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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
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aber voller Überzeugung. »Meine Herren, ich habe eine Idee. Wie wär's, wenn Hämmann vorne an der Spitze des Pfeils marschieren würde? Die Frau würde Hämmann bestimmt sehen, weil er weiß ist.« Während sie sprach, drückte sie ihre Worte gleichzeitig für Sam in ihrer Zeichensprache aus.
    Die beiden Junker sahen erst einander an und dann Doc, und Doc sah erst sie an und dann Tish und Archy und Hämmann, der nacheinander alle anderen ansah und sagte: »Hey, soll ich euch wat saachen? Dat kleine Schnuckelchen hatten Nagel kapaaftich auffen Kopp getroffen. Echt klasse, Baby!«
    Wenn er denn träumte, so wollte Doc nicht aufwachen. Der Grund, weshalb er wußte, daß er träumte, war dieser: Jemand, der all das durchgemacht hatte, was ihm während der letzten paar Tage widerfahren war, konnte einfach unmöglich noch wach geblieben sein. Er mußte eingeschlafen sein. Er hatte seit dem Tag vor der Nacht, als Lawrence Brace sich selbst in seinen Krabbler geschossen hatte, nicht mehr richtig geschlafen. Doc war zwar einigermaßen beschämt, weil er mitten in der dramatischsten und wichtigsten Phase der Rettungsaktion einschlief, aber es ließ sich nicht ändern. Er schlief, und jetzt hatte er diesen absurden Alptraum von seiner großen Nemesis, der Weißen Maus, die plötzlich wie eine Laborratte aus Brooklyn redete und sich anschickte, zum Helden der ganzen Geschichte zu werden.
    Das Schöne am Träumen ist, daß dich niemand zwingt, dich wirklich anzustrengen und Aktivität zu entwickeln. Du kannst dich zurücklehnen und zuschauen, was dir und anderen alles widerfährt, und brauchst nicht zu reagieren, wenn du keine Lust hast. Doc mußte nicht einmal seine Position an der linken Flanke des Pfeils wieder einnehmen. Junker Hank übernahm seinen Posten, und Doc trat bloß zur Seite – oder wenn er träumte, drehte er sich bloß auf die andere Seite – und sah zu.
    Unter der Führung von Junker Hank, Junker Sam und Tish, die praktisch auf Hämmanns langem rosafarbenem schuppigem Schwanz saß, formierte sich noch einmal der Pfeil aus Hunderten von Stay-More-Knackerlaken im Vorgarten des Parthenon, direkt unter der Veranda, auf der die Frau saß und zum Heiligen Haus blickte. Der Pfeil setzte sich, mit Hämmann an der Spitze, durch den Garten in Marsch. »Hey, kuck ma her!« summte Hämmann. Der Pfeil folgte Hämmann. »Komm schon, Frollein, kuck ma zu mir rüber!« Dann schrie Hämmann schrill über seine Schulter zurück. »Keerl nomma, Frollein, willze mich jetzt v'leicht ma ankucken?!?!«
    Und das Frollein kuckte ihn an. Als Ihr Blick, angezogen von einem hüpfenden, hopsenden, tanzenden Ball aus Pelz, auf den Boden fiel, ließ sich jemand – Junker Sam, wie sich herausstellte – zurückfallen und richtete die letzten paar hundert Knackerlaken zu einer neuen Formation aus:
    Ein bedeutendes philosophisches Problem, das Doc oft beschäftigt hatte, wenn er seinen Gedanken freien Lauf ließ, war die Möglichkeit, daß in einem Traum nicht nur der Träumende träumt, sondern auch jeder, der im Traum vorkommt. Wenn ich träume, daß du dort bist, träumst du deinerseits, daß ich hier bin. Folglich, überlegte Doc, während er dieser Prozession zusah, träumt jeder einzelne dieser Knackerlaken nur, daß er (oder sie) dies alles tut, und natürlich träumt die Große Weiße Maus ebenfalls.
    … und natürlich träumte auch die Frau. Sicherlich mußte Sie selbst glauben, daß Sie träumte, als Sie dieses seltsamen Anblicks gewahr wurde. (Ich denke, ich träume, folglich träume ich, ich denke, ich bin. Et cetera. Philosophie war kompliziert, fand Doc.)
    Und so dachte die Frau weiterhin, Sie träumte, als sich die Prozession langsam die Roamin Road hinunter zum Heiligen Haus bewegte. Aber dann stand die Frau mit einem leichten Schwanken auf und stellte das Glas ab, dessen Inhalt für das Träumen verantwortlich sein mußte. Anstatt nun hinaus in Ihren Garten zu gehen, um dem Pfeil zum Heiligen Haus zu folgen, drehte Sie sich um und ging in den Parthenon. Sie blieb einen Moment lang verschwunden und kehrte dann zurück, laut vor sich hin murmelnd: »Verdammte Newton-County-Telefongesellschaft!« Sie legte eine Hand über die Augen und spähte über die Roamin Road hinweg in die zunehmende Dämmerung, wo der Pfeil sich langsam in Richtung Heiliges Haus verlor. Sie machte einen Schritt die Treppe hinunter. »Omi, ich hab bloß vier Gin Tonics getrunken«, sagte Sie zur Luft. »Gut, vielleicht waren's auch fünf, aber ich bin

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