Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
auf und zog ein Hemd aus dem Kleiderschrank. »Zieh das an. Es ist einfacher für einen Mann und eine Frau, vernünftig miteinander zu reden, wenn sie angezogen sind.«
    Sie schälte sich aus ihrem Laken und gehorchte.
    Die weiten Falten seines Hemdes bedeckten sie fast bis zu den Knien. Sie trug immer noch ihre Strümpfe. Jetzt zog sie sie aus und warf sie in die allgemeine Richtung ihrer anderen
    Kleidungsstücke. Dann hockte sie sich im Schneidersitz aufs Bett.
    Lucien schlüpfte in einen luxuriösen blauen Morgenrock, der sein Haar schimmern ließ wie gesponnenes Gold. Er fachte das Feuer neu an und zog einen flachen Silberflakon aus seiner Reisetasche, goß den bernsteinfarbenen Inhalt in zwei Gläser und reichte ihr eines. »Trink.«
    Sie gehorchte. Der Brandy konnte den kalten Knoten in ihrem Magen nicht vertreiben, aber er hielt ihre Hände vom Zittern ab.
    Er setzte sich neben sie auf das Bett und lehnte sich an die Wand. »Was ist mit Kira geschehen?«
    Sie starrte in ihr Glas. »Ich weiß es nicht, und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
    »Wo du willst. Wir können die ganze Nacht hier sitzen, wenn es nötig ist, und die Nächte sind sehr lang in dieser Jahreszeit.«
    »Das meiste, was ich dir bei Jane erzählt habe, ist wahr.« Sie verzog das Gesicht. »Obwohl ich Jane unrecht getan habe. Sie ist nicht die Tyrannin, zu der ich sie gemacht habe. Ohne ihre Hilfe hätte ich das, was ich getan habe, nicht zustande gebracht.«
    »Sie hat Kira nicht das Haus verboten?«
    »Nein. Allerdings war sie von der Entscheidung meiner Schwester nicht eben entzückt. Ich ebensowenig. Aber Kira war felsenfest entschlossen, zur Bühne zu gehen, also habe ich mich damit abgefunden. Wir sind in ziemlich engem Kontakt geblieben und haben einander jede Woche geschrieben, solange sie in der Provinz war. Als sie nach London kam, haben wir uns alle ein, zwei Wochen getroffen, meistens auf dem Markt.« Kit stockte. Sie fragte sich, ob jemand, der keinen Zwilling hatte, das verstehen würde. »Nicht unbedingt, um zu reden, einfach, um uns zu sehen. Wir haben nie etwas verabredet. Wir… wußten einfach, daß wir uns treffen würden.«

    Sie warf Lucien einen raschen Blick zu, aber er nahm es hin. »Wohnt Kira in Soho?«
    Kit nickte. »Sie besitzt ein kleines Haus und wohnt im Erdgeschoß. Das obere Stockwerk hat sie an eine Freundin vermietet, eine andere Schauspielerin, Cleo Farnsworth.«
    Als sie verstummte, half er ihr weiter. »Wann hast du gemerkt, daß etwas nicht stimmt?«
    »An unserem Geburtstag, dem einundzwanzigsten Oktober. Wir feiern immer zusammen. Immer.
    Solange sie in der Provinz aufgetreten ist, ist sie nach London gekommen. Einmal, als sie sich nicht freimachen konnte, bin ich mit der Postkutsche bis nach Yorkshire gefahren, damit wir zusammen sein konnten. Dieses Jahr hatten wir verabredet, daß wir uns bei ihr zu einem ruhigen Abendessen treffen würden.« Sie unterdrückte das Entsetzen, das bei dieser Erinnerung in ihr aufstieg. »Am Abend vorher hatte ich einen Alptraum und bin voller Panik aufgewacht, aber ich habe dabei überhaupt nicht an Kira gedacht. Aber als ich in ihre Wohnung kam, habe ich sofort gemerkt, daß etwas nicht stimmt.«
    »Gab es Spuren irgendeines Kampfes?«
    »Nein, bloß… Leere. Entsetzliche, hohle Leere, obwohl alles an seinem Platz war.« Kits Hände krampften sich um ihr Brandyglas. »Das einzige war, daß ihre Katze, Viola, ganz ausgehungert war, so als ob sie den ganzen Tag nichts zu fressen bekommen hatte.
    Ich hab’ Viola gefüttert und bin dann nach oben zu Cleo gegangen, die ich ein paarmal getroffen hatte. Zuerst hielt Cleo mich für Kira und machte mir Vorwürfe, daß ich eine Probe versäumt hatte.

    Als ich ihr sagte, daß ich Kathryn bin, wurde sie auch besorgt. Sie sagte, daß Kira am vorigen Abend aus dem Theater gegangen wäre wie immer, und daß sie sie seitdem nicht gesehen hatte. Aber Kira verpaßt nie eine Probe. Sie muß auf dem Weg in ihre Wohnung entführt worden sein.«
    Nach kurzem Zögern sagte er behutsam: »Ich nehme an, du hast an die Möglichkeit gedacht, daß sie von irgendwelchen Halunken umgebracht und in den Fluß geworden ist.«
    »Du glaubst, daß sie tot ist, nicht? Sie ist nicht tot«, sagte Kit wild. »Du wirst es vielleicht nicht verstehen, aber einen Zwilling zu haben ist, als ob man mit ihm durch eine unsichtbare Nabelschnur verbunden wäre. Auf irgendeiner
    Bewußtseinsebene stehe ich immer mit Kira in Kontakt. Wenn sie sterben

Weitere Kostenlose Bücher