Tanz der Sinne
koketten Art amüsierte sie ihre Gäste und wich gleichzeitig ihren gierigen Händen aus.
Sie war nicht gerade die Sorte Frau, die normalerweise seine Aufmerksamkeit erregte, aber irgend etwas an ihr faszinierte ihn, irgendein undefinierbarer Hauch von Vertrautheit. Vielleicht hatte er sie schon einmal irgendwo gesehen.
Um ein Uhr hatten die meisten Höllenhunde sich verabschiedet, und Lucien dachte daran, ebenfalls nach Hause zu gehen. Dann sah er, wie der vorwitzigste ihrer jugendlichen Bewunderer, Lord Ives, aufsprang und dem Schankmädchen aus dem Zimmer folgte. Obwohl sie durchaus imstande schien, auf sich selbst aufzupassen, war Lucien doch unfähig, seinen Beschützerinstinkt zu unterdrücken. Nachdem er denjenigen unter seinen Gefährten, die noch wach waren, eine gute Nacht gewünscht hatte, erhob er sich und folgte Sally und Ives unauffällig.
Das alte Gasthaus war ein Labyrinth von kopfsteingepflasterten Gängen. Die Kellnerin bewegte sich schnell und mit klappernden Absätzen hindurch, bog einmal und dann ein zweitesmal nach links ab und stand schließlich in einem Lagerraum voller Fässer. Anscheinend ohne zu merken, daß Ives dicht hinter ihr war, stellte sie ihre Kerze auf einem Faß ab und bückte sich, um frisches Bier zu zapfen.
Lucien blieb in dem dunklen Gang stehen. Wenn seine Hilfe nicht vonnöten war, würde er wieder verschwinden. Es würde seinem Ruf als Wüstling nur schaden, wenn er weiter Damen in Not zu Hilfe eilte, und wo die Höllenhunde sich aufhielten, schienen Damen grundsätzlich in Not zu sein.
Als die Kellnerin sich aufrichtete, fragte Ives lallend: »Wenn du schon nicht mit mir durchbrennen willst, hübsche Sally, hast du dann wenigstens einen Augenblick Zeit für mich, bevor ich nach Hause gehe?«
Sie schrak zusammen, so daß das Bier aus dem Krug schwappte. Dann sagte sie gutmütig:
»Selbst wenn ich Lust hätte – und das habe ich nicht – bezweifle ich, daß Sie mir viel nutzen würden. Der Alkohol verstärkt vielleicht die Begierde, aber er schwächt die Fähigkeit.«
Lucien war verblüfft, als das Schankmädchen Shakespeare zitierte. Aber schließlich gab es keinen Grund, warum Sally nicht ebensoviel Gefallen an dem Barden finden sollte wie ein Adliger.
Der literarisch weniger gebildete Ives sagte:
»Falls du meine Fähigkeiten bezweifelst, stell mich auf die Probe, dann werd’ ich dir das Gegenteil schon beweisen.«
Ihre karottenroten Locken wippten, als sie den Kopf schüttelte. »Mein Kerl wird Killer Caine genannt, und es würde ihm gar nicht gefallen, wenn ich’s mit jedem treibe.« Sie gab Ives einen scherzhaften Stoß. »Geh ins Bett, Junge, und schlaf deinen Rausch alleine aus.«
»Dann gib mir wenigstens einen Kuß. Einen einzigen.«
Ehe sie antworten konnte, zwang er sie in eine Umarmung, preßte seinen Mund auf ihre Lippen und eine Hand auf ihre üppigen Brüste. Lucien vermutete, daß Ives ; nichts wirklich Böses im Schilde führte, aber in seinem Rausch war er sich seiner eigenen Kraft nicht bewußt, merkte auch nicht, daß die Frau sich wehrte. Unangenehm erinnert an das Zimmermädchen auf Bourne Castle, beschloß Lucien einzugreifen.
Aber noch ehe er in den Lagerraum eingetreten war, trat Sally ihrem Verehrer kräftig auf den Fuß.
»Au!« schrie Ives und hob den Kopf. Ohne seine Hand aus ihrem Dekollete zu entfernen, fragte er vorwurfsvoll: »Warum hast du das getan?«
»Um dich loszuwerden, Junge«, sagte Sally atemlos.
»Bitte, geh nicht«, bettelte er und knetete den reifen Apfel in seiner Hand.
Sie gab ihm einen Stoß vor die Brust und entwand sich seinem Griff. Bevor er sie wieder packen konnte, sagte sie scharf: »Sie wollen nicht mich, sondern die da.«
Mit einem Griff in ihr Mieder zerrte sie einen riesigen falschen Busen hervor und warf ihn ihm ins Gesicht. »Viel Spaß damit, Milchgesicht.«
Ives ließ Sally los und fuhr zurück, als das weiche, kissenartige Objekt von seiner Nase abprallte und zu Boden fiel. Nachdem er die bebenden Baumwollrundungen eine Weile verwirrt angestarrt hatte, hob er seinen Blick zu der Kellnerin. Die Falten ihres Mieders fielen jetzt locker über einen Busen von bescheidenen Ausmaßen.
Zu seiner Ehre begann der junge Mann zu lachen.
»Du hast ein falsches Herz, Sally.«
»’s is’ nich’ mein Herz, das falsch is’«, versetzte Sally tugendhaft. »Jetzt lassen Sie mich wieder an meine Arbeit.«
»Es tut mir leid – ich hab’ mich schlecht benommen«, sagte er. »Bist du das nächstemal
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