Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
Vom Netzwerk:
seiner Stimme Josie aufwecken könnte, die im Schlaf zu murmeln anfing. »Gehn wir doch nach draußen«, schlug Junker John vor.
    Sie setzten ihre Unterhaltung auf dem Küchenboden fort. Sie waren für Josie außer Hörweite, aber immer noch sprach Chid mit leiser, verschwörerischer Stimme: »Junker John, ich habe schreckliche Neuigkeiten für uns alle. Die Frau ist doch nicht heilig und göttlich. Sie ist nicht der Herr, nicht einmal die Herrin. Vielleicht ist Sie eine Hexe. Jedenfalls ist Sie mit einer Riesenameise im Bunde, die wahrscheinlich Ihre Großmutter ist, und Sie spricht mit Ihr.«
    »Ach, tatsächlich?« sagte Junker John. »Seid Ihr sicher, daß es eine Ameise ist?«
    »Ich würd sie Euch zeigen«, erbot sich Chid, »aber ich geh da nicht wieder rein. Ich sag Euch, das reicht beinahe, um einem die Religion für immer zu verleiden. Zuerst entpuppt sich unser Mann als unzuverlässig und wertlos, und nun ist die Frau eine Hexe.«
    »Sieht so aus, als würdet Ihr bald arbeitslos, Hochwürden, wenn Ihr niemanden mehr habt zum Verehren oder drüber Predigen«, überlegte Junker John laut. Dann fragte er: »Habt Ihr bemerkt, ob diese ›Ameise‹ mit irgendwas verbunden war?«
    »Verbunden? Ja, jetzt wo Ihr's sagt, die Ameise hatte einen unheimlich langen Schwanz, der bis runter zu dem Käfer reichte, und der Schwanz des Käfers reichte bis auf den Boden und verschwand durch ein Loch.«
    »Das waren keine Schwänze, Hochwürden. Die Dinger nennen sich ›Kabel‹. Wie die Stromkabel im Heiligen Haus, nur sind sie nicht ganz so elektrisch.«
    Junker John wollte dem Geistlichen gerade die Technik der Dingsbumse erklären, als ihre Unterhaltung unterbrochen wurde durch das Erbeben ihres Substratums, das das Näherkommen der Frau Selbst ankündigte. Die beiden Knackerlaken hatten gerade noch Zeit, unter die Leiste des Schränkchens zu huschen, bevor die Frau in die Kochstatt kam. Sie sahen zu, wie Sie zwei Flaschen und eine kleine grüne Frucht aus Ihrem Kühlschrank nahm und dann eine Schale mit Eiswürfeln aus dem Gefrierfach. Sie begann sich auf der Arbeitsfläche den ersten Drink, den Sie an diesem Tag zu sich nehmen würde, zu mixen. Sie trug Ihr Glas, mit einem Schnitz der grünen Frucht zurück in Ihr Zimmer und von dort hinaus auf die Veranda des Parthenon.
    Beide Knackerlaken schwenkten die Schnüffelruten und erhaschten das ferne Aroma der Flüssigkeiten, die Sie gemischt hatte. »Wie wär's mit einer Kostprobe, Junker?« fragte Bruder Tichborne, und die beiden flitzten das Schränkchen zur Arbeitsfläche hoch. Eine einzelne Stubenfliege war bereits da. Keine der beiden Knackerlaken hatte viel Erfahrung mit der tagsüber jagenden Stubenfliege oder konnte ihren fremden Dialekt verstehen. Eins der vielen Dinge, die Knackerlaken und Menschen gemeinsam haben, ist beider Verachtung für Stubenfliegen, die keinen Sinn für persönliche Hygiene haben, wie andere Insekten, und achtlos verderbliche Mikroben verstreuen – ganz zu schweigen von ihrer schieren Häßlichkeit: der schweinshaften Schnauze, den riesigen Glupschaugen, dem gedrungenen borstigen Körper. »Ksch, Fliege«, sagte Junker John zu ihr und machte einen Satz auf sie zu. Wohl alarmiert über die Begegnung mit einem unbekannten nachtaktiven Geschöpf, machte die Fliege die Fliege.
    Junker John und Chid kosteten den Saft der grünen Frucht, die aufgeschnitten auf einem Hackbrett lag, und fanden ihren herben, durchdringenden Zitrusgeschmack interessant, aber nicht aufregend. Sie kosteten ein Tröpfchen von einer der beiden klaren Flüssigkeiten, die der Geistliche dank seiner Erfahrungen aus der Kochstatt vom Heiligen Haus als Chinin identifizierte, dem Vernehmen nach ein gutes Heilmittel gegen Moskitobisse, obwohl er selbst noch nie von einem Moskito gebissen worden war. Schließlich näherten sie sich einem verschütteten Tröpfchen der anderen klaren Flüssigkeit.
    »Das hier nennt sich ›Gin‹«, erklärte Chid. »Da ich selbst nicht trinke, werter Junker, oder für gewöhnlich jedenfalls nicht, muß ich hier wohl passen und überlasse alles Euch.«
    Junker John probierte es und sprang drei Zentimeter in die Höhe. Es war ein starker Tropfen. Es schoß ihm ins Blut wie nichts, was Junker John je probiert hatte. Chism-Tau war wie Fanta light im Vergleich dazu, obwohl er Fanta light noch nie probiert hatte. Schon das bißchen Gin auf den Lippen ließ Schauer durch sein Hirn rieseln. »Grundgütiger Herr Joshua!« rief er aus. »Ein ganzer

Weitere Kostenlose Bücher