Tanz mit dem Teufel
auf und klappte die Rute zusammen. »Da muss ich doch direkt mal unsern Fischereiwart fragen, wenn er am Sonntag in die Messe kommt.«
Er drehte sich um und stapfte in den Watstiefeln den Hang hinauf. »Am besten bleiben Sie hinter mir, wenn Sie sich nicht den Fuß verknacksen wollen«, sagte er über die Schulter gewandt zu Spandau.
Er war ein hochgewachsener Mann, noch größer als Spandau, der Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. Oben angekommen, zog der Alte die Stiefel aus und hängte sie zum Trocknen auf eine Wäscheleine. Wortlos stieg er in den Wohnwagen und ließ die Fliegengittertür haarscharf vor Spandaus Nase zufallen. Der folgte ihm trotzdem.
Man hätte fast meinen können, in einem Laden für Anglerbedarf zu stehen. Einfachere Ruten in der Ecke, wertvollere in einer Wandhalterung. Unter dem Fenster ein Klapptisch, auf dem offensichtlich die Fliegen gebunden wurden. Jede Menge Fotos, fast alle mit irgendwelchen Fischmotiven, darunter auch einige von Father Michael, der stolz ein Prachtexemplar in die Kamera hielt.
»Der Whisky steht auf dem Regal«, brummte der Priester und ging aufs Klo.
Spandau schenkte den Macallan ein. Er trank einen Schluck Scotch und stellte das andere Glas auf dem ramponierten Couchtisch ab. Fotos von anderen Menschen gab es kaum, abgesehen von ein paar Schnappschüssen wohl längst verstorbener Verwandter sowie einer abgearbeiteten, aber lächelnden Frau um die vierzig, der man noch ansah, wie attraktiv sie einmal gewesen sein musste. Das Lächeln schien sie einige Mühe zu kosten. Zwei Fotos, im Abstand mehrerer Jahre aufgenommen, zeigten sie mit einem Jungen mit Downsyndrom. Auf einem Bild waren die beiden zusammen mit dem Geistlichen zu sehen, auf einem anderen stand der Junge neben Father Michael und hielt strahlend eine Regenbogenforelle hoch.
Während Spandau sich noch die Fotos ansah, kam der Priester wieder herein. »So, und jetzt erklären Sie mir mal, wer Sie sind und was Sie wollen.«
Er ließ sich aufs Sofa fallen, langte nach seinem Glas und blickte mürrisch zu Spandau hoch.
»Ich recherchiere für HBO . Wir planen ein Feature über Jerry Margashack, und dafür interviewe ich Menschen aus seiner Vergangenheit.«
»Aha.«
»Wie ich höre, waren Sie früher sein Beichtvater.«
»Da haben Sie was Falsches gehört. Ich war sein Freund, nicht sein Seelsorger. Wenn Sie auch nur das Geringste über Jerry Margashack wüssten, wäre Ihnen klar, dass er mit Religion nie viel am Hut hatte.«
»Aber Sie kannten ihn gut?«
»Stattet HBO seine Mitarbeiter mit irgendeiner Art von Ausweis aus?«
»Nein.«
»Mit anderen Worten, ich habe keine Ahnung, wer Sie sind. Genauso gut könnten Sie jemand sein, dem Jerry Geld schuldet und der es auf ihn abgesehen hat.«
»Ich will ihm nicht schaden.«
»Aber Sie sind ein Lügner. Wer dreißig Jahre lang die Beichte abnimmt, riecht eine schamlose Lüge eine halbe Meile gegen den Wind. Außerdem stellen Sie sich nicht besonders geschickt dabei an. Hat Ihnen das noch nie jemand gesagt?«
»Woran merkt man es denn? An meiner Unschuldsmiene?«
»Ihr Ego ist Ihnen im Weg. Weil es Ihnen peinlich ist, lügen zu müssen, wirken Sie nicht überzeugend. Sie verraten sich unwillkürlich durch Ihr Gehabe. Als wäre es Ihnen im Grunde scheißegal, ob ich Ihnen glaube oder nicht. Na? Kommt das so einigermaßen hin?«
»Ich sollte Sie meinem Chef vorstellen. Sie würden sich prächtig mit ihm verstehen.«
»Gern belügen lasse ich mich trotzdem nicht. Konnte mich nie daran gewöhnen. Aber das interessiert Sie nicht weiter, oder?«
»Eher weniger.«
»Los, trinken Sie aus, damit ich Sie an die Luft setzen kann.«
»Jerry steckt in Schwierigkeiten, und ich habe den Auftrag, ihn rauszuboxen.«
»Da haben Sie sich ja ganz schön was vorgenommen. Solange ich Jerry kenne, hat er schon immer in der Tinte gesessen.«
»Kennen Sie seine Filme?«
»Ich glaube, ich habe mal einen gesehen. Jede Menge Sex und Gewalt und ordinäre Ausdrücke. Ich bin nicht prüde, aber ich sehe nicht ein, was das soll. Passt aber zu Jerry. Er stößt die Leute gern vor den Kopf. Die meisten von uns wachsen aus dieser pubertären Phase irgendwann raus.«
»Sie sind also über ihn im Bilde. Dann wissen Sie sicher auch, wie es in den letzten Jahren um seine Karriere bestellt war.«
»Seine Karriere geht mich nichts an.«
»Ich dachte, Sie wären Freunde.«
»Sie haben wohl nicht viel Ahnung von zwischenmenschlichen Beziehungen, hm? Man kann eben nicht alles
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