Tanz der Kakerlaken
diese Frau hier ist die schlimmste von allen. Bevor Er sich um den Verstand gesoffen und sich in Seinen eigenen Krabbler geschossen hatte, war der Mann groß und gut, war der Mann unser König. Aber die Frau …« Die Augen des Predigers glänzten boshaft, und in seiner Kehle grollte es mordgierig. »Die Frau ist gemein und böse und unmännlich; Sie ist keine Königin, sondern eine Hexe. Niemals werde ich Sie anbeten.«
»Dann bist du kein Priester mehr?« wollte Archy von seinem Vater wissen.
»Ich fürchte nein«, sagte Chid. »Ich beabsichtige, hier im Parthenon zu bleiben, aber ich werde niemals in Demut vor der Frau das Knie beugen! Ich werde niemals ins Heilige Haus zurückgehen! Ich bin jetzt der Boßjunker vom Parthenon, und die Ingledews werden ihn niemals zurückbekommen. Ich werde …«
Der Prediger geiferte noch weiter, aber Tish konnte ihm nicht zuhören. Alles, woran sie denken konnte, war ihr verwesterter Vater. Sie merkte, daß sie weinte.
Als der Exprediger eine Atempause machte, warf Archy ein: »Dad, wenn du kein Priester mehr bist, dann kannst du wohl mich und Tish auch nicht trauen. Wenn du kein Priester bist, wer dann? Wie sollen wir jetzt heiraten?«
33.
Chid war sprachlos. Nicht wegen der Frage, ob er noch länger der Geistlichkeit angehöre, und auch nicht wegen der Frage, wer sonst noch ein Geistlicher sein könnte – Chid nahm an, daß es anderswo auf der Welt Geistliche gab, wenn auch andere Religionen, Hindus und dergleichen, keine Chrusten. In Stay More war Chid der einzige Geistliche gewesen, der einzige direkte geistliche Nachkomme von Joshua Chrustus selbst. Wenn er den Mann verleugnete, verleugnete er dann nicht auch Chrustus? Es war eine knifflige Frage, aber nicht die, die Chid die Sprache verschlug. Die Frage, die Chid sprachlos machte, war, wie sein Sohn Tish Dingletoon heiraten könnte, die doch, ohne daß er etwas davon ahnte, seine Schwester, oder zumindest seine Halbschwester war, die Frucht jenes vor langer Zeit vollzogenen Beilagers zwischen Chid und Josie.
Aber was war daran so schlimm? Irgendwie fand Chid Inzest nicht mehr so verwerflich wie zu der Zeit, als er noch Priester und Diener des Mannes gewesen war. Jetzt, da er keine Pflichten als Evangelist mehr hatte, fand Chid Inzest eigentlich ganz in Ordnung. Schwestern mit Brüdern, Väter mit Töchtern, Sex war Sex und ein Heidenspaß. Jetzt, wo er daran dachte, wurde er ungeduldig, endlich in den Genuß seiner Rechte und Privilegien als Oberjunker des Parthenon zu kommen, einschließlich des Rechtes, in Josies Boudoir einzuziehen und das sexuelle Paradies zu verwirklichen, das er sich ständig in seinen lüsternen Fantasien ausmalte. Er hatte wirklich Lust, Josie eine Murmel zu verpassen. Außerdem hätte er, da zu seinen anderen Rechten als Hausherr auch le droit du seigneur oder jus primae noctis gehörte, nichts dagegen, auch Tish, die wesentlich jünger und frischer und hübscher war als Josie, eine Murmel zu verpassen. Chid leckte sich die Lippen, während er sie begutachtete.
Und dann sagte er zu seinem Sohn: »Nun, Archy, ich schätze, ich habe nicht vergessen, wie eine Trauung geht. Immerhin habe ich jeden getraut, der im letzten Jahr oder so in Stay More geheiratet hat. Wenn ihr beide den Bund fürs Leben schließen wollt, kann ich euch jetzt auf der Stelle in den Stand der Ehe versetzen. Nur ist es kein heiliger Stand. Vielleicht sogar ein unheiliger Stand der Ehe, könnte man sagen.«
»Hauptsache, es ist rechtsgültig«, sagte Archy.
»Mein Sohn, alles, was ich von jetzt an tue, ist rechtsgültig«, erklärte Chid feierlich. »Okay. Liebe Gemeinde, wir haben uns heute nacht hier versammelt, nicht vor dem Mann, der im Westen oder zumindest irgendwohin verschwunden ist, und auch nicht vor der Frau, die –«
»Augenblick mal!« sagte Tish. »Ich habe noch nicht zugestimmt.«
»Das kommt später«, erklärte Chid geduldig. »Zuerst muß ich ihn fragen. Willst du, Archibald, dieses Mädel, Tish, zu deinem dir rechtmäßig angetrauten Eheweib nehmen, sie achten und ehren, in guten wie in schlechten Tagen, bis daß der Westen euch scheidet?«
»Ja, ich will«, sagte Archy.
»Okay. Jetzt, Tish, willst du, Laetitia, diesen prächtigen Burschen, Archy, zu deinem dir recht mäßig angetrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, ihm dienen und folgen, in guten wie in schlechten Tagen, bis daß der Westen euch scheidet?«
»Nein, ich will nicht«, sagte Tish.
Chid fragte sich, ob seine
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