Tanz der Kakerlaken
obwohl meist Vegetarier, auch zu Fleischfressern werden konnten. Die Grille schrie jetzt, so laut sie konnte: »SCHLEICH DICH, KUMPEL, FORT! SCHLEICH DICH, KUMPEL, FORT, SCHLEICH DICH!!!« Sam schlug mit beiden Schnüffelruten auf sie ein, gab ihr eine Serie von doppelten Schlägen mit seinen Fühlern ins Gesicht, warf sie dann auf den Rücken, sprang auf ihre Brust und hämmerte mehrere tiefe Schläge auf ihre weiche Unterseite.
Unerschrocken krümmte die Grille den Rücken, warf sich herum und Sam von sich ab, dann schlug sie ihre Zähne in Sams Thorax und hielt fest. Sam haute wütend nach der Grille und verletzte sie am ganzen Körper, bis die Grille ihren Biß lockerte.
Sam bemerkte, daß mehrere männliche Grillen sich zu einem Zuschauerkreis um die Kämpfer zusammengefunden hatten. Selbst wenn Sam diese Grille schlagen könnte: Würden die anderen Grillen ihn nicht angreifen? Einen Augenblick lang schwächte ihn diese Aussicht, und er fing sich zwei harte Schläge von seinem Gegner ein.
Er ging zu Boden. Denk dran, du bist ein Ingledew, sagte er zu sich selbst, und alle Ingledews haben Kraft. Er kam wieder auf die Krabbler und merkte, daß die anderen Grillen ihn anfeuerten! »Schleich dich, Kumpel, fort!« rief eine der Grillen mit dringlicher Stimme. »Schlag ihn, Kumpel, längs am Kopf!« rief eine andere.
Sam schlug aus und brachte seinen Gegner zum Straucheln, und als die Grille hinfiel, schlug Sam ihr ordentlich eins an die Kopfseite, dann mit einem mächtigen Schlag von oben auf den Kopf, so daß die Nase der Grille die Erde aufpflügte. Die Grille versuchte aufzustehen, machte zwei Versuche, sich aufzurichten, und brach dann zusammen.
Die anderen Grillen schlugen ihre Flügel zum Applaus. Sie klatschten und lächelten und jubelten; Sam machte eine kleine Verbeugung und zog seines Wegs. Der Himmel, so bemerkte er, war jetzt voll dunkler Wolken, und die Wettersegmente seiner Schnüffelruten kündigten Regenschauer an, mit einer Wahrscheinlichkeit von 30-80%.
Seine Angst, daß man ihn völlig allein zurückgelassen hatte, war verschwunden, als er das Innere des Heiligen Hauses erblickte, das von Knackerlaken nur so wimmelte. Die Kochstatt, die Sam zuerst besuchte, war voller Frackerlaken und Sackerlaken, die sich über einem Kartoffelchip eine Schlacht lieferten, und auf dem Tisch tobte der Mob in der Arena eines Papptellers, der die Reste des Abendessens des Mannes enthielt: Chicken à la King auf Toast. Obwohl er hungrig war, gesellte Sam sich nicht zu ihnen. Unerkannt und unbemerkt bewegte er sich unter den Knackerlaken des Heiligen Hauses. Er verließ die Kochstatt und betrat den Mußeraum, wo eine Menge dem predigenden Bruder Chidiock Tichborne lauschte. Sam fiel ein, daß es Sonntag abend war, Zeit für den normalen Sabbatdienst, aber etwas war dieses Mal anders: Sie trafen sich in Anwesenheit des Herrn. Der jedoch nichts von den Hunderten zu bemerken schien, die in Seinem Namen auf dem Flur um Seinen Sessel herum hockten, auf dem Er saß und trank und las.
»Sünder, blickt in eure Herzen!« ermahnte der Prediger die Versammlung, die fast nur aus Chrusten bestand. Die, die der Prediger als die eigentlichen Sünder ansah, waren nicht da. »Wer unter euch kann in sein Herz sehen und sagen: Herr, ich bin frei von Sünde? Dort oben sitzt Unser Herr Selbst, und wahrhaft, ich sage euch, obwohl Er ein Buch in Seinem Schoß haben mag, Sein Auge ist auf euch, Sein allessehendes Auge sieht in eure Herzen, und Er weiß, wer von euch sich an Seine Gebote gehalten und wer von euch gesündigt hat! Bereut, denn Sein fürchterlicher Zorn wird bald über euch kommen!«
Natürlich konnte Sam nichts von alldem hören, aber er war beeindruckt von der Fähigkeit des Predigers, die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu fesseln, zu denen, wie Sam erstaunt feststellte, auch sein eigener Vater, Junker Hank, gehörte. Er hockte am Rand der Menge, bemerkt nur von einem Mädchen, das zu seinen Schwanzreifen flüsterte. Das Mädchen, so stellte Sam überrascht fest, war Tish, seine eigene Geliebte. Warum war sein Vater hier? Warum war sie hier?
»Oh, was ist es ein gesegnetes Privileg für uns arme Sünder«, fuhr der Prediger fort, »daß wir heute abend hier in des Herrn Eigener Allmächtiger Gegenwart zusammenkommen, wo wenige von uns zuvor gewesen sind, um Ihm unsere Herzen darzubringen und Seinen Urteilsspruch entgegenzunehmen. Bereut, sage ich, denn die Stunde der Abrechnung ist nahe! Keiner von euch ist ohne
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