Tanz des Lebens
folgen. Ich kann es kaum erwarten …«
Ein teuflisches Lachen erklang.
»Ich werde dir das nehmen, was du am meisten auf der Welt liebst. Er gehört mir – mir allein.«
»Nein …« Mit einem erstickten Aufschrei schnellte Faye hoch und sah sich wie in Trance um. Zitternd presste sie die Arme um sich und versuchte ihren panischen Herzschlag zu beruhigen. Dann bemerkte sie, dass sie in Quins Bett lag und in Sicherheit war. Nachdem sie sich gestern Abend nur notdürftig gewaschen und danach wie eine Tote in Quins Bett gefallen war, fühlte sie sich jetzt beim Aufwachen noch zerschlagender.
Liebevoll drehte sie sich zu Luke um, der im Nebenbett lag. Auch er war schon wach. Da sie ein eingespieltes Team waren, ging es mit dem Duschen und Anziehen ziemlich schnell. Nach dem Frühstück, bei dem von Quin weit und breit nichts zu sehen war, wollte Liam ihnen das Haus zeigen – zur besseren Orientierung für Luke, wie er betonte. Etwas konsterniert fühlte Faye seine fürsorglichen Finger an ihrer Taille, sagte aber nichts.
Da sie die untere Etage von ihren früheren Besuchen schon kannte, führte er sie zielstrebig die enge Treppe hinauf in die zweite Etage. Im Flur wurde es wieder breiter. In ihrer Müdigkeit hatte sie gestern auf nichts geachtet. Jetzt merkte sie, dass neben Quins Zimmer, das sie sich jetzt für eine unbegrenzte Zeit mit Luke teilte, noch drei weitere Türen lagen. Auch hier oben war alles großzügig und mit einer gemütlichen Eleganz ausgestattet.
Das Zimmer neben Quins war mit einem poliertem Teakholzfußboden und unzähligen burmesischen Kunstgegenständen eingerichtet. Die mannshohen Bücherregale in Liams Zimmer waren mit unzähligen Sachbüchern zu allen Themen bestückt und zeugten von seiner unbändigen Liebe zum Lesen und seinem ungeheuren Wissensdurst. Die hellen Rattanmöbel und ein kuscheliger alter Lehnstuhl vermittelten Gemütlichkeit, ebenso wie die vielen Bilder an der Wand, die verschiedene Landschaftsaufnahmen von ihrer Heimat Burma zeigten. Eine der Pagoden und Tempel darauf erkannte Faye sogar wieder.
In einer Ecke, die mit einem Batikvorhang abgetrennt war, stand ein großes Doppelbett mit buntkarierten Bettlaken und einem zur Zierde herabhängenden Moskitonetz. Wahrscheinlich brauchte Liam viel Platz zum Schlafen, darum das Doppelbett. Sie schätzte mal vorsichtig, dass Quin es nicht so klasse fand, neben seinem Bruder schlafen zu müssen. Aber jeder hatte eben sein eigenes Päckchen zu tragen.
Der warme Wind, der durch das geöffnete Fenster drang, spielte mit Fayes langen Haaren und sie musste ihren Drang bekämpfen, sich nicht auf der Stelle auf das verführerische Bett zu werfen, um die bleierne Müdigkeit loszuwerden, die wahrscheinlich noch vom Ichor, dem dämonischen Gift herrührte. Sie wagte nicht, Liam nach Qinn zu fragen, denn er vermittelte ihr schon den ganzen Morgen den Eindruck, nicht über seinen Bruder sprechen zu wollen.
Das erinnerte Faye stark an ihre Mutter Violet; diese dachte auch immer, dass, wenn man ein Problem totschwieg, es auch nicht existierte. Nun ja. Achselzuckend gingen sie auf den Flur zurück und Faye informierte Luke über jeden Schritt und darüber, was sie sah. Unterdessen plapperte Liam fröhlich vor sich hin und öffnete die Tür zum angrenzenden Badezimmer.
Dieses besaß ein Doppelwaschbecken, eine begehbare Dusche und eine große, von riesigen Bodenfenstern eingefassten Badewanne, mit einem atemberaubenden Blick auf den weitläufigen Garten. Nach ihrer Beschreibung beugte sich Luke vor und fuhr mit seiner Hand vorsichtig tastend über den breiten Wannenrand. Doch bevor er der Versuchung erlag, sie auszuprobieren, zog Faye ihn schnell aus dem Bad und begab sich zum anderen Ende des Flurs, wo Liam zögernd vor einer verschlossenen Tür stehenblieb.
»Das ist das Zimmer von meinem Vater. Er ist sehr krank und kann nicht aufstehen. Wenn er etwas möchte, klopft er mit seinem Stock auf den Boden. Das war gestern übrigens das Geräusch, das ihr gehört habt. Es ist besser, wenn wir da jetzt nicht reingehen, um diese Zeit schläft er meistens.«
»Okay.« Faye nickte verständnisvoll.
Damit hatten sie das gesamte Haus gesehen. Da Liam sich nun zur Arbeit in die Academy verabschiedete und Luke mitkommen wollte, begab sie sich wieder in ihr Zimmer, um die Kleidungstücke einzuräumen, die sie gestern Nacht noch eilig aus ihrem Haus hierhergebracht hatten. Nachdenklich sah sie sich um. Quins privates Refugium war – absolut
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