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Tanz mit dem Schafsmann

Tanz mit dem Schafsmann

Titel: Tanz mit dem Schafsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Tadellos. Die gewöhnlichsten Klamotten wirkten bei ihm hochgradig elegant. Erfreut betrachtete er meinen Aufzug.
    »Très chic«, lobte er. »Du hast einen guten Geschmack.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Wie ein Filmstar.« Keine Ironie, nur ein Scherz. Ich lachte. Er auch. Das machte uns ein wenig entspannter. Gotanda ließ seinen Blick durch das Wageninnere schweifen. »Schicke Karre, was? Leihgabe von der Produktion, wann immer ich ihn brauche. Komplett mit Chauffeur. So gibt’s keine Unfälle und keine Trunkenheit am Steuer. Sicherheit geht vor. Die sind glücklich, und ich auch.«
    »So kann man’s auch sehen«, sagte ich.
    »Ich selbst könnte so ein Ding gar nicht chauffieren. Ich bevorzuge eher kleine Autos.«
    »Porsche?«
    »Maserati.«
    »Mein Auto ist noch kleiner«, sagte ich.
    »Civic?«
    »Subaru.«
    »Subaru«, wiederholte er und nickte. »Bin ich früher auch gefahren. Mein erster, vom eigenen Geld gekaufter Wagen. Nicht vom Spesenkonto, sondern von der Gage für meinen ersten Film. Allerdings gebraucht. Ich habe die Karre geliebt. Bin damit damals immer zum Studio gefahren, als ich meine zweite Nebenrolle hatte. Die haben mir sofort ins Gewissen geredet: Wenn du ein Star werden willst, kannst du keinen Subaru fahren. Also habe ich ihn gegen einen Neuwagen getauscht. Das ist Showbusiness. War ein prima Wagen. Praktisch. Billig. Echt klasse.«
    »Ganz meine Meinung«, sagte ich.
    »Was glaubst du, weshalb ich einen Maserati fahre?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ich muss mein Spesenkonto aufbrauchen.« Er zog die Augenbrauen zusammen, als gestehe er eine geheime Schandtat. »Mein Manager drängt mich andauernd, ich solle mehr ausgeben. Meine Spesen seien nie ausgeschöpft. Also habe ich mir diesen teuren Flitzer angeschafft. Kostspielige Autos lassen sich nämlich gut absetzen. Und alle sind glücklich und zufrieden.«
    Du meine Güte! Haben die Leute eigentlich außer Spesen auch noch was anderes im Sinn?
    »Mann, ich hab einen Mordshunger«, sagte er und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich würde gern ein ordentliches Steak verdrücken. Schließt du dich an?«
    »Soll mir recht sein«, erwiderte ich.
    Er nannte dem Chauffeur das Fahrziel, worauf dieser wortlos nickte. Gotanda sah mich an und lächelte. »Sag mal, es ist zwar etwas indiskret, aber du bist doch sicher Single, wenn du dir allein was kochst?«
    »Stimmt«, sagte ich. »Ich war verheiratet, bin aber inzwischen geschieden.«
    »Wie ich«, sagte er. »Verheiratet und geschieden. Zahlst du Alimente?«
    »Nein.«
    »Gar nichts?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wird nicht von mir verlangt.«
    »Du Glückspilz«, sagte er mit einem Grinsen. »Ich zahle zwar keine Alimente, aber die Scheidung hat mich Kopf und Kragen gekostet. Du hast doch bestimmt davon gehört, oder?«
    »So in etwa«, erwiderte ich. Er sagte nichts weiter dazu.
    Es hatte in der gesamten Regenbogenpresse gestanden. Seine Heirat mit einer populären Filmschauspielerin vor vier oder fünf Jahren und dann die Scheidung zwei Jahre später. Aber wer kannte schon die wahre Geschichte? Es hieß, dass ihre Familie ihn nicht mochte – keine Seltenheit in diesen Kreisen. Seine Frau hatte die Verwandtschaft im Nacken, die sich in alles einmischte, privat wie öffentlich. Gotanda selbst war eher das verwöhnte Bürschchen, das einen lockeren Lebenswandel führte. Das bittere Ende war also abzusehen. »Seltsam, wie die Zeit verfliegt«, sagte er schmunzelnd. »Es ist noch nicht allzu lange her, da haben wir gemeinsam naturwissenschaftliche Experimente durchgeführt, und jetzt erfahren wir voneinander, dass wir beide geschieden sind. Findest du das nicht komisch?« Er fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Augenlider. »Und du? Wieso hast du dich getrennt?«
    »Ganz einfach. Eines Tages hat mich meine Frau verlassen.«
    »Aus heiterem Himmel?«
    »Ja. Ohne ein Wort. Plötzlich war sie weg. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung. Als ich nach Hause kam, war sie fort. Erst dachte ich, sie wäre irgendwo einkaufen gegangen. Ich habe das Abendessen zubereitet und auf sie gewartet. Am nächsten Morgen war sie immer noch nicht da. So verging eine Woche, ein Monat. Dann kamen die Scheidungspapiere.«
    Er sann kurz nach und seufzte. »Versteh mich bitte nicht falsch, aber mir scheint, du bist besser dran als ich.«
    »Wieso das?«, fragte ich zurück.
    »Meine Frau ist nicht abgehauen. Ich bin rausgeschmissen worden. Buchstäblich. Eines Tages haben sie mich vor die Tür gesetzt.« Er schaute durch

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