Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
guten Armee hatten. Nur waren ihre Fähigkeiten in tausend kampflosen Jahren verkümmert. Die heutige Luftarmada war nur noch ein dekoratives Anhängsel der ikarischen Gesellschaft.
Der ehemalige Axtherr hatte einen neuen Ausbildungsplan aufgestellt. Schluß mit den akrobatischen und künstlerischen Luft- und Bogendarbietungen, dafür Nahkampfübungen und taktische Manöver, mit dem sie bei Aufmärschen zwar nicht mehr Beifall erringen, dafür aber Schlachten gewinnen und ihr Volk wirklich schützen konnten.
Axis bückte sich jetzt und reichte Dornfeder die Hand. Der Staffelführer gehörte noch zu den besten Kämpfern in der Luftarmada, und während ihres Übungsringens hatte er es sogar geschafft, seinen Gegner für einen Moment in Verlegenheit zu bringen. Der Vogelmensch zögerte kurz, ergriff dann aber Axis’ Rechte und stand schon wieder auf den Füßen.
»Ihr hättet mich töten können«, versicherte der Krieger ihm laut genug, daß die umstehenden Ikarier ihn hören konnten. »Dazu hättet Ihr nur eine bessere Waffe einsetzen müssen.«
»Was wollt Ihr damit sagen, Kommandant?« fragte Dornfeder verständnislos. »Ich konnte den Stab einfach nicht mehr halten, als Ihr mir den Arm herumgedreht habt.«
»Ich meinte auch mehr Eure Flügel. Ihr hättet mir mit einem oder beiden einen harten Schlag versetzen oder mich zumindest soweit ablenken können, daß ich Euren Arm losgelassen hätte. Vergeßt Eure Schwingen nicht. Eines Tages retten sie Euch vielleicht das Leben.«
Der Krieger wollte den Ikariern deutlich machen, daß man auch im Abwehrkampf Schwächen des Gegners nutzen und nicht nur seine Attacken abwehren mußte. Und ebenso, daß Überraschung und Erfahrung allem Mut und selbst den besten Waffen überlegen waren. Aber diese Luftkämpfer hier brauchten erprobte Partner, um überhaupt erst die Wendigkeit zu entwickeln, die für den unausweichlichen Kampf mit Gorgraels Kreaturen überlebenswichtig sein würde.
»Gut, Dornfeder, das soll für heute genügen.« Axis warf einen Blick hinauf auf die Galerie, wo sich Weitsicht und einige andere Geschwaderführer eingefunden hatten, um bei den Übungen zuzusehen. Hinter ihnen befanden sich dreißig oder vierzig Soldaten aus anderen Geschwadern, die sich ebenfalls einen Eindruck über die neuen Ausbildungsmethoden verschaffen wollten. »Wenn Ihr in absehbarer Zeit in Belials Truppe kämpft, solltet Ihr Euch mit dessen Soldaten im Nahkampf messen. Das wird der Entwicklung Eurer Fähigkeiten sehr zugute kommen.«
»Ich verstehe wirklich nicht, warum Ihr uns so antreibt, Axis«, bemerkte Abendlied. »Wir sind doch schließlich eine Luft-Bogenschützen-Einheit. Wer oder was sollte uns schon in der Luft angreifen?« Abendlied hatte sich von Anfang an das Recht herausgenommen, ihren Bruder nicht mit seinem Rang, sondern mit seinem Vornamen anzureden. Axis wußte nicht, ob sie sich damit vor den anderen großtun oder ihn bis dahin bringen wollte, sie vor der ganzen Staffel zurechtzuweisen. Indessen hielt er es für das Beste, solche Ungezogenheiten zu übergehen.
Weitsicht beugte sich über das Geländer. »Das ist wahr, Kommandant. In der Luft können uns nur feindliche Pfeile etwas anhaben. Aber bei dem, was Ihr nun schon seit zwei Wochen mit den Luftkämpfern einübt, dürften diese feindlichen Pfeile wohl bald unsere geringste Sorge sein. Was sollte es der Luftarmada bringen, sich mit Belials Ebenenläufern im Zweikampf zu messen?«
Der Krieger lächelte bei diesem Einwurf, aber seine Augen blickten kalt drein. »Gorgraels Skräbolde können bereits fliegen. Sobald der Zerstörer erfährt, daß ich die Luftarmada befehlige, wird er die nötigen Gegenmaßnahmen ergreifen. Weitsicht und Ihr andern alle, Ihr werdet eher, als Euch lieb sein dürfte, auf Kreaturen stoßen, die Euch in der Luft angreifen. Die Schlacht um Tencendor wird nicht nur am Boden, sondern auch am Himmel geschlagen. Und Ihr könnt Euch nicht darauf verlassen, daß Ihr dabei bloß aus sicherer Entfernung Eure Pfeile verschießen müßt. Nein, es wird zum Nahkampf kommen. Die Ausbildung mit Belials schlachterprobten Soldaten wird Euch den rechten Kampfgeist lehren. Lernt von ihnen … oder geht unter.«
Etliche Vogelmenschen starrten ihn entsetzt an. Obwohl Axis’ Drill ihnen sehr viel abverlangt hatte, hatten sie sich doch immer in der beruhigenden Überzeugung gewiegt, daß ihnen in der Luft doch kein Feind etwas anhaben konnte. Diese Gewißheit hatte der Kommandant ihnen gerade
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