Tanz mit mir - Roman
sah in der Tat aus wie eine Meerjungfrau, dachte Katie, und dieser Gedanke versetzte ihr einen weiteren Stich. Hannah sah so zart und perfekt aus, und ihr Haar schimmerte so golden, wie ihres als Kind nie geglänzt hatte. Und nun würde sie nicht miterleben können, wie Hannah mit Freudengeschrei in den Pool sprang – wie konnte Ross bloß annehmen, dass die Arbeit für sie das Wichtigste sei?
Hannah hat schon vergessen, dass ich nicht mitfahre, dachte sie qualvoll. Ich werde sie noch einmal daran erinnern müssen.
»Du siehst toll aus!«, lobte sie ihre Tochter. »Willst du Mummy dabei helfen, Jack ins Bett zu bringen, damit Daddy die Füße hochlegen kann? Ich brauche ein großes, starkes Mädchen, um Jack baden zu können …«
Katie hob Jack aus dem Kinderstuhl heraus. Als er sich schläfrig an sie schmiegte, hätte sie sich am liebsten mit ihm und Hannah ins Bett gekuschelt, um die beiden einfach nur neben sich zu spüren. Sie war sich nicht sicher, ob sie dann jemals wieder aufstehen würde.
»Jaaaaaaaa!«, rief Hannah begeistert. »Erzähl mir von dem Pool, Mummy!«
»Kommt Greg denn mit?«, erkundigte sich Ross, als sie fast schon an der Wohnzimmertür angelangt war. Sie trug Jack auf dem Arm, und Hannah hatte sich fest an ihr Bein geklammert.
Mühsam drehte sie sich um. »Jo weiß es noch nicht. Greg hat viel zu tun, aber er versucht mitzukommen. Das ist gar nicht so einfach, Ross. Es ist nicht immer möglich, das zu tun, was man gern täte.«
Ross wandte sich ab, sodass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. »Ja, ja«, erwiderte er genervt.
Ross war den ganzen Abend über schlecht gelaunt, während sie schweigend Fernsehen schauten. Sogar anschließend im Bett hatte er ihr den Rücken zugewandt, als sie sich schlafen legte.
Beim Frühstück am nächsten Morgen hatte sich seine Laune immer noch nicht gebessert, als Katie Hannahs viele neue Fragen zum Ponyreiten beantworten musste (die Namen der Ponys, die Farbe ihres Fells, die Zauberkräfte der Tiere). Im Büro musste sich Katie den ganzen Tag lang mit Anwaltsschreiben über Fragen zum Grundbesitz in der schäbigen, unbeliebten Fußgängerzone auseinandersetzen. Als sie abends erschöpft nach Hause kam, war Ross in eine sture, feindselige Haltung verfallen. Sie versuchte, sich mit ihm über die neuen Geschäfte zu unterhalten, die sich dort ansiedeln sollten, oder über den Anruf von Lauren, die sich erkundigen wollte, ob die Stadt Busse verlieh, um Hochzeitsgäste zu transportieren. Doch Ross war offensichtlich fest entschlossen, sie mit Desinteresse und eiskalten Blicken zu bestrafen.
Der Gedanke an die Eheberatung als Krönung des Tages kam Katie wie ein Marathon vor, an dessen Ende man bemerkt,
dass die Strecke noch mit einem Hindernisparcours zusätzlich verlängert worden war.
Peter schien außerordentlich gut gelaunt zu sein, als sie den Beratungsraum betraten – was aber wahrscheinlich nicht daran lag, dass er sich über ihr Kommen freute, wie Katie annahm. Das Funkeln in seinen Augen schien von einem schönen Tag zu zeugen; zudem war sein Bart frisch gestutzt, und er trug einen neuen, offenbar handgestrickten Schafwollpullover.
»Ein neuer Pullover?«, fragte Ross und setzte sich.
»Ja! Den habe ich von meiner Frau zum Hochzeitstag bekommen!«, strahlte Peter und strich den Pullover über der Brust glatt. »Sie hat ihn für mich gestrickt.«
Der Größe des Pullovers nach zu urteilen hatte sie dafür wahrscheinlich seit ihrer Hochzeit gestrickt.
»Herzlichen Glückwunsch! Wie lange sind Sie schon verheiratet?«, erkundigte sich Katie höflich. Wenn Eheberater sich schon ein Urteil über die ins Stocken geratenen Ehen anderer Leute erlaubten, dann sollten sie wenigstens wie Taxifahrer oder Kosmetikerinnen den Beweis ihrer Beratungsberechtigung – ihre eigene Hochzeitsurkunde – an die Eingangstür heften.
»Zehn Jahre«, erklärte Peter stolz. »Es ist für uns beide die zweite Ehe«, fügte er dann hinzu, nachdem er Katies Gesichtsausdruck gesehen hatte. »Was eindeutig beweist, dass es sehr wohl möglich ist, mehr als nur ein Mal im Leben sein Glück zu finden. Aber jetzt kümmern wir uns lieber um Sie beide.«
Katie war unschlüssig, ob sie nun beruhigt sein sollte, dass Peter für den Fall, dass es mit Ross nicht klappen sollte, für ein neues Glück bürgen wollte. Oder sollte sie sich lieber ein wenig betrogen fühlen, weil er ganz eindeutig seinen eigenen Ratschlägen nicht gefolgt war und »an den guten Aspekten«
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