Tanz mit dem Teufel
ohne. Ich habe es nicht nötig, und es wäre auch viel zu riskant. Wenn Sie nur die leiseste Ahnung hätten, wie es bei den Academy Awards zugeht, würden Sie mir die Frage gar nicht erst stellen.«
»Dann ist Wet Eye keine Konkurrenz für Sie?«
»Jeder nominierte Film ist eine Konkurrenz für mich. Wet Eye ist keine ernst zu nehmende Konkurrenz. Jurado musste nachdrehen und umschneiden lassen, weshalb sich der Kinostart verzögert hat. Er hat seinem Regisseur ins Handwerk gepfuscht, und das ist inzwischen allgemein bekannt. Genauso gut könnte man frisches Blut in ein Haifischbecken kippen. Keiner weiß mehr, wen er eigentlich auszeichnen würde. Außerdem steckt er in finanziellen Schwierigkeiten. Er hat nicht die Mittel, eine richtig große Werbekampagne aufzuziehen – selbst wenn er wüsste, wie man so was anpackt. Es geht hier nicht um ein Würfelspiel, mein Freund. Die Oscars sind eine Wissenschaft für sich. Wer glaubt, dass sie aus fachlichen Gründen vergeben werden, hat sich geschnitten. Was meinen Sie, was da für Rivalitäten herrschen? Sie würden staunen, wie viele Abstimmungen dadurch beeinflusst werden, dass irgendwer die Frau, den Mann oder die Tochter von irgendwem anderen nicht ausstehen kann. Es ist ein Beliebtheitswettbewerb, wie alles andere auch. Man muss der Oscar-Jury den Film genauso schmackhaft machen wie dem Rest der Welt.«
Lena Swift kam die Treppe herauf, gefolgt von dem in einen warmen Bademantel gehüllten Model. Erst jetzt erkannte Spandau die junge Frau mit den langen schwarzen Haaren, den eisblauen Augen und den zart geschnittenen Gesichtszügen einer viktorianischen Kamee. Bevor man sich fragte, wie sie wohl unter dem Bademantel aussah, würde man sich erst mal ganz langsam an diese Augen gewöhnen müssen.
»Toni, Toni, Toni«, sagte Rosenthal. »Schwing deinen Knackarsch hier raus.«
»Ich hab Eiszapfen an den Titten«, gab sie zurück. »Ich geh keinen Schritt mehr nach draußen.«
»Toni wohnt hier, solange sie in L. A. ist«, erläuterte Rosenthal. »Wann musst du weiter nach Mailand?«
»Nächste Woche«, antwortete Toni. »Komm rein, ich muss mit dir reden. Und mach die Tür zu.«
Die ganze Gesellschaft vertagte sich ins Haus. Rosenthal ging zu ihr und drückte ihr ein Küsschen auf den Mund. »Wann kriege ich endlich einen echten Schmatzer?«, knurrte er.
Sie kniff ihn in die Wampe. »Wenn du ein bisschen abspeckst, gönn ich dir vielleicht das volle Programm.«
»Ich mache einen Star aus dir.«
»Du weißt selber, dass ich als Schauspielerin nichts tauge«, sagte sie.
»Das war doch noch nie ein Hinderungsgrund.«
»Nach dem italienischen Streifen hast sogar du mich ausgelacht.«
»Die falsche Rolle. Du hast genauso viel Ähnlichkeit mit einer italienischen Sozialarbeiterin wie ich mit einem von den Chippendales.«
Sie zuckte mit den Schultern, setzte sich aufs Sofa und nahm ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug vom Tisch. Sie zündete sich eine an und musterte Spandau durch den Rauch.
»Ich muss was mit dir besprechen«, sagte Rosenthal zu Locatelli. Zusammen mit Lena Swift gingen die beiden Männer hinaus.
»Auffälliger geht’s wirklich nicht mehr«, sagte Toni zu Spandau. »Ich soll Sie nämlich verführen, falls Sie das noch nicht mitbekommen haben sollten.«
»Wie weit würden Sie gehen?«
»Nicht besonders weit.« Sie schlug den Bademantel auseinander und ließ ihn sehr viel Haut und sehr wenig Bikini sehen. »Na, schwinden Ihnen jetzt die Sinne?«
»Auf jeden Fall habe ich schon weiche Knie.« Er setzte sich ihr gegenüber und nahm ebenfalls eine Zigarette. Weit über den Tisch gebeugt, gab sie ihm Feuer. Als sie seinen anerkennenden Blick auffing, lächelte sie.
»Sie leben mit Anna Mayhew zusammen«, sagte sie.
»Mehr oder weniger«, antwortete er. »Wir haben beide noch unser eigenes Haus.«
»Ist das ein Wink mit dem Zaunpfahl?«
»Nein, nur eine Tatsache. Ich bin geschieden und scheue vor dem Zusammenziehen noch ein bisschen zurück.«
»Sie sind einer von der treuen Sorte. Das sieht man gleich. Nun machen Sie nicht so ein Gesicht. Das sollte ein Kompliment sein. Jeder andere hätte mich längst mit den Augen ausgezogen. Was nicht immer das reine Vergnügen ist.«
»Das kommt mir bekannt vor.«
»Sie ist eine schöne Frau, Ihre Anna. Sie kennt das sicher noch gut von früher.«
»Das erlebt sie auch heute noch oft genug.«
»Sind Sie dann eifersüchtig?«
»Manchmal, ein bisschen«, antwortete er. »Aber letzten Endes
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