimsuchte, hatte auf irgendeine Weise Eingang in die sichtbare Welt g e funden. Yuri stellte keine Fragen dazu, aber insgeheim war er aufgeregt. Es kam ihm ebenso bedeutsam wie schrecklich vor, und er wollte dieses Wesen finden.
»Das also willst du, ja? Sie finden? Und du bist sicher, daß man mit dieser Suche am besten in Donnelaith beginnt?«
»Ich weiß sonst keinen Ort, an dem man damit beginnen kön n te«, sagte Aaron. »Diese beiden Individuen könnten überall in Europa sein. Vielleicht sind sie sogar in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt.«
Noch am selben Abend machte Yuri sich auf den Weg nach Donnelaith.
In Aarons Worten hatte eine tiefe Enttäuschung mitgeklungen.
Yuri setzte die Ältesten in der üblichen Form von seinem Au f trag in Kenntnis – schriftlich per Computer, der die Nachricht auf der Stelle nach Amsterdam faxen würde. Er teilte ihnen mit, was ihm aufgetragen worden war und daß er schon dabei sei, es auszuführen – und dann war er unterwegs.
Yuris Aufenthalt in Donnelaith war erfolgreich. Viele Leute ha t ten das geheimnisvolle Paar gesehen. Viele Leute konnten ihm den Mann beschreiben, und er konnte sogar eine Skizze anfertigen. Er konnte in dem Zimmer schlafen, das von dem Paar bewohnt worden war, und er konnte dort zahlreiche Fingerabdrücke nehmen, auch wenn er noch nicht sagen konnte, von wem sie stammten. Das sei in Ordnung so, teilten ihm die Ältesten in einer speziellen Faxnachricht aus London an sein Hotel in Edinburgh mit. Das Ganze habe oberste Priorität. Das bedeutete, daß keine Kosten gescheut werden durften. Wenn das mysteriöse Paar irgendwelche Gegenstände hinterlassen hatte, dann sollte Yuri sie finden.
Was Donnelaith anging, so nahm der Ort Yuris Fantasie gefangen. Zum ersten Mal erschienen ihm die Mayfair-Hexen real; ja, die ganze Untersuchung bekam eine Leuchtkraft, wie er sie noch nie gekannt hatte bei seinen Ermittlungen.
Er sammelte Bücher und Broschüren, die an Touristen verkauft wurden. Er fotografierte die Ruinen der Kathedrale von Donnelaith und der neuen, erst kürzlich entdeckten Überreste der Kapelle mit dem Sarkophag eines unbekannten Heiligen. Den letzten Nachmittag in Donnelaith verbrachte er damit, in den Ruinen herumzustöbern, und am Abend in seinem Hotel in Edinburgh rief er voller Eifer Aaron an und erzählte ihm von all seinen Empfindungen und versuchte Aaron irgendwelche Äußerungen über das geheimnisvolle Paar zu entlocken.
Konnte es sich bei dem männlichen Begleiter um den Geist Lasher handeln, der in menschlicher Gestalt in die Welt g e kommen war?
Aaron antwortete, er brenne darauf, ihm alles zu erklären, aber jetzt sei nicht die rechte Zeit dazu. Michael Curry, Rowan Mayfairs Mann, war an Weihnachten beinahe ums Leben gekommen, und Aaron wollte in seiner Nähe bleiben, was immer auch passieren mochte.
Als Yuri wieder in London war, gab er Fingerabdrücke und Fotos zum Entwickeln und Bearbeiten ins Labor, und er schrieb einen umfassenden Bericht an Aaron und sandte ihn per Fax in die USA. Wie üblich faxte er eine vollständige Kopie an die Ältesten nach Amsterdam. Er druckte den Bericht aus, heftete ihn ab und ging schlafen.
Als er am nächsten Morgen das Quellenmaterial zum Fall der Mayfair-Hexen in den Computer laden wollte, stellte er fest, daß sich der Status der Ermittlungen geändert hatte. Sämtl i che Primärquellen – unredigierte Zeugenaussagen, Inventarl i sten von Asservaten, Fotos, Bilder usw. – waren geschlossen. Ja, die ganze Akte über die Mayfair-Hexen war geschlossen. Mit keinem Querverweis konnte Yuri noch irgend etwas finden.
Als er Aaron schließlich erreichte, um
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