Tanz im Dunkel
trugen die typischen weißen Leinenjacken mit dem “E(E)E”-Logo auf der Schulter. In den Korridoren türmten sich Tabletts mit Horsd’œuvres und Champagnerkisten. Jeri dirigierte das Personal durch die Gänge und lächelte dabei ihr typisches, gelassenes Lächeln.
Und der Mann, dessen weiße Jacke gefährlich an den Schultern spannte, war niemand anderer als Mustafa alias Moose von Black-Moon. Nun erkannte Rue auch die kurzhaarige Frau, die gerade eine Flasche Champagner entkorkte: Es war Hallie. Ihr Partner David schenkte eben Champagner in Gläser, die auf einem Tablett standen. Weil er seine dichtes, lockiges Haar zurückgebunden hatte, sah er ganz anders aus als sonst.
“Sean …” Rue zog an seiner Hand, damit er stehen blieb. “Hast du Moose gesehen?”
Er nickte, ohne sich zu ihr umzudrehen. Sie bahnten sich weiter ihren Weg durch das dichte Labyrinth an Korridoren, bis sie schließlich die Tür fanden, die Sylvia auf dem kleinen Plan gekennzeichnet hatte, den sie ihnen mitgegeben hatte.
“Okay, hier wären wir also”, sagte er. Sie blieben stehen.
Da es keinen Platz gab, wo sie ihre Taschen abstellen konnten, stellten Rue und Sean sie einfach neben die Tür und schlüpften an Ort und Stelle in ihre Tanzschuhe.
“Es sind alle da”, sagte Sean zu ihr, als sie fertig war. “Ich habe sie alle angerufen. Das heißt, diejenigen, die heute nicht arbeiten müssen. Thompson und Julie haben einen Auftritt in Basing, und Rick und Phil sind nachher noch von ein paar Vorständen des Museums für eine Feier im intimen Kreis engagiert worden. Doch alle anderen sind hier. Sogar Haskell ist gekommen.”
“Weiß Sylvia Bescheid?”
“Nein, aber wir haben es ihr nur deshalb nicht gesagt, damit sie nicht mit hineingezogen wird.”
“Es ist großartig, dass alle das für dich tun wollen.”
“Sie tun es für
dich
. Moose und Abilene haben sich unter unseren Namen eingeschlichen, und die anderen sind mit dem E(E)E-Personal reingekommen. Als ich erfahren habe, dass die Veranstalter unbedingt uns beide wollten, war mir klar, dass Hutton dahinterstecken muss. Heute schnappen wir ihn uns”, sagte Sean und guckte sofort wegen des grimmigen Tons, den er angeschlagen hatte, ein wenig schuldbewusst drein. “Mach dir keine Sorgen, Rue.” Er gab ihr – eingedenk ihres Lippenstifts – einen Kuss auf die Wange.
Rue war zu durcheinander, um zu begreifen, was Sean meinte. Automatisch überprüfte sie, ob alles an ihren Kostümen in Ordnung war, dann sah Sean auf die Uhr und öffnete die Tür.
Im nächsten Moment traten sie ins Scheinwerferlicht und schritten Hand in Hand über den Marmorboden in die Mitte der gigantischen Museumshalle, die sich über drei Stockwerke nach oben erstreckte. Rue war schon einmal hier gewesen, als gerade der neue Flügel des Gebäudes gebaut worden war, und sie war schon damals begeistert von der Weite der Halle gewesen. Aber würde sich die Tanzmusik nicht in diesem riesigen Raum verlieren?
Sean und Rue waren nun in der Mitte der Tanzfläche angelangt, nahmen lächelnd und mit ausgebreiteten Armen ihre Position ein und warteten darauf, dass die Gäste ihre Anwesenheit bemerkten. Rue bemühte sich, nicht in die Glasvitrinen an den Wänden zu starren, in denen altertümliche Masken ausgestellt waren.
“Sind die beiden nicht entzückend?”, rief eine weißhaarige Dame mit Saphir-Ohrringen aus. Der Herr an ihrer Seite runzelte allerdings missmutig die Stirn. Rue erkannte ihn: Es war Charles Brody, der widerwärtige Typ von der Party bei den Jaslows.
Die Musik begann. Als Rue merkte, dass sie über die blechern klingende Lautsprecheranlage des Museums eingespielt wurde, erstarrte ihr beinah das professionelle Tänzerlächeln. Für die nächste Überraschung hatte anscheinend Sean selbst gesorgt. Er hatte das Programm geändert. Statt eines Walzers erklang der “Bolero”, ihre erotische Nummer, die sie erst ein oder zwei Mal auf Geburtstagsfeiern getanzt hatten. Warum hatte er diese Melodie für heute Abend ausgesucht?
Doch sobald sie beide sich zu den ersten Takten zu bewegen begannen, spürte Rue wieder die Sinnlichkeit und Leidenschaft der Musik und ließ sich davon mitreißen.
Dann packte Sean sie plötzlich an den Hüften und hob sie hoch, sodass sie mit gestreckten Beinen wie eine Statue in der Luft schwebte. Von dort oben sah sie sehnsüchtig und voller Verlangen zu ihm hinunter, und er erwiderte ihren Blick ebenso leidenschaftlich. Sie streckte ihre Arme graziös nach
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