Tanz mit dem Teufel
und hinter dem steht Locatelli und zieht die Strippen. Bono ist zu seinem Herrn und Meister gekrochen und hat ihm was vorgeheult, dass ihr ihm ein paar Riesen abgezockt habt. Und nicht zum ersten Mal.«
»Dann hatte der Japs schon Benny Bono Schutzgeld gezahlt?«
»Du hast’s erfasst.«
»Und Onkel Atom hat mir nichts davon gesagt?«
»Der lässt dich voll ins offene Messer rennen. Scheint fast so, als will er dir eins reinwürgen. Ihr hattet Glück, dass Benny euch nicht in die Quere gekommen ist. Rede mit deinem Onkel. Er war ja noch nie einer von den Zurechnungsfähigsten, aber diesmal hat er den Bogen überspannt. Wenn du dir keinen Revierkampf mit Benny Bono liefern willst – und das will ich dir wirklich nicht geraten haben –, musst du Atom irgendwie zur Vernunft bringen.«
»Da muss ich aber jedes Wort einzeln auf die Goldwaage legen.«
Joey lachte. »Bist ein guter Junge. Und denk dran, ich stehe weder auf der einen noch auf der andere Seite. Aber meine lieben Exkollegen wollten, dass ich dir Bescheid stoße. Sie haben genauso wenig Interesse an einem Krieg wie du.«
»Okay, Joey. Danke.«
»Keine Ursache. Sei immer schön auf der Hut, mein Junge. Und nicht nur vor den Spaghettifressern.«
Araz nickte. Joey lehnte sich zurück und schloss die Augen, Oracio schob ihm den kleinen elektrischen Haarschneider in die Nase.
33
Spandau nahm den Flieger von Burbank nach Sacramento. Statt dort einen schön geräumigen Leihwagen zu ergattern, musste er sich mit einem winzigen Nissan begnügen. Er faltete sich hinein, klemmte die Ohren zwischen die Knie und fuhr los in Richtung Redding. Früher hatte er hier oben im Norden bei Rodeos mitgemacht, und es tat ihm immer gut, wieder herzukommen. Er mochte die Gegend. Wieso kam er eigentlich nicht öfter her? Aber so etwas dachte natürlich jeder Zweite – alle, die sich vormachten, selbst über ihr Leben bestimmen zu können.
Während der Fahrt gab es lange Strecken, auf denen man sich mit einer gehörigen Portion guten Willens in die Zeit der großen Ranches zurückversetzen konnte, als hier noch echte Cowboys ihre Herden trieben. Alles, was seitdem nicht von der Agrarwirtschaft ruiniert worden war, hatten sich die Grundstücksspekulanten unter den Nagel gerissen – Zeitgenossen, die für einen knorrigen, rebellischen Menschenschlag nichts übrighatten. Die Ironie dabei war nur, dass man alle paar Meilen an einer Werbetafel für ein Lokal, Motel oder einen Andenkenladen im Pseudocowboystil vorbeikam.
In Redding hielt Spandau auf ein Bier und ein Steak. Das Restaurant war mit Postern von Crazy Horse und Geronimo dekoriert. Gemäß der Tendenz zur flächendeckenden Disneylandisierung bekam man dort sogar einen Häuptling-Cochise-Burger mit Avocado und Jalapeño-Käse. Was Kopfjäger mit ihren Feinden machen, machen die Amerikaner mit ihrer Kultur.
Er fand einen Country-&-Western-Sender im Autoradio, hörte aber nur kurz rein. Es hatte keinen Zweck. C & W war heutzutage auch nichts anderes mehr als geknödelte Popmusik.
Cheney lag fünfzig Meilen östlich von Redding am Fuß der Sierra Madre, zwischen zwei geschützten Waldgebieten eingekeilt in einem Tal. Bevor er losgeflogen war, hatte Spandau sich bei einem Freund, der oft zum Fliegenfischen in die Gegend kam, nach dem Ort erkundigt. Nun ja, meinte der, durch Cheney müsse man halt durch, um nach Burney zu kommen, wo es die besten Forellen gebe.
In dem Kaff mit seinen nicht mal anderthalbtausend Einwohnern, das sich rechts und links einer Durchgangsstraße erstreckte, würde er wohl nicht allzu lange brauchen, um die katholische Kirche zu finden. Spandau setzte sich erst einmal in ein altmodisches Imbisslokal. Die Kellnerin, eine freundliche Mittvierzigerin mit einer ausladenden Oberweite, die von ihrem um drei Nummern zu eng geratenen Kittel kaum gebändigt wurde, brachte ihm Kaffee und Kirschkuchen. Während sie aus dem Fenster zeigte und ihm den Weg erklärte, kratzte sie auf ihrem sommersprossigen Busen an einem Mückenstich herum. Spandau gab ihr ein viel zu üppiges Trinkgeld. Sie erinnerte ihn an die Freundin seiner Mutter, die ihn einst in Flagstaff in die Kunst der Liebe eingeführt hatte. Ihm war fast so, als hätte er ihr Woolworth-Parfüm immer noch in der Nase.
Die kleine Holzkirche stand am Ende der Hauptstraße. Einen Glockenturm gab es nicht, nur ein Kreuz an der Außenwand und eine Statue des heiligen Franz von Assisi, der den erfrorenen Rosen im Vorgarten predigte. Spandau stieg die
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