Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
Vom Netzwerk:
hoch klettern und persönlich die Uhr erkunden, die sie kein bißchen weniger hinreißend fanden als ihre Tochter einige Nächte zuvor und in der sie sogar noch einen Hauch von Tishs Geruch vorfanden. Jack war clever genug, um zu dem Schluß zu kommen, daß das Innere der Uhr mit ihrer Bibliothek von Eßwaren und der kleinen Garderobe mit Sams abgelegten Häuten Sams Wohnung und, zumindest über Tag, auch von seiner Tochter bewohnt worden war. Aber wo war sie? Und wo war Sam?
    Sie verließen Sams Wohnung und erkundeten den Rest des Parthenon. Neben dem Zimmer der Frau befand sich der große leere Raum, der früher einmal das Lebensmittelgeschäft und Postamt der Menschen von Stay More gewesen, jetzt aber unbenutzt, staubig, muffig und voller Spinnweben war. Nur einige wenige Möbelstücke zeugten von seiner früheren Verwendung: die antiken Brieffächer aus Holz und Glas und der Postschalter, leere Regale, ein paar Schaukästen aus Glas, Rollschränke und an den Wänden eine Anzahl alter Werbeplakate für Garrett's Schnupftabak, Brown Mule Kautabak, Carter's Kleine Leberpillen, Putnam-Färbemittel und Arzneien der Marke Lydia Pinkham. Dieser Raum, in dem die Zeit stillzustehen schien, war Sharon ebenso fremd wie Jack und Josie Dingletoon. Hier gab es kaum etwas zu essen. Die früheren Generationen von Ingledew-Knackerlaken und anderen abfallverwertenden Geschöpfen hatten nichts übersehen. Tatsächlich gab es nichts, was auf die Anwesenheit anderer Lebewesen in diesem Raum hinwies: Sogar die Spinnen hatten sich bereits vor langer Zeit davongemacht.
    Während ihrer dritten Nacht im Parthenon gelangten Jack und Josie zu der Überzeugung, daß sie das Haus für sich allein hatten, abgesehen von der Frau und ihrem geregelten Tagesablauf. Jeden Abend, wenn Jack und Josie erwachten, war Sie mit Ihrem Abendessen und dem Abwasch fertig, und, während sie beide frühstückten, saß Sie bis zum Dunkelwerden in Ihrem Schaukelstuhl auf der Veranda und sah den Glühwürmchen zu, brachte dann die Zeit bis zum Schlafengehen damit zu, mit einem Buch in Ihrem Polstersitz zu ruhen und Musik zu hören, die ganz anders war als die Purpursinfonie, Musik, die von vielen Instrumenten und Stimmen stammte und aus zwei großen Kästen kam, die in Ihrer Lauschecke auf dem Boden standen. In der dritten Nacht ließ Jack Josie allein in der Kochstatt zurück und machte sich auf ins Zimmer der Frau, während die Frau noch wach war und der Musik lauschte. Er schlich sich die Wand entlang, wo Sie ihn nicht sehen konnte, und kroch dann unter Ihren Polstersitz, wo es ihm herauszufinden gelang, weshalb es zwei Kästen gab, aus denen Musik kam. Wenn er seinen Körper so plazierte, daß jeder seiner Schwanzreifen aus jedem der beiden Kästen gleich viele Geräusche empfing, umspielte ihn die Musik. Das war seine Entdeckung: Sie schien nicht einfach aus den Kästen, sondern aus den vier Wänden und der Decke des Raumes zu kommen, und seine Schwanzreifen waren wie verzaubert. Lange Zeit lauschte er der Musik, die die Frau, wann immer eine lange Pause eintrat, von neuem in Gang setzte, indem Sie große runde schwarze Scheiben umdrehte.
    Aber einmal hielt die Frau die Musik an, bevor eine Pause eintrat: Sie brachte sie zum Verstummen, weil die riesige schwarze Ameise, die auf dem riesigen schwarzen Käfer hockte und bei Tish solches Staunen erregt hatte, jetzt eine dissonante Musik von sich gab, die lauter war als die Musik aus den Kästen. Aber Jack, oder Junker John, wie er eigentlich genannt werden sollte, wenn er nüchtern war (und er hatte jetzt fast vier Nächte ohne einen Tropfen durchgehalten), begriff, daß es sich hier nicht um Insekten handelte, sondern um irgendein mechanisches metallisches Dingsbums.
    Seit drei Nächten hatte er die Frau laut vor sich hin murmeln hören, unverständlich, ganze Absätze lang, aber jetzt sprach Sie laut und deutlich in ein Ende des Dingsbums hinein.
    »Hallo, Omi. Bestens, danke. Nein, noch nicht. Ja, ich weiß. Äh-hum. Sollte man das nicht denken? Ja. Na, ich könnte das nicht. Da hast du recht. Falls ich's täte. Manchmal. Genau. Natürlich. Bald, hoffe ich. Du machst Witze. Nun, vielleicht. Oh, hör auf. Nein, Omi. Niemals. Sag nicht so was. Äh? Ach, ich. Und was hast du gesagt? So schlimm? Tatsächlich? Und was hat sie gesagt? Oh, nein. Na, ich werd da sein. Äh-hum. Uh-hom. Ohm-häh. Vielleicht. Wer weiß. Morgen früh. Aber letzte Nacht nicht. Wenn wir noch einen Tropfen mehr kriegen, raste ich aus.

Weitere Kostenlose Bücher