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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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über die neuen Getreidegesetze zu arbeiten, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Sie hatte seit Kiras Entführung keinen einzigen brauchbaren Artikel geschrieben.
    Ruhelos verließ sie ihr Zimmer und ging in die Porträtgalerie im zweiten Stock, die sie schon lange hatte besuchen wollen. Es würde interessant sein zu sehen, ob Luciens Verwandte genauso attraktiv waren wie er. Sie bezweifelte, daß das möglich war.
    Als sie die Galerie betrat, entdeckte sie eine hochgewachsene, braunhaarige Gestalt am anderen Ende. Froh über die Gesellschaft ihres Cousins rief sie: »Guten Morgen, Jason.«
    Der Mann drehte sich um, und sie merkte, daß er ein Unbekannter war, größer als Jason und nicht so hager. Auch seine Haare waren heller, mit einem Schimmer von Rot.
    Er ging ihr lächelnd entgegen und sagte:
    »Verzeihung, wir sind einander noch nicht vorgestellt worden. Ich bin Michael Kenyon, ein Freund von Lucien. Sie müssen Lady Kathryn Travers sein.«
    »Allerdings.« Sie trat vor und streckte ihre Hand aus. »Es ist mir ein Vergnügen. Lord Michael, nicht wahr? Lucien hat Sie erwähnt.«
    »Für Freunde von Lucien genügt Michael.« Er beugte sich über ihre Hand. Als er sich wieder aufrichtete, sah sie, daß seine Augen bemerkenswert grün waren, nicht von Luciens wechselhaftem Grün-Gold, sondern smaragdgrün.
    »Dann müssen Sie mich Kit nennen.« Sie musterte sein Gesicht. Selbst wenn sie nicht bereits gewußt hätte, daß Michael ein Soldat war, hätte sie es an der stahlharten, gebündelten Kraft erraten, die von ihm ausging. »Lucien hat gesagt, daß er seinem gefährlichsten Freund schreiben würde. Das sind vermutlich Sie?«
    »Möglich, aber wenn Lucien jemand Gefährlichen haben will, braucht er nur in den Spiegel zu sehen. Ich bin lediglich ein Soldat im Ruhestand, der sein Gnadenbrot ißt wie ein altes Kavalleriepferd.«
    Sie lächelte über seinen trockenen Humor. »Und trotzdem verlassen Sie die Weide, um meiner Schwester zu helfen. Ich bin Ihnen zutiefst verbunden.«
    »Ich hoffe, ich kann Ihnen zu Diensten sein.« Er warf ihr einen langen, anerkennenden Blick zu.
    »Gibt es Sie wirklich zweimal?«
    »Ja, nur noch besser. Sie werden sich bald mit eigenen Augen überzeugen können, hoffe ich wenigstens.« Da der Gedanke an ihre Schwester sie nur nervös machte, fuhr sie fort: »Ich wollte mir die Bilder ansehen. Kennen Sie Luciens Familie?«
    »Ja, und was ich nicht weiß, kann ich erfinden.«
    Er nickte dem Porträt eines blonden Gentlemans in Höflingskleidung zu. »Das ist Gareth, der dritte Graf, soweit ich weiß. Er hat im Bürgerkrieg auf Seiten der Royalisten gekämpft, hat aber vorsichtshalber seinen Bruder dazu gebracht, Puritaner zu werden. Als die Royalisten ins Exil mußten, hat der Bruder die Familiengeschäfte übernommen und Cromwell die Treue
    geschworen. Nach der Restauration ist Gareth zurückgekommen, hat seine Ländereien wieder in Besitz genommen und dafür gesorgt, daß sein Bruder reichhaltig für seine Dienste entschädigt wurde.«
    Kit musterte das kühle, ironische Gesicht. »Lucien hat einmal gesagt, daß er von einer langen Linie von Pragmatikern abstammt.«
    »Deswegen haben die Fairchilds so viele Stürme der englischen Geschichte überstanden.« Michael zeigte auf ein anderes Porträt, das einen gezierten Herrn in Rokokogewandung zeigte. Neben ihm stand eine elegante Dame in fließender grüner Seide. »Das ist der fünfte Graf, Charles, mit seiner Frau Maria. Er war ziemlich haltlos und ein rücksichtsloser Spieler. Sein Sohn beerbte ihn, als er sechs Jahre war und Charles unter mysteriösen Umständen ums Leben kam.«
    Sie warf ihm einen mißtrauischen Blick zu. »Ist das wahr, oder erfinden Sie das?«
    Er schmunzelte. »Das ist die Geschichte, die Lucien mir erzählt hat. Er behauptet, daß es Gerüchte gab, nach denen Maria beschlossen hatte, das Erbe für ihren Sohn zu erhalten, um den Preis des Lebens ihres Ehemannes. Vielleicht stimmt die Geschichte, vielleicht entstammt sie auch nur Luciens eigentümlichem Sinn für Humor.
    Er nimmt seine erlauchten Vorfahren nicht sehr ernst.«
    »Immer noch besser, als sie zu ernst zu nehmen.«
    Seine Heiterkeit verflog. »Eine Schwäche der Kenyons, fürchte ich.«

    Kenyon… Kit hätte eher darauf kommen können.
    »Ihr Vater ist der Herzog von Ashburton?«
    »Ja«, sagte er in einem Ton, der weitere Fragen unterband. Er nickte dem Porträt am Ende des Korridors zu. »Haben Sie das schon einmal gesehen? Lucien und seine

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