Tanz des Lebens
straffte sie ihren Rücken und wirkte hochkonzentriert. Alle Albernheit war wie weggewischt. Gebannt schauten alle zu. Keiner aus der Clique hatte es je verstanden, warum sie sich andauernd mit Randy um den Sieg kabbelte und versuchte ihn abzulenken.
Wer je einem guten Billardspieler zuschaut und gesehen hatte, wie rasch und mühelos dieser einen Ball um den anderen traf und versenkte, erkannte sofort, dass Zoe diese Technik in Perfektion beherrschte. Selbst Randy kam nicht umhin, ihr bewundernd zuzugucken, wie sie ganz einfach um den Tisch herumging und einen Ball nach dem anderen in den Löchern verschwinden ließ.
Neidlos musste er ihr zugestehen, das sie als Spieler ganz offensichtlich die Fähigkeit besaß, nicht nur technisch perfekte Stöße zu erzielen, sondern sich auch laufend Rechenschaft zu geben, wie sie einen Ball spielen musste, um in der nächsten Situation eine optimale Ausgangsstellung zu haben. Schon seit Jahren hegte er den Verdacht, dass sie mit ihren dubiosen Hexenkünsten nachhalf. Er war nur noch nicht hinter ihren Trick gekommen.
Die ganze Zeit über stand Liam in gebührendem Abstand hinter Faye und beobachtete das fröhliche Spiel der Clique. Sie schienen wirklich eine lustige und eingeschworene Gemeinschaft zu sein, in der jeder für jeden einstand. Das bemerkte er auch in diesem Moment, als Faye sich bei Randy unterhakte und ihn leise aufforderte, doch nicht mehr sauer zu sein. Mit der anderen Hand tippte sie ihren Bruder an und sagte halblaut: »Als Nächstes bist du dran. Halt dich bereit.« Luke nickte und trat erwartungsvoll an ihre Seite.
Kurz darauf war es soweit. Faye ergriff Lukes Hand und dirigierte ihn an den Tisch, wo Zoe ihm vorsichtig den Queue in seine Hände legte. Anschließend erfasste Faye mit geübtem Blick, wie die Kugeln auf dem Tisch lagen und gab mit einem leisen Flüstern die Lagedaten an Luke weiter. Er nickte kurz, legte den Kopf schief und benötigte nur wenige Minuten um ihre Analyse auszuwerten, um den besten Stoßwinkel zu errechnen.
Ein zweites Nicken zeigte der Gruppe an, dass er bereit war. Er beugte sich tief hinunter, so dass sein Kinn fast den Queue berührte. Seine linke Hand tastete sich auf die Tischoberfläche. Zielsicher setzte er nacheinander den kleinen Finger, den Ringfinger und den Mittelfinger auf und führte das Queue durch den Schlitz, der sich zwischen Mittelfinger, Zeigefinger und Daumen gebildet hatte. Das war ein Profigriff, der normalerweise nur von erfahrenen Tournierspielern praktiziert wurde, wie Melissa erstaunt bemerkte.
Sie selber spielte, wie die anderen in der Gruppe auch, mit der offenen Hand. Als Luke danach konzentriert den Queue viermal vor- und zurückschwingen ließ, erkannte man jedoch schnell, dass diese spezielle Handstellung ihm eine bessere Stütze bot und ihm als Nichtsehendem die Ausführung eines geraden Stoßes erleichterte, da sein Zeigefinger über dem Queue lag und er damit nur die äußerste Spitze zum Zielen gebrauchte.
Den ersten Ball versenkte Luke mit einem gewöhnlichen Nachläufer ins linke Eckloch. Ein erneutes Flüstern von Faye gab ihm neue Informationen. Danach spielte er auf Position und stieß mit einem schwachen Stoß an. Der Spielball berührte die kurze Bande und lochte auf der rechten Seite ein, während die weiße Kugel gegen die Tischmitte zurückrollte und so eine optimale Ausgangslage für die Bälle drei und vier bot.
»Das ist ja irre«, murmelte Melissa halblaut.
Konzentriert spielte Luke die letzte Kugel ein und hüllte sich in Schweigen. Doch die kleinen Lachgrübchen neben seinen Mundwinkeln zeigten, dass er Melissas Worte verstanden hatte. Als Nächstes war Holly dran, was innerhalb weniger Minuten zu lautem Gelächter führte, da sie den Billardstock offenbar mit einem Baseballschläger verwechselte.
»Ist sie immer noch auf demselben Level?«, fragte Faye leise. Über den Tisch hinweg brüllten Jhonfran und Randy ein lautes, synchrones Ja, was zu einem erneuten Lachanfall von allen führte und von Holly gutmütig mit einem drohenden Zeigefinger quittierte wurde. Wohlwissend, dass sie eine grauenvolle Niete abgab, stieß sie fröhlich zu. Der schwarze Ball wurde kaum gestreift; dafür machte die weiße Führungskugel einen Ruck und hoppelte zielsicher in das rechte Loch. Begeistert klatschte Jhonfran in die Hände. »Ok – disqualifiziert! Damit zahlst du die nächste Runde Cola, mein Schatz.«
»Als wenn das was Neues wäre.« Grinsend kramte sie in ihrer Handtasche
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