Tanz der Sinne
Zwilling. Die gute und die böse Schwester.« Seine Augen blitzten vor Amüsement. »Meine Vermutung ist, daß Kira weniger wild ist als allgemein angenommen und du weniger respektierlich, trotz der großartigen Vorstellung, die du als Lady Kathryn gegeben hast.«
»Es stimmt, manche Menschen ziehen es vor, uns als Gegensätze und nicht als Variationen eines Themas zu sehen«, bestätigte Kit. »Und dann gibt es noch diejenigen -Kira und ich nennen sie ›diese Leute‹ – die nur mit einer von uns beiden sprechen und die andere ignorieren, als würde sie gar nicht existieren. Wir haben uns immer darüber lustig gemacht.«
»Wahrscheinlich habt ihr auch damit euer Spielchen getrieben und insgeheim über die Leichtgläubigkeit der Welt gelacht.«
Sie lächelte ein wenig. »Wenn jemand sagte:
›Kristines Schleife ist rot und Kathryns blau‹, haben wir sofort unsere Schleifen und unser Benehmen getauscht. Aber wir sind wirklich sehr verschieden. Wie ich schon bei Jane gesagt habe, Kira hat die Art Charme und Lebhaftigkeit, die ein ganzes Theater bezaubern. Sie ist immer extrovertiert gewesen und immer zu etwas Neuem bereit. Ich bin die Gesetzte, Langweilige.«
Er hob in spöttischem Unglauben die Brauen.
»Gesetzt? Langweilig? Die Frau, die mich über alle Dächer und durch alle Schlafzimmer von London gelockt hat?«
»Das war nicht meine freie Wahl«, sagte sie deprimiert.
Sein Amüsement verflog. »Das alles hat mit Kira zu tun, oder? Irgend etwas ist ihr zugestoßen.«
Die Angst, die sich während ihrer scherzhaften Unterhaltung ein wenig gelegt hatte, flammte wieder auf und Griff mit eisigen Klauen nach ihr.
»Meine Schwester geht dich nichts an.«
Ruhig, aber unerbittlich sagte er: »Erzähl.«
Sie rollte zur Seite, setzte sich auf und hüllte sich in ein Laken. »Warum willst du das wissen?«
»Du wärst nicht auf diesen Ball gekommen und mit Roderick Harford gegangen, wenn du nicht in einer verzweifelten Lage wärest. Du brauchst Hilfe, Kit. Warum willst du die meine nicht annehmen?«
Sie wich seinem Blick aus. Sie wußte, warum sie ihn fürchtete, aber sie wollte ihm den Grund nicht sagen.
Als habe er ihre Gedanken gelesen, fragte er:
»Warum traust du mir nicht?«
»Ich kann mir keinen Fehler erlauben«, sagte sie gepreßt. »Es steht zuviel auf dem Spiel.«
»Ich würde dir oder deiner Schwester nie etwas zuleide tun, und das weißt du auch.«
Sie wußte es, aber das beschwichtigte ihr Mißtrauen nicht. Sie suchte nach einer Ausflucht.
»Ich habe nie viel Vertrauen zu Männern gehabt.
Mein Vater konnte mit seinem Charme einer Schlange die Schuppen abschwatzen, aber wehe dem, der sich auf ihn verließ.«
»Ich bin nicht dein Vater.« Er nahm ihre kalte Hand und umschloß sie mit seinen warmen Fingern. »Ich gebe mir viel Mühe, meine Versprechen einzuhalten, und im allgemeinen gelte ich als ziemlich gut im Lösen von Problemen. Laß mich versuchen, deines zu lösen.«
Gegen ihren Willen gestand sie, was sie lieber für sich behalten hätte. »Ich mißtraue nicht dir, sondern mir. Ich habe kein Talent zum Alleinesein, Lucien. In den ersten achtzehn Jahren meines Lebens war Kira da. Wir waren eher zwei Hälften eines Ganzen als eigenständige Menschen.
Wir wußten, daß wir uns irgendwann trennen und jede unser eigenes Leben leben mußten, aber ich hab’ mich dabei nicht besonders geschickt angestellt. Ich fühle mich unvollkommen, wie eine… eine Schlingpflanze, die nach einer Stütze sucht, um die sie sich winden kann. Ich glaube nicht, daß dir das gefallen würde. Es gefällt mir selber nicht.«
»Du unterschätzt deine Stärke, Kit. Vielleicht tritt das, wovor du dich fürchtest, nie ein.« Sein Daumen kreiste sanft in ihrer Handfläche. »Laß nicht zu, daß deine Angst vor etwas, das vielleicht geschieht, deiner Hilfe für Kira im Weg steht.«
Ihr Widerstand brach zusammen. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Kiras Sicherheit war viel wichtiger als die Möglichkeit, daß Kit sich zum Gespött machte, indem sie sich in den reichen, mächtigen, lasterhaften Grafen von Strathmore verliebte.
Außerdem hatte sie das unbehagliche Gefühl, daß er, wenn sie ihm nicht sagte, was los war, selber darauf kommen würde. Und sie konnte nicht dulden, daß er sich noch mehr in ihren Gedanken einnistete als jetzt schon. Sie hob den Kopf und sagte müde: »Es ist eine lange Geschichte.«
»Dann machen wir es uns lieber bequem.« Er stand
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