Tanz der Sinne
dir Sorgen um den Anstand machst, kann Lady Jane auch nach Strathmore House ziehen. Falls du sagen willst, daß diese Shakespearesche Katze von deiner Schwester versorgt werden muß, hol das Vieh auch her.« Er saß auf der gegenüberliegenden Bank und hielt sich fest, als die Kutsche sich in Bewegung setzte.
»Und für den Rest der Fahrt kannst du mir sagen, was für ein anmaßender Flegel ich bin.«
Genau das hatte sie vorgehabt, aber sein letzter Satz entwaffnete sie. Dankbar für seinen lockeren Ton, der die verlorene Nähe zwischen ihnen ersetzte, sagte sie: »Um ehrlich zu sein, mir fällt nichts mehr ein. Ich werde bis morgen damit warten.«
»Morgen hast du Besseres zu tun. Ich habe sieben Grundstücke entdeckt, die unseren Verdächtigen gehören und im näheren Umkreis von London liegen.« Er stieß einen Seufzer aus. »Es ist ein Anfang, aber solche Informationen sind nicht leicht zu beschaffen. Möglicherweise gibt es andere Anwesen, von denen ich nichts weiß.«
»Ich bin sicher, daß du mehr herausgefunden hast, als es sonst irgend jemandem gelungen wäre.« Sie biß sich auf die Lippen. Wieder hatte sie das Gefühl, daß die Zeit viel zu rasch verging.
»Ich muß morgen abend auftreten, aber wenn wir nach Kira suchen, kann ich mich von der zweiten Besetzung vertreten lassen.«
»Das ist nicht nötig. Die zwei Landsitze, die London am nächsten liegen, können wir tagsüber besuchen. Beide sind klein, und wahrscheinlich müssen wir gar nicht einbrechen.«
»Gott sei Dank«, sagte sie nachdrücklich. »Wenn ich nur endlich etwas tun kann.«
Ein paar Minuten später erreichten sie Strathmore House, und Lucien begleitete sie hinein, nachdem er dem Kutscher eine üppige Summe gegeben hatte. Der Gedanke, daß sie sein Bett teilen könnte, kam gar nicht erst auf. Mit untadeliger Höflichkeit überließ er sie der Fürsorge eines Kammermädchens, ohne ihr auch nur einen Gutenachtkuß zu geben.
Während sie sich in einem der Gästezimmer einrichtete, ermahnte sie sich, daß es viel klüger war, alleine zu schlafen. Sie ersparte sich die Zweifel und die anschließende Schuld, wenn sie miteinander schliefen, und das würden sie, wenn Lucien ernsthaft versuchte, sie zu überreden.
Ein Jammer, daß Weisheit mit Kälte und Einsamkeit verbunden war.
Kit war so erschöpft, daß sie tief und fest schlief und erst aufwachte, als jemand ausdauernd und heftig an ihre Tür klopfte. Benommen sah sie sich um, ohne ihre luxuriöse Umgebung gleich zu erkennen. Als sie wieder wußte, wo sie war, ging bereits die Tür auf und ihre Tante kam herein, gefolgt von zwei wohlbekannten Katzen und einem Zimmermädchen mit einem Teetablett. Die Katzen sprangen auf das Bett und ließen sich links und rechts von Kit nieder, von wo aus sie einander mißtrauisch beäugten. Viola und Sebastian hatten offensichtlich vergessen, daß sie Geschwister waren.
Ohne auf die beiden Miniaturraubtiere zu achten, sagte Jane munter: »Guten Morgen, Katherine.
Du siehst fürchterlich aus. Trink eine Tasse Tee und iß etwas.« Sie schickte das Mädchen weg und schenkte zwei Tassen Tee ein, denen sie eine großzügige Dosis Zucker hinzufügte.
Kit unterdrückte ein Stöhnen; ihre Tante hatte immer zu der betrüblichen Spezies der sogenannten Morgenmenschen gehört. »Was machst du hier, Jane?« fragte sie, nachdem sie dankbar einen kochendheißen Schluck Tee getrunken hatte.
»Dein Graf ist heute morgen in aller Herrgottfrühe gekommen und hat Sebastian und mich hierhergeschleift, angeblich um den Anstand zu wahren.« Jane machte es sich in einem Sessel bequem. »Obwohl ich den Verdacht habe, daß an deinem Ruf ohnehin nicht mehr viel zu retten ist.«
Als Kit errötete, fügte Jane hinzu: »Du brauchst nicht zu antworten.«
»Das habe ich auch nicht vor.« Kit hatte Jane zwar alles über ihre Suche nach Kira erzählt, war aber sehr verschwiegen gewesen, was ihre Beziehung zu Lucien betraf. »Und er ist nicht mein Graf.«
Jane grinste. »Er scheint es anzunehmen. Da ich nicht dein gesetzlicher Vormund bin, hat er sich nicht die Mühe gemacht, mich um deine Hand zu bitten, aber er hat mich von eurer bevorstehenden Heirat in Kenntnis gesetzt.«
»Das steht noch nicht fest«, sagte Kit scharf.
Ihre Tante runzelte die Stirn. »Bedroht er dich, Kit? Männer können solche Bestien sein.«
Kit starrte in ihre dampfende Tasse. »Lord Strathmore ist keine Bestie. Er denkt lediglich, daß er mich kompromittiert hat und daß wir heiraten sollten.
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