Tanz der Liebenden
einmal nach Jack zu erkundigen, bevor das Essen fertig ist.“
Er zuckte ein wenig schuldbewusst zusammen. „Ist es so offensichtlich?“
„Ja, aber es steht dir. Grüß ihn von mir und sag ihm, dass wir uns morgen sehen.“
„Willst du das wirklich tun? Das mit dem Kino?“
„He, es gibt Dinge, die muss ich tun, auch wenn ich keine Lust dazu habe. Aber ich melde mich nie freiwillig für etwas, das ich nicht tun will. Also, geh und ruf deinen Jungen an. Dein Steak wird in fünfzehn Minuten serviert.“
Sie wartete, bis sie am Tisch saßen, die Teller schon halb leer waren und das zweite Glas Wein eingeschenkt war.
„Erzähl mir, was heute passiert ist.“
„Einfach nur ein miserabler Tag. Wie hast du diese Kartoffeln so hingekriegt? Die schmecken fantastisch.“
„Altes ukrainisches Geheimrezept“, erklärte sie mit übertrieben slawischem Akzent. „Kann ich nicht verraten, sonst muss ich dich umbringen.“
„Keine Sorge, ich könnte es sowieso nicht nachmachen. Meine Kochkünste bei Kartoffeln beschränken sich darauf, ein paar Löcher hineinzubohren und sie in die Mikrowelle zu stecken. Sprichst du eigentlich Ukrainisch? Ich habe dich letztens Französisch sprechen gehört.“
„Ja, ich spreche Ukrainisch. Und ich verstehe auch ganz leidlich Englisch. Also rede mit mir, Brody. Warum war dein Tag heute so miserabel?“
„Irgendwie kam heute alles zusammen. Erst fielen zwei meiner Männer aus – deine Ballettgrippe hat wohl jetzt ihren Auftritt in West Virginia. Die anderen Männer waren einer anderen Baustelle zugeteilt, was mich also so ziemlich allein hat dastehen lassen. Und dann habe ich meine Hand mit einer Rigipsplatte verwechselt, habe alles voll geblutet, meinen Vater gefeuert und zwei Stunden in der Krankenhausambulanz zugebracht, damit sie mich wieder zusammenflicken.“
„Du hast dich mit deinem Vater gestritten.“ Sie nahm seine Hand. „Das tut mir Leid.“
„Wir sind noch nie miteinander ausgekommen.“
„Aber du hast ihn eingestellt.“
„Er ist ein guter Klempner.“ Er zog seine Hand wieder fort und nahm sein Weinglas.
„Brody.“
„Ja, ich habe ihn eingestellt. Ein Fehler. Es ist zu ertragen, wenn die anderen dabei sind, aber wenn wir zwei allein sind, sind Probleme vorprogrammiert. Ich bin eben ein Versager. War es immer und werde es immer sein. In seinen Augen. Der Job wird nicht richtig gemacht, mein ganzes Leben ist nicht richtig. Ich jage Weiberröcken hinterher, anstatt mich um mein eigen Fleisch und Blut zu kümmern.“ Er drehte den Stiel des Glases zwischen den Fingern. „Tut mir Leid, ich hätte nicht damit anfangen sollen. Ich kann mich dann nie zurückhalten.“
„Ist schon in Ordnung, es macht mir nichts aus, dass ich der Weiberrock bin, dem du hinterher jagst.“ Sie schnitt ein Stück von ihrem Steak ab. Doch, es störte sie schon, aber eine hitzige Debatte war jetzt das Letzte, was Brody brauchte. „Wahrscheinlich fühlt er sich genauso frustriert und elend wie du. Ihr wisst nicht, wie ihr miteinander reden sollt. Aber das ist nicht deine Schuld. Ich hoffe, ihr versöhnt euch wieder.“
„Er hat nicht die geringste Ahnung, wer ich bin. Er sieht mich gar nicht.“
„Oh, Darling, das ist auch nicht deine Schuld.“ Ihr Herz floss über vor Sympathie und Mitgefühl für ihn. „Mein größter Wunsch war es, dass meine Eltern stolz auf mich sein sollten. Dafür habe ich geschuftet und geschwitzt. Aber das war nicht ihre Schuld.“
„Deine Familie ist nicht wie meine.“
„Es gibt nur wenige Familien, die so sind. Aber du und Jack, die Familie, die ihr seid, ist meiner sehr ähnlich. Vielleicht sieht dein Vater das und wirft sich vor, dass es ihm nie gelungen ist, eine so starke Bindung zu seinem Sohn aufzubauen.“
„Ich war doch der Versager.“
„Nein, du warst eben nur ein unvollendetes Werk, ein Projekt in Arbeit.“
„Ich konnte es gar nicht abwarten, bis ich die Schule beendet hatte. Achtzehn war. Um endlich hier rauszukommen. An meinem achtzehnten Geburtstag habe ich meine Tasche gepackt und bin runter nach Washington, mit fünfhundert Dollar in der Tasche und sonst nichts. Aber ich konnte endlich atmen.“
„Es hat doch funktioniert. Du hast es geschafft.“
„Drei Jahre lang hab ich von der Hand in den Mund gelebt. Habe mein Geld auf dem Bau verdient und wieder ausgegeben in Kneipen und …“, er begann zu grinsen, „… für Weiberröcke. Mit einundzwanzig hatte ich keinen Penny in der Tasche, war leichtsinnig und
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