Tanz des Lebens
umdrehte, lachte sie erleichtert auf. »Onkel Mason, was treibt dich denn hierher auf den Markt. Oder hast du während meiner Abwesenheit etwa kochen gelernt?«
»Nein … nein, ich besuche nur einen Patienten, der hier in der Gegend wohnt.« Erstaunt runzelte Faye die Stirn, sagte aber nichts. In dieser Gegend um die Cannery Croe existierten keine Wohnhäuser. Hier gab es nur Sardinenfabriken, die langgezogene Shopping Mall und die Marktstände mit wackligen Holztischen, die sich definitiv nicht für eine gründliche Patientenuntersuchung eigneten. Da sie selber jedoch auch ein Geheimnis hütete, fragte Faye nicht weiter und fing stattdessen ein lockeres Gespräch über unverfänglichere Themen an. Als er über eine wichtige Sitzung im Krankenhaus berichtete, deren Aufsichtsrat er angehörte, drifteten ihre Gedanken leicht ab.
Nur mit halbem Ohr zuhörend nickte sie höflich, bis sie plötzlich stutzte. Seit geschlagenen zehn Minuten presste er nun schon ein Taschentuch vor Mund und Nase, was seiner Stimme einen nasalen, befremdlichen Ton bescherte. Gerade, als sie als zu einer höflichen Bemerkung ausholen wollte, bemerkte sie das kleine, rote Rinnsal, das aus seiner Nase lief. »Du blutest aus der Nase«, rief sie erschrocken. »Bist du krank, Onkel Mason?«
In seinen Augen flackerte es kurz, bevor er abwehrend seine freie Hand hob und sich hastig mit dem Handrücken über seine Nase wischte und etwas verkniffen lächelte. »Nein, mach dir keine Sorgen, ist nur eine kleine Allergie … von der Klimaanlage in der Klinik. Und da wir gerade vom Krankenhaus reden«, fügte er mit seiner hinter dem Taschentuch gedämpft klingenden Stimme hinzu, »komm doch bitte mit Luke in den nächsten Tagen zu mir auf die Station. Wir beginnen dieses Jahr schon sehr früh mit den Grippeimpfungen.«
»Im Juli?!«, fragte Faye, jetzt noch stärker irritiert. Aber er beachtete ihren Einwand nicht mehr und verabschiedete sich hastig, seinen dringenden Patientenbesuch vorschiebend. Achselzuckend winkte Faye ihm nach. Beim Umdrehen, drückte ihr die Verkäuferin ihre Obsttüten in die Hand und als sie nach ihrer Geldbörse kramte, fiel ihr Blick auf die gegenüberliegende Uferpromenade – und auf Quin. Er stand mit zwei anderen Jungen unter dem Vordach einer leerstehenden Fischfabrik und an seiner Seite befand sich Nia.
In Quins Gesicht zuckte kein einziger Nerv. Wie in Beton gegossen stand er da, nur seine schwarzen Augen schienen sie zu durchbohren. Kurz darauf hob auch Nia ihren Kopf. Faye spürte ihr provozierendes Lächeln bis über die Straße hinweg, während sie sich lasziv langsam an Quins Körper schmiegte und ihren Arm um seine Hüften schlang. Was Quin sich, ohne eine Miene zu verziehen, gefallen ließ.
»Stumpfsinniger Idiot«, murmelte sie lautlos zwischen zusammengepressten Lippen. Laut sagte sie zu der noch immer auf ihr Geld wartenden Verkäuferin: »Ich hab noch was vergessen. Ich hätte gerne noch einen Kürbis.«
Als sie mit dem vollbeladenen Einkaufkorb und mit dem orangen Kürbis beladen in die Küche kam, wirkte das Haus verlassen. Von einer eigenartigen Leere erfasst, machte sie sich daran, die Einkäufe zu verstauen. Sie benötigte über eine Stunde, den harten, immer wieder wegrollenden und widerspenstige Kürbis auszuhöhlen. Eigentlich stand ihr im Juni nicht der Sinn nach Suppe; der blöde Kürbis reflektierte nur ihr dummes und eifersüchtigem Gefühl, dem sie blöderweise erlegen war, als Quin sie auf dem Markt so zynisch angesehen hatte.
Wütend stocherte und hämmerte sie so lange mit dem Fleischmesser auf den Kürbis ein, bis er endlich, wenn auch ziemlich ramponiert, seine Form hatte. Schwer atmend gab sie das Fruchtfleisch zu der schon auf dem Herd kochenden Suppe. Nachdem sie den Abwasch erledigt hatte, stellte sie den Herd auf kleine Flamme und begab sich mit einem Limonadenglas in den Garten. Im hinteren Teil entdeckte sie Liam und Luke.
Anscheinend trainierten die beiden schon wieder. Die Brille von Liam lag auf dem Tisch neben ihnen; er trug wieder die Augenbinde, um sich auf Lukes Körperzustand einzulassen, er nannte es scherzhaft einen Blind-Date-Kampf. Aber wahrscheinlich hatte er sie auch deswegen abgenommen, weil Quin, wenn er sauer auf ihn war, sie versteckte und den Drang verspürte, sie gegen die Wand zu schmeißen, sodass sie in tausend Scherbensplitter zerbrach. Das hatte Liam ihr gestern Abend nach dem Streit anvertraut.
Unschlüssig, sich zu ihnen zu begeben,
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