Tanz der Sinne
Aber ich bezweifle, daß etwas daraus wird.«
»Wenn du das sagst, mein Kind«, sagte Jane skeptisch. »Er wirkt ziemlich energisch. Aber er gefällt mir. Du könntest einen wesentlich schlechteren Mann erwischen.«
Voller Angst, ihre zarten Hoffnungen zu zerstören, wenn sie sie laut aussprach, sagte Kit milde: »Ich weiß nicht, ob ich mir einen Ehemann wünsche, und ich glaube nicht, daß er wirklich eine Ehefrau haben will. Ich vermute, daß wir beide unsere getrennten Wege gehen werden, sobald Kira gefunden ist.« Kit stellte ihre Tasse weg, um beide Katzen gleichzeitig streicheln zu können.
»Wie hat er Viola hierhergebracht?«
»Wahrscheinlich hat er Cleo Farnsworth aufgeweckt und sie gebeten, ihn in Kiras Wohnung zu lassen.« Augenzwinkernd setzte Jane hinzu: »Andererseits – vielleicht hat er auch das Schloß aufgebrochen. Ich würde es ihm zutrauen.«
»Ich auch. Genau das macht ihn bei meiner Suche so nützlich.« Kit brach ein Stück Brot und schützte es dabei automatisch vor Katzenpfoten.
»Es ist mir egal, ob der Graf ein professioneller Einbrecher ist. Wichtig ist nur, daß er mir bei der Suche nach Kira hilft.«
Janes Miene wurde nüchtern. Kiras Verschwinden hatte sie fast ebenso schwer getroffen wie Kit.
»Hast du irgend etwas erfahren?«
Kit berichtete kurz, was geschehen war, seit sie ihre Tante zum letztenmal gesehen hatte, einschließlich ihres Vorhabens, heute die zwei Landhäuser zu durchsuchen.
Zweifelnd sagte Jane: »Glaubst du wirklich, daß du Kits Anwesenheit spüren kannst, wenn du in ihrer Nähe bist?«
»Ich hoffe es wenigstens.« Kits Finger verkrampften sich. Brotkrumen flogen über die Bettdecke, gierig verfolgt von den Katzen. »Wenn nicht, weiß ich nicht mehr weiter.«
Kit hielt es für weniger auffällig, wenn sie als junger Mann verkleidet über Land ritt, und nach dem Frühstück sahen sie die Kleidung durch, die Jane von zu Hause mitgebracht hatte.
Vorausschauend hatte sie auch Kits Einbrecherkluft eingepackt, und so machte sie sich in Stiefeln und Kniehosen zusammen mit Lucien und Jason auf den Weg nach Surrey.
Ihr erstes Ziel war ein kleiner Landsitz, der Lord Chiswick gehörte und an einen reichen Kaufmann aus der Stadt vermietet war. In Begleitung der beiden Männer umrundete Kit den Besitz auf einer Reihe kleiner Landstraßen und Wege, die der Umzäunung so nahe kamen wie möglich. Dann banden sie ihre Pferde in einem Gebüsch an und wanderten auf einem öffentlichen Spazierweg über das Gelände.
Während dessen lauschte Kit innerlich ununterbrochen auf ein Anzeichen von Kiras Anwesenheit. In der Mitte des Grundstücks blieb sie stehen und schloß die Augen. Dann drehte sie sich langsam um sich selbst, wie ein Bluthund, der nach einer Spur sucht, während die Männer sie schweigend beobachteten. Ihre Seele blieb ebenso leer wie die brachen Felder um sie herum, ohne irgendeine Spur von Kiras charakteristischer Wärme.
Sie öffnete die Augen und sagte mutlos: »Nichts.«
Jason wirkte ebenso enttäuscht wie sie. Er sagte:
»Schließlich konnten wir nicht erwarten, daß wir sie gleich beim erstenmal finden.«
»Und das hier war ohnehin der
unwahrscheinlichste Ort.« Lucien legte seine Hand leicht auf Kits Schulter. »Komm, wir reiten zum nächsten Haus. Es gehört Nunfield, und ein paar alte Verwandte von ihm leben dort. Ich glaube, dort haben wir bessere Chancen.«
Kit antwortete nicht. Sie war nicht nur enttäuscht über den Fehlschlag, sondern voller Angst. Was, wenn sie sich irrte und einfach nicht imstande war, Kiras Nähe zu spüren? Was, wenn die Fähigkeit, die Kit früher besessen hatte, unter dem Druck ihrer Verzweiflung versagte?
Wenn das der Fall war, war ihre Schwester verloren.
Zwischenspiel
Die hatte nicht erwartet, daß er so bald wiederkommen würde, und sie hatte wenig Zeit, sich auf ihn vorzubereiten. Kaum, daß sie ihre schwarze Perücke aufsetzen und die schwarzen Stiefel und ein kurzes, rotes Samtgewand anziehen konnte. Aber Kleidung war nichts im Vergleich zu der richtigen inneren Einstellung. Es war nie einfach, das herrische Biest zu werden, nach dem er sich verzehrte; es bedurfte äußerster Konzentration all ihrer Schauspielkunst und feinen Einfühlungsvermögens in seine Wünsche. Da sie keine Zeit gehabt hatte, sich vorzubereiten, war ihre Vorstellung schwach und ließ ihre unterschwellige Furcht durchscheinen.
Aus diesem Grund fesselte sie ihn und zog seine Ketten durch den Ring, der von der Decke ihres Verlieses
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