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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
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nicht, die langsam eine Glut in sich aufsteigen fühlte.
    »Er hat zuviel Chism-Tau gehabt, weiter nichts«, sagte sie hastig, »und er weiß einfach nicht, was er sagt.«
    Eine ihrer Gefährtinnen kicherte und sagte: »Ich wette, er hat nicht das Gemächt der Ingledews am Leibe! Haha!«
    »Jetzt hör mal gut zu: Ich gehe keinen Zentimeter weiter mit euch, wenn ihr euch über ihn lustig macht!« rief Tish laut und senkte die Augen und die Schnüffelruten aus lauter Angst, sie müsse sonst doch mit ansehen, wie durch irgendeinen gräßlichen Zufall der Tallywhacker ihres Vaters herauskam oder seine Rückendrüse Affy-Dizzy vertropfte. Sie würde auf der Stelle sterben, wenn er sich auch nur unfreiwillig vor all diesen Mädchen entblößen würde oder Affy-Dizzy ausschied. Tish konnte weder hinsehen noch riechen und konzentrierte sich auf die Schritte ihrer eigenen sechs Krabbler, damit nicht einer von ihnen auf einen Zweig trat oder aus dem Takt geriet. So gelang es ihr, das Spektakel, das ihr Erzeuger abgeben mochte, zu ignorieren (bald schon konnte sie seine Stimme nicht mehr hören) und mit der Doppelparade Schritt zu halten bis zum Abschluß am Podium. So hieß die eine Tür des Ford Fairlane, die der Mann aus den Angeln gehoben und ins Gras gelegt hatte, wo sie als Tanzboden, als Bühne für politische Kundgebungen und gelegentlich als Kanzel für Bruder Tichborne diente.
    In diesem Abschnitt ihres Lebens war Tish Dingletoon noch keine Schönheit, noch immer hatte sie etwas von der mädchenhaften Unbeholfenheit ihrer Prä-Imago-Zeit. Zuweilen war ihr fünftes Stadium auf ihren Wangen zu sehen, oder ihr drittes Stadium funkelte in ihren Augen, und selbst ihr zweites Stadium huschte hin und wieder über die Kurven ihrer Kinnbacken. Sie hielt sich einfach für eine weitere Dingletoon, nicht mehr, nicht weniger: ein attraktives, sogar »süßes« Mädchen vom Lande, aber keine »Schönheit«.
    Von Jack Dingletoons sportlichem Tun am Ende des Zuges war nichts mehr zu hören oder zu riechen, und als die Parade im Tal der Wagen ankam, ihrer eigenen und magischen Sphäre (denn alle Kreaturen haben ihre ganz eigene Sphäre, in der sie vor Belästigung und Nachstellung sicher sein können), begann der Tanz. Die Jungfrauen erklommen den Tanzboden und stellten sich in Karrees zu vieren und zu acht für einen Spiel-Party-Tanz auf, ohne Partner oder nur mit einem weiblichen Partner, zumindest für den Anfang. Später, wenn die Dünste der Pheromonen sich gesetzt hatten und ein Mannsbild auf der Bildfläche erscheinen konnte, ohne Affy-Dizzy zu vertropfen, würden die kühneren, mutigeren und beherrschteren Jugendlichen unter den Nachtdieben und Passanten sich unter die Mädchen trauen.
    Es gab da die alte Geschichte: Vor beinah einem Jahr war der Mann eines Nachts während einer Spielparty in Carlott aufgetaucht, hatte die magische Sphäre der Knackerlaken verletzt, war über den Tanzboden gestolpert, hatte bei Seinem Sturz mehrere Knackerlaken unter sich verwestert, dann über den ganzen Tanzboden und die angrenzende Umgebung uriniert und somit noch einige mehr in den Westen geschickt. Aber das war lange her, beinah ein ganzes Jahr, und kein Mädchen dieser Generation war damals schon geboren. Ihre Mütter hatten es ihnen erzählt als Warnung, den Mann immer zu fürchten, Seine Gebote zu befolgen und rechtschaffen in Ehrfurcht vor Seinem Zorn zu leben. Da die niederen Einwohner Carlotts das Heilige Haus nicht betreten und somit nicht auf die Entrückung durch Revolverkugeln hoffen konnten, gab ihnen das Gedenken an des Mannes Auftritt auf dem Tanzboden immerhin Hoffnung auf eine Entrückung durch Pisse.
    Mehrere Reigen dieser Spielparty tanzten die Mädchen allein, darunter »Schwein im Salon«, »Frosch auf dem Stumpf« und »Opossum Trot«, bevor die ersten männlichen Zuschauer auftauchten. Unter diesen ersten tapferen Beobachtern waren einige Söhne des Frackerlaken-Pfarrers Bruder Tichborne, und einer von ihnen, ein kecker Bursche namens Archy, war der erste, der den Tanzboden erklomm.
    »Was hast du vor, Archy?« fragte einer seiner Brüder.
    »Mich juckt's, mitzutanzen«, erklärte Archy.
    »Du hast sie wohl nicht mehr alle«, sagte sein Bruder. »Was, wenn Papa das rauskriegt?«
    »Willst du es ihm erzählen?« fragte Archy forsch. »Komm, mach schon, Felix. Und ihr andern Jungs auch. Amüsieren wir uns ein bißchen!«
    Aber keiner von Archys Brüdern kam mit. Er machte sich daran, eine Partnerin zu wählen. Die

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