Tanz der Sinne
Irrtum. Dann forderte sie selbst einen Mann auf, aber auch er erwies sich als der falsche.
Vier weitere Tänze und zwei Gläser Champagner brachten sie ihrem Ziel nicht näher. Sie fing an, nervös zu werden, denn die Reihen der Gäste lichteten sich, als die einheimischen Gäste den Ball verließen. Wenn sie ihr Opfer nicht fand, war diese wunderbare Gelegenheit verschwendet.
Sie wollte gerade im Spielzimmer nach ihm suchen, als sie Harfords Stimme hörte. Hastig drehte sie sich um und sah, daß er sich von einer Gruppe von Freunden verabschiedete. Sobald er alleine war, näherte sie sich ihm und gurrte: »Ich suche nach einem tapferen Ritter mit fester Hand und starker Lanze. Sind Sie so ein Mann?«
Nach einem Moment der Überraschung grinste er sie lüstern an. »Sie werden keinen kühneren Krieger finden als mich, Mylady.«
Sie ließ ihren Fächer verführerisch flattern. »Dann tanzen Sie mit mir, Herr Ritter.«
»Mit Vergnügen.« Er zog sie auf die Tanzfläche, als das Orchester gerade einen Walzer anstimmte.
Nach seinem Atem zu urteilen, hatte er viel getrunken. Sie versuchte nicht daran zu denken, wie er sie in ihrer Rolle als Zimmermädchen überfallen hatte, und gurrte: »Ich bin sehr froh, daß all die süßen jungen Dinger von ihren Mamas nach Hause gebracht worden sind. Soviel Unschuld ist bedrückend.«
»Ganz meine Meinung«, erwiderte Harford. »Mein Bruder Mace hält es für unsere Familienpflicht, jedes Jahr die Nachbarn einzuladen, und ich hab’
den halben Abend damit verbracht, mit jedem Mauerblümchen aus der Umgebung zu tanzen.
Aber jetzt ist die Pflicht erfüllt, die kleinen Mädchen sind weg, und wir können tun, was uns beliebt. Für den Rest des Abends gibt’s nur noch extra lange Walzer. Die taugen viel besser dazu, einander kennenzulernen, finden Sie nicht?«
»Allerdings.« Sie strich mit den Fingerspitzen über seine Schulter: »Ich liebe starke Ritter.«
Er reagierte, indem er sie heftig an sich zog.
Während des Tanzes fuhren sie fort, Anzüglichkeiten miteinander zu tauschen. Kit benahm sich so freizügig, wie sie nur vermochte, und Harford ging begeistert darauf ein. Aber es war, wie sie befürchtet hatte, der Ballsaal war zu verwirrend, um ihr einen klaren Eindruck zu vermitteln. Sie konnte nicht feststellen, ob er der Mann war, den sie suchte. Sie mußte das Risiko eingehen, mit ihm alleine zu sein.
Die Musik verstummte. Mit vielversprechendem Händedruck sagte sie: »Zeigen Sie mir später Ihre Lanze?«
Er starrte bewundernd in ihren Ausschnitt.
»Kommen Sie mit mir in den Garten, dann zeige ich sie Ihnen gleich.«
»Viel zu kalt«, sagte sie schmollend.
»Ich kann bestimmt irgendwo einen Wandschrank finden, obwohl die meisten bestimmt schon besetzt sind. Könnte verdammt peinlich werden.«
»Warum muß es ein Wandschrank sein? Ein wahrer Ritter läßt sich Zeit – das ist der Sinn von Ritterlichkeit.« Sie klapperte mit den Wimpern, in der Hoffnung, daß die Maske den Effekt nicht ruinierte. »Können wir nicht in Ihr Zimmer gehen und die Sache richtig angehen?«
Er zögerte. »Ich bin einer der Gastgeber, und es ist ein bißchen zu früh, um den Ball zu verlassen.«
Sie strich ihm mit dem geschlossenen Fächer um das Kinn. »Warum treffen wir uns nicht in einer Stunde in Ihrem Zimmer?«
»Gute Idee.« Er zog einen Schlüssel aus seiner Westentasche. »Meine Zimmer liegen im Westflügel, die letzte Tür links. Es gibt keine Karte an der Tür, aber Sie können sie nicht verfehlen.
Warum gehen Sie nicht gleich und warten dort auf mich?«
Was für ein unverhofftes Glück. Sie nahm den Schlüssel und versenkte ihn umständlich in ihrem Mieder. »Sie können ihn suchen, wenn Sie nach oben kommen.« Sie versetzte ihm einen spielerischen Schlag mit dem Fächer. »Nicht, daß Sie mich vergessen und eine andere Dame mitbringen. Sonst müßten Sie wirklich einen Drachen erschlagen.«
Er lachte und kniff ihr in den Hintern, als sie sich umdrehte. Sie war grenzenlos erleichtert, als sie die Tanzfläche verließ. Mit etwas Glück würde sie erfahren, was sie wissen wollte, während sie einfach in seinem Zimmer auf ihn wartete. Das war sicherlich einfacher, als auf seine Rückkehr zu warten und dann einen Fluchtweg aus seinen Krallen zu suchen. Obwohl sie sich geschworen hatte, alles zu tun, was notwendig war, wurde ihr übel bei der Vorstellung, mit ihrem Feind zu schlafen.
Sie hatte den Ballsaal beinahe hinter sich, als die Musiker einen neuen Walzer anstimmten.
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