Tanz mit mir - Roman
Gefühl hatte, dass sich meine Eltern liebten. Sie hatten eine tolle Ehe.«
»Schön. Haben sie Ihnen auch auf andere Art und Weise gezeigt, dass sie einander geliebt haben? Waren sie zärtlich zueinander? Haben sie viel miteinander gekuschelt?«
Ihre zuversichtliche Haltung geriet ins Wanken. »Na ja, nein. Meine Eltern sind nicht übermäßig … gefühlsbetont. Nicht jeder ist so. Schließlich ist dies nicht die einzige Art, jemandem zu zeigen, dass man ihn liebt.«
»Haben Sie noch engen Kontakt zu ihnen?«
Ross konnte einfach nicht widerstehen. »Kaum dass Katie ihre Prüfungen bestanden hatte, sind sie ab nach Spanien«, erklärte er. »Darum ist der Kontakt eigentlich nicht mehr so gut.«
Katie starrte ihn finster an. »Jetzt versuch nicht, so viel Theater darum zu machen. Sie haben ein Recht auf ihr eigenes Leben. Aber«, erklärte sie und wandte sich Peter zu, »sie haben nie vor meinen Augen gestritten und haben sich gegenseitig immer bedingungslos unterstützt. Ich lege sehr viel Wert darauf, niemals mit Ross zu streiten, wenn Hannah dabei ist – wenn wir Probleme haben, dann sollte sie sich darüber keine Sorgen machen.«
Ross warf ihr einen seltsamen Blick zu. Irgendwie schwang Trauer darin mit.
»Wie Ross schon gesagt hat, bekommen wir natürlich nie die ganze Wahrheit zu sehen und zu hören, was die Beziehung unserer Eltern betrifft.« Peter nahm seine Brille ab und suchte gedankenverloren nach einem Taschentuch. »Sicherlich ist es wunderbar, wenn es absolut keinen Grund gibt , worüber Sie sich streiten könnten, aber genauso sehr ist es vollkommen normal für erwachsene Menschen, einmal nicht der gleichen Meinung zu sein. Für Kinder ist es sogar recht förderlich, wenn sie erleben, dass sich auch ihre Eltern einmal streiten, den Konflikt lösen und sich dann immer noch lieben können.« Er sah zu Katie hinüber. »Kinder sind in der Lage, viel mehr Spannungen wahrzunehmen, als wir glauben. Sie haben eine Antenne dafür, fast wie kleine Radiogeräte. Vielleicht verstehen sie nicht jedes Wort, aber sie beherrschen sehr gut die Körpersprache.«
Jetzt hör schon auf, wie ein Zeitschriftenartikel zu klingen, dachte Katie, sagte aber nichts dazu. Was sollte das alles?
»Mmmm«, nickte Ross. »Das stimmt. Jack kann noch kaum sprechen, aber er bekommt sehr genau mit, wenn Hannah böse ist oder ich müde bin.«
Wie Flammen, die sich von ein paar trockenen, brennenden Zweigen zu einem großen Feuer entwickeln, stieg Ärger in Katie auf. Ross war nun also zum großen Kinderpsychologen geworden. Sie ließ Peter ihre Verärgerung spüren. »Sie wollen also sagen, dass wir uns vor den Kindern anschreien sollen ?«
»Nein, mitnichten«, erklärte er beharrlich. »Ich habe nur den Eindruck, Katie, dass Sie sogar nur widerwillig zugeben wollen, dass Sie überhaupt Probleme haben. Es ist absolut nichts dagegen einzuwenden, ab und an gewisse Dinge neu zu verhandeln. Ross will damit lediglich sagen, dass ihm als Hauptbetreuer, der mehr Zeit mit Ihren Kindern verbringt, einige Dinge aufgefallen sind, die Sie vielleicht nicht -«
»Okay, okay«, blaffte Katie eingeschnappt, als sich in Ross’ Miene eine neue Mischung aus Selbstgefälligkeit und Märtyrertum breitmachte.
Wohin soll das alles bloß führen , fragte sie sich. Bisher wurde mir ein schlechtes Gewissen aufgedrängt, weil ich die Farbe des T-Shirts vergessen habe, das Ross bei unserem Kennenlernen getragen hat, weil ich hart arbeite, um meine Familie zu ernähren. Jetzt kritisiert er mich sogar noch, weil sich meine Eltern nicht gestritten haben! Tränen der Wut und Erschöpfung stiegen Katie in die Augen, als sie darüber nachdachte, wie sie während des Überraschungsurlaubs vielleicht alles hätte geradebiegen können, sie letztlich nun aber doch nur wieder die Böse war.
»Katie?«, fragte Peter besorgt und griff nach der Box mit den Papiertaschentüchern. »Alles in Ordnung mit Ihnen? Es gibt wirklich keinen Grund, warum Sie Ihre Gefühle vor mir verbergen müssten. Es ist immer besser, alles gleich herauszulassen, das sage ich auch immer meinen Kindern!«
Auf keinen Fall, dachte Katie entschlossen. Ich werde auf keinen Fall hier vor deinen Augen zusammenbrechen. Sie weinte nie in der Öffentlichkeit. Niemals.
»Tut mir leid«, entschuldigte sie sich und versuchte, tief einzuatmen, um damit die Tränen zu unterdrücken. »Ich habe nur viel Arbeit und einen harten Tag hinter mir, ich bin sehr müde, und -«
»Katie hat ein schlechtes
Weitere Kostenlose Bücher