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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
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Schwanzreifen vor und fragte: »WIE FÜHLST DU DICH?«
    »Hungrig«, gestand Sam.
    Das war gut, aber Doc Swain hatte nichts mehr in petto, was er ihm geben konnte, und jeder im Heiligen Haus knurrte vor Hunger. Vielleicht konnte Doc ein paar Leute dazu überreden, ihren Leichenschmaus herzugeben für die ehrenwerte Aufgabe, den Rekonvaleszenten Sam zu ernähren. Doc überlegte, wie er dem tauben Jungen die schwierige Aktion, die von ihm erwartet wurde, erklären sollte. »GLAUBST DU, DU KANNST GEHEN?« fragte Doc laut in einen Schwanzreifen hinein.
    Sam nickte und sagte: »Ich hab euch zugesehen. Sie wollen, daß ich rübergehe und helfe, stimmt's? Ich hab bloß auf die ärztliche Erlaubnis gewartet.«
    »DIE IST HIERMIT ERTEILT«, sagte Doc. »KANNST DU AUFSTEHEN?«
    Junker Sam stand auf. Seine sechs Krabbler waren wacklig und schwankten ein bißchen. Langsam ging Sam in Kreisen auf dem Polster herum, weitete dann auf sichereren Krabblern den Kreis aus. Er sollte sich wirklich nicht so anstrengen, meinte Doc, doch es ging für seinen Vater um Leben und Tod. Er machte Sam ein Zeichen und führte ihn die Seite des Sitzes hinunter.
    Junker Sam vom Polstersitz auf den Boden hinunterzubekommen war ein zeitraubendes Unterfangen. Sie hätten fliegen können, aber die Landung wäre ein harter Aufprall geworden. Sam krallte sich krampfhaft im Stoff des Sitzes fest und ließ sich mit dem Schwanz zuerst hinunter, eine ungewöhnliche und plumpe Art des Abstiegs. Sie überquerten den Boden bis zur Couch und wollten gerade ein Bein von Larry Brace besteigen, als sie von einer Meute Chrustenlaken aufgehalten wurden, die sich ihnen in den Weg stellten, mit Prediger Chid an vorderster Front.
    »Krümchen, Chid«, sagte Doc und musterte ihn argwöhnisch.
    Chid erwiderte den Gruß nicht, sondern verkündete feierlich: »Der Herr ist im Westen.«
    »Nein, noch nicht«, erwiderte Doc, fragte sich aber zugleich, ob Larry Braces Körperfunktionen während seiner Abwesenheit vielleicht ausgesetzt hatten. Er wollte weiter, um sich den Patienten näher anzusehen, aber Chid versperrte ihm den Weg.
    »Ja, wahrlich, ich sage euch«, entgegnete Chid mit erhobener Stimme, und wandte sich nicht nur an Doc, sondern an die gesamte Menge von Chrusten und Nichtchrusten, »unser Herr ist dahingewestert und hat uns verlassen. Ich werde Ihm keine Grabpredigt halten, aber die Ältesten und Diakone meiner Kirche haben beschlossen, und ich stimme ihnen zu, daß wir aus dem Heiligen Haus ausziehen und unser Heil anderswo suchen müssen.« Vielstimmiger Beifall erhob sich von der Menge, und verschiedene Leute riefen: »Aber sicher!« und »Klare Sache!« und »Jawoll, Sir!« und »Hundert Pro!« und »Raus mit der Sprache, Prediger!« und »Amen« und »Lasset uns essen!« Chid brachte sie mit einem Wink seiner Schnüffelruten zum Schweigen und fuhr, den Blick fest auf Doc Swain gerichtet, fort: »Es gibt nur einen einzigen Ort, an dem wir unser Heil finden können, und das ist der Parthenon«.
    »Ach ja?« sagte Doc Swain. »Und was geht mich das an? Ich habe ein paar Patienten zu versorgen, darunter einen, dessen ganzer Körper vom Mund eines Mannes umfangen ist.«
    »Nun, der ist auch im Westen, unserer Meinung nach«, sagte Chid. »Sie werden ihn da nicht rauskriegen.« Er zeigte auf Junker Sam. »Und ebensowenig wird uns der da allein davon abhalten, den Parthenon zu übernehmen.«
    »Chid, Ihr könnt von Glück sagen, daß er Euch nicht hören kann«, sagte Doc. »Er würde Euch sonst jedes Wort einzeln in den Mund zurückstopfen. Und jetzt gebt den Weg frei, damit ich da rauf und mich um meine beiden anderen Patienten kümmern kann.«
    »Er ist taub, was?« Chid blickte Sam neugierig an, und dann sagte er zu ihm. »Habt Ihr Euch Eure Schwanzreifen kaputtgemacht zur Strafe für das, was Ihr dem Herrn angetan habt?«
    Junker Sam konnte diese Frage natürlich nicht hören, aber Doc antwortete für ihn: »Daran liegt es nicht. Und er mag zwar taub sein, aber er ist immer noch kräftig genug, um euch aus dem Parthenon rauszuhalten.«
    »Uns aus dem Parthenon rauszuhalten?« sagte Chid und lachte höhnisch. »Zum Kuckuck, Doc, Sie haben's nicht begriffen. Andersrum wird ein Schuh draus. Wir werden ihn aus dem Parthenon raushalten, wenn er erst wieder hinkommt. Bis er da ist, haben wir den Laden bereits besetzt. Hab ich recht, Leute?« Chids hungrige Gefolgsleute riefen im Chor: »Jau, Bruder!« und »Mein ich aber auch!« und »Kannste drauf wetten!« und

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