Tanz der Sinne
zu zucken, hatte Kit eine Lügengeschichte erfunden, in der sie die Schwester eines Höllenhundes war, die gewettet hatte, sich so verstellen zu können, daß ihr eigener Bruder sie nicht erkannte.
Die Idee hatte Bella gefallen, und so hatte sie Kit gesagt, was sie tun mußte, und sie dann als eine Cousine vorgestellt, die sie an diesem Abend vertreten würde, weil sie, Bella, sich nicht wohlfühlte. Im großen und ganzen war der Abend ein Erfolg gewesen. Kits Schlagfertigkeit hatte ihren Mangel an Erfahrung überspielt, und niemand hatte Verdacht geschöpft.
»Sally!« brüllte der Wirt noch einmal. »Hör auf zu faulenzen und mach das Hinterzimmer sauber.«
Nachdem sie ihren falschen Busen in eine überzeugende Form gebracht hatte, ging sie müde an die Arbeit zurück. Es war anstrengend, eine Rolle zu spielen, die Ihrer Natur so wenig entsprach, aber wenigstens gewöhnte sie sich daran, von liebestollen, betrunkenen Männern überfallen zu werden, dachte sie säuerlich. Bald würde sie eine Expertin darin sein, ungewollte Umarmungen abzuwehren.
Wie mochte es sein, von Lord Strathmore geküßt zu werden? Er würde sie mit diesen amüsierten, grün-goldenen Augen anlächeln, und seine Umarmung würde leicht und sicher sein. Vielleicht würde sie ihn nicht abwehren wollen…
Der Gedanke ließ sie erschauern, und sie beschleunigte ihren Schritt. Eines wußte sie: er würde nicht so sein wie die anderen.
Als Kit das leere Hinterzimmer gesäubert hatte, kehrte sie in den Schankraum zurück. Ein paar zähe Gäste hockten noch vor dem Feuer. Sie wollte gerade gehen, als einer von ihnen aufstand und auf sie zukam. Ihre Angst verflog, als sie die untersetzte Gestalt erkannte. Mit aufflackernder Hoffnung sagte sie: »Sie sind noch auf, Mr. Jones.
Haben Sie Neuigkeiten für mich?«
Er schüttelte den Kopf. »Rein gar nichts seit unserem letzten Gespräch. Ich wollte sie nach Hause begleiten.«
Sie schluckte ihre Enttäuschung hinunter und murmelte: »Wie nett von Ihnen. Ich habe mich nicht gerade darauf gefreut, allein unterwegs zu sein.«
Er musterte sie amüsiert, während sie ihr Cape umlegte. »Sie haben zugenommen, Mädchen. Ich hab’ Sie kaum erkannt.«
Sie lächelte schwach. »Das war der Sinn der Sache.«
Er zündete die Laterne an, die er mitgebracht hatte, und hielt ihr die Tür auf. Draußen erschauerte sie und raffte ihr Cape enger, um sich gegen den eisigen Nebel zu schützen. »Heute abend schlafe ich in der Marshall Street.«
Er nickte, und sie gingen in dem schwachen Schein der Laterne nebeneinander her. Als sie die Taverne in sicherer Entfernung hinter sich gelassen hatten, fragte er: »Haben Sie irgendwas rausgekriegt?«
»Nur ganz allgemein. Die meisten Höllenhunde scheinen ziemlich harmlos zu sein. Meiner Meinung nach sind Chiswick, Mace, Nunfield, Harford und Strathmore am gefährlichsten. Die ersten vier wirken derartig kaltblütig, daß ihnen alles zuzutrauen ist.« Sie verstummte, um einer besonders großen Pfütze auszuweichen. »Aus Strathmore werde ich nicht schlau. Er hat irgend etwas Bedrohliches, aber er war bereit einzugreifen, als einer der jüngeren Männer mir im Lagerraum aufgelauert hat.«
Mr. Jones murmelte einen deftigen Fluch. »Sie sollten sich nicht in Situationen bringen, wo Ihnen so etwas zugemutet wird, Miss.«
Ihre Lippen wurden schmal. »Ich hoffe, Sie vergeuden Ihre Zeit nicht wieder damit, mich umstimmen zu wollen.«
»Vielen Dank, ich hab’ meine Lektion gelernt«, sagte er bitter. »Aber unterschätzen Sie Strathmore nicht. Er mag einen ritterlichen Augenblick gehabt haben, aber von der ganzen Bande war er am schwierigsten zu beobachten.
Alle meine Nachforschungen sind ins Leere gegangen. Der Mann ist ein Rätsel, und das macht ihn gefährlich.«
»In Ihrem Bericht steht, daß Strathmore noch nicht lange mit den Höllenhunden zu tun hat.
Wahrscheinlich ist er nicht unser Mann.«
»Er ist lange genug dabei«, sagte Jones grimmig.
»Es ist noch gar nicht so lange her, da hat er zwei Straßenräuber umgebracht, einen davon mit bloßen Händen. Wenigstens hat er behauptet, daß es Straßenräuber waren. Nehmen Sie sich vor dem in acht, Miss.«
Sie erschauerte leicht, als sie an die Katzenaugen des Grafen dachte. »Das habe ich vor.« Danach gab es nichts mehr zu sagen. Als sie vor dem kleinen Haus in der Marshall Street ankamen, lud Kit Mr. Jones ein, hereinzukommen und etwas Warmes gegen die Kälte zu trinken, aber er lehnte ab.
»Wenn ich nicht bald
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