Tanz mit dem Schafsmann
Grabe umgedreht. Aber es machte Spaß, mit ihm zu essen. Es sah einfach appetitlich aus, wie er das Zeug verschlang. Ein weibliches Wesen hätte es wohl als charmant bezeichnet. Sein Verhalten wirkte keineswegs aufgesetzt, sondern ganz natürlich, wie angeboren.
»Sag mal, wo bist du Kiki eigentlich begegnet?«, fragte ich ihn und schnitt in mein Steak.
»Lass mich mal nachdenken«, überlegte er laut. »Ach ja, ich hatte ein Mädchen bestellt, und sie ist dann mitgekommen. Du weißt schon, per Telefon.«
Ich nickte.
»Nach meiner Scheidung habe ich eine Zeit lang fast nur mit solchen Mädchen die Nächte verbracht. Es war so herrlich unkompliziert. Mit Amateurinnen ging es einfach nicht, und bei Kolleginnen aus der Filmbranche hätten die Klatschspalten darüber berichtet. Ein Telefonanruf genügt. Teures Vergnügen, aber die Diskretion bleibt gewahrt. Absolut. Ein Typ von der Produktion hat mir den Club empfohlen. Die Mädchen sind alle prima. So angenehm. Eben Profis. Und dabei nicht vulgär. Die haben auch ihren Spaß dabei.«
Er schob sich einen Bissen Steak in den Mund und ließ ihn langsam auf der Zunge zergehen. Daraufhin nahm er einen Schluck Whiskey.
»Nicht schlecht, oder?«
»Kann man wohl sagen«, pflichtete ich ihm bei. »Hervorragender Laden.«
Er nickte. »Aber wenn man sechs Mal im Monat herkommt, hat man es auch satt.«
»Wieso denn so oft?«
»Reine Gewohnheit. Ich kann hier reinspazieren, ohne dass jemand Aufhebens davon macht. Kein Getuschel vom Personal. Sie sind Prominenz gewöhnt und glotzen einen nicht an. Niemand kommt und will ein Autogramm, wenn man gerade mit dem Besteck hantiert. Woanders kann ich einfach nicht entspannt essen. Ehrlich.«
»Hört sich nach einem anstrengenden Leben an«, sagte ich. »Außerdem musst du ja auch dein Spesenkonto ausschlachten.«
»Du sagst es. Wo waren wir stehengeblieben?«
»Bei den Callgirls, die du bestellt hast.«
»Ach ja«, sagte Gotanda und wischte sich die Mundwinkel mit der Serviette ab. »Also, eines Tages habe ich mich nach dem Mädchen erkundigt, das sonst immer kam. Sie war jedoch nicht abkömmlich. Stattdessen haben sie zwei andere geschickt. Ich durfte mir eine aussuchen, da ich ein guter Kunde bin. Nun, eines der Mädchen war Kiki. Ich fand es lästig, mich zu entscheiden, also schlief ich mit beiden.«
»Hm«, machte ich.
»Findest du das anstößig?«
»Nein. Wenn ich ein Pennäler wäre, vielleicht …«
»Als Pennäler habe ich so was ja auch noch nicht gemacht«, sagte Gotanda grinsend. »Nun, jedenfalls habe ich es mit beiden getrieben. Es war eine unglaubliche Kombination. Ich meine, die eine ist absolut umwerfend. Eine atemberaubende Schönheit, sage ich dir. Jeder Millimeter ihres Körpers strotzt vor Geld. In meinem Gewerbe triffst du andauernd auf schöne Frauen, aber die übertrifft alle. Sie hat ein angenehmes Wesen und was im Köpfchen. Man kann sich richtig gut mit ihr unterhalten. Und dann ist da noch Kiki. Keine besondere Schönheit, aber doch recht hübsch. Eben nicht so wie die Supergirls vom Club, die man sonst kennt. Sie ist eher … äh …«
»Normal?«, schlug ich vor.
»Genau, ganz normal. Unauffällige Kleidung, kaum geschminkt, redet nicht viel. Es scheint sie wenig zu kümmern, was andere über sie denken. Das Komische daran war, dass ich mich zu ihr immer mehr hingezogen fühlte. Ich meine, zu Kiki. Nach dem Dreier haben wir uns noch gemeinsam auf den Boden gehockt, was getrunken, Musik gehört und gequatscht. Ich hatte lange nicht mehr solchen Spaß gehabt. Wie in der Schulzeit. Es war herrlich entspannend. Wir drei haben uns dann noch ein paarmal getroffen.«
»Wann war das?«
»Ungefähr sechs Monate nach meiner Scheidung, also vor etwa anderthalb Jahren«, sagte Gotanda. »Wir waren fünf, sechs Mal zusammen. Ich habe niemals mit Kiki allein geschlafen. Komisch, nicht wahr? Hätte ich tun sollen.«
»Ja, wieso nicht?«
Er legte sein Besteck ab und tippte sich abermals an die Schläfe. Schien eine Marotte von ihm zu sein, wenn er nachdachte. Charmant, würde ein Mädchen jetzt sagen.
»Vielleicht hatte ich Angst«, sagte Gotanda.
»Angst?«
»Angst, mit ihr allein zu sein«, sagte er und griff nach Messer und Gabel. »Sie hatte so etwas Aufreizendes, Provozierendes. Zumindest wirkte sie so auf mich. Aber es ist eher ein vages Gefühl. Provozierend kann man es eigentlich nicht nennen.«
»Meinst du suggestiv? Sie gibt die Richtung an?«
»Ja, vielleicht. Ich weiß auch
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