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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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großer, langgestreckter grauer Lincoln, kroch aus der Reihe hervor und ihnen entgegen; seine Fenster waren schwarz und geheimnisvoll. Lightner wartete nicht, bis der Fahrer um den Wagen herumkam. Er öffnete eigenhändig die hintere Tür.
    Dankbar kletterte Lark in das mit weichem grauem Samt au s geschlagene Innere, rutschte hinüber auf die andere Seite – nicht ohne leises Mißfallen nahm er den Geruch von Zigare t tenrauch wahr, der in den Polstern hing – und streckte in der luxuriösen Fülle des Raums behaglich die Beine aus. Lightner nahm neben ihm Platz, und der Wagen raste sofort davon.
    »Was hat Erich zu Ihnen gesagt?« fragte Lightner mit vorgeblichem Gleichmut.
    Lark ließ sich davon nicht täuschen. »Baute sich vor mir auf und wollte wissen, wo die Proben sind. Er war grob. Rege l recht aggressiv und grob. Ich begreife das nicht. Wieso wollte er mich einschüchtern?«
    »Sie haben ihm aber nicht gesagt, was er wissen wollte«, sa g te Lightner leise und mit Entschiedenheit und schaute durch die dunkle Scheibe hinaus. Sie waren auf dem Highway und bogen in die Autobahn ein; es sah hier ein bißchen aus wie überall – flache Vorstadtbauten mit schreienden Firmenschi l dern, Brachflächen, ungemähtes Gras, Motels.
    »Nein, natürlich nicht. Ich habe ihm gar nichts gesagt«, antwortete Lark. »Mir gefiel das nicht. Es gefiel mir überhaupt nicht. Ich habe Ihnen gesagt, daß Rowan mich gebeten hat, die Sache vertraulich zu behandeln. Ich bin hier, weil Sie mir Informationen angeboten haben und weil die Familie mich gebeten hat, zu kommen. Ich bin eigentlich nicht befugt, diese Proben irgend jemandem auszuhändigen. Ja, ich glaube nicht einmal, daß es mir gelingen könnte, sie den Leuten abzune h men, in deren Besitz sie zur Zeit sind. Rowan hat sich klar ausgedrückt. Sie wollte, daß sie an einem bestimmten Ort im Geheimen untersucht werden.«
    »Im Keplinger Institute«, sagte Lightner sanft und höflich, als lese er es von einem Spickzettel auf Larks Stirn ab. Der Blick seiner hellen Augen war ruhig. »Mitch Flanagan, der geniale Genetiker, der Mann, der dort mit Rowan zusammengearbeitet hat, bevor sie den Entschluß faßte, die Forschung au f zugeben.«
    Lark antwortete nicht. Der Wagen schwebte lautlos auf der Hochstraße dahin. Die Bebauung wurde dichter, das Gras struppiger.
    »Wenn Sie es wissen, wieso fragt dieser Kerl mich dann d a nach?« fragte Lark. »Wieso stellt er sich mir in den Weg und versucht mich zu zwingen, ihm das alles zu erzählen? Wie haben Sie es übrigens herausbekommen? Das möchte ich gern wissen. Und wer sind Sie? Das möchte ich auch gern wissen.«
    Lightner schaute hinaus, müde und betrübt.
    »Ich habe Ihnen gesagt, daß es heute morgen in der Familie einen Notfall gegeben hat, nicht wahr?«
    »Ja. Es tut mir leid, das zu hören. Ich wollte nicht taktlos sein. Ich war nur wütend über Ihren Freund.«
    »Ich weiß«, sagte Lightner liebenswürdig. »Ich verstehe das. Er hätte sich nicht so benehmen dürfen. Ich werde das Mutterhaus in London anrufen und versuchen, herauszufinden, was passiert ist. Besser gesagt, ich will dafür sorgen, daß so etwas nicht noch einmal passiert.« Einen Moment lang loderte leiser Zorn in den Augen des Mannes, und dann trat etwas Säuerliches, Angstvolles in seinen Blick. Gleich darauf war es vorbei, und er lächelte freundlich. »Ich werde mich darum kümmern.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte Lark. »Woher wußten Sie von Mitch Flanagan und dem Keplinger Institute?«
    »Man könnte sagen, ich habe es erraten«, antwortete Ligh t ner. Das alles beunruhigte ihn zutiefst; man sah es ihm an, obwohl sein Gesicht die Miene heiterer Gelassenheit zur Schau trug.
    »Was ist denn das für ein Notfall? Was ist passiert?«
    »Ich weiß es noch nicht in allen Einzelheiten. Aber Pierce und Ryan mußten heute in aller Frühe nach Destin fahren. Sie h a ben mich gebeten, Sie abzuholen. Anscheinend ist Ryans Frau Gifford etwas zugestoßen. Aber, wie gesagt, ich bin nicht sicher. Ich weiß es nicht genau.«
    »Dieser Erich Stolov – arbeiten Sie mit ihm zusammen?«
    »Nicht direkt. Er war vor zwei Monaten hier. Er gehört zu einer neuen Generation in der Talamasca. Es ist die alte Geschichte. Ich werde feststellen, warum er sich so benommen hat. Das Mutterhaus weiß nicht, daß die Organproben im Ke p linger Institute sind. Wenn die jüngeren Mitglieder bei der Le k türe der Akten soviel Eifer zeigen wollten wie im Außendienst, dann hätten sie es

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