Tanz mit mir - Roman
dich etwas Persönliches fragen?«
Katie hob die Augenbrauen. »Kommt darauf an, wie persönlich die Frage ist. Nein, schieß einfach los.«
»Hast du …«, fing er an und hielt dann inne.
»Habe ich … was?«, hakte Katie nach. »Frag schon, Chris. Ich habe eben nur einen Witz gemacht.«
Chris schien mit sich zu kämpfen, bevor es aus ihm herausplatzte. »Hattest du auch so eine Panik, als du den Darlehensvertrag unterschrieben hast?«
»Angesichts der hohen Summe? Ja, klar!«, versicherte sie ihm. »Ich bekomme immer noch Angst, wenn ich daran denke! Was passiert, wenn ich meinen Job verliere? Was passiert, wenn die monatlichen Raten wieder ansteigen? Aber man muss irgendwie damit klarkommen. Sichere dich ab!«
»Ja, aber … Nein. Ich meine, dass …« Er blickte sie an, und Katie merkte, dass er wirklich Angst hatte. In seinen Augen lag ein Ausdruck, den sie bei ihm noch nie gesehen hatte. Sie hatte Chris eher als einen typischen, vollkommen sorgenfreien Mädchenschwarm eingeschätzt, doch jetzt stellte sie fest, dass er etwas wirklich Wichtiges auf dem Herzen hatte.
»Erzähl es mir ruhig«, forderte sie ihn sanft auf. »Ich werde weder Lauren noch Bridget etwas davon sagen, wenn es das ist, was dir Sorgen bereitet.«
»Oh Gott, nein, nur das nicht.« Er verzog entsetzt das Gesicht, und da wusste Katie, dass es etwas mit der Hochzeit zu tun haben musste.
Als wäre ausgerechnet sie in der Lage, diesbezüglich Tipps zu geben!
»Versprochen!«, erklärte sie und hoffte, dabei wie eine große Schwester zu klingen.
»Hast du auch auf diesen Darlehensvertrag gesehen, der fünfundzwanzig Jahre läuft, und gedacht, dass wir schon achtundvierzig Jahre alt sein werden, wenn der endlich abbezahlt ist? Und dass wir dann länger zusammen sein werden, als ich jetzt alt bin?« Während die Worte nur so aus ihm hervorsprudelten, bildeten sich kleine Schweißperlen auf seiner Stirn. »Und dass wir dann wahrscheinlich Kinder haben werden? Fünfundzwanzig Jahre! Das ist eine verdammt lange
Zeit! Dann haben wir 2032! Dabei habe ich nicht einmal die leiseste Ahnung, was ich in fünf Jahren machen werde!«
»Ähm, na ja – ich war ein kleines bisschen älter als du«, erwiderte Katie, die ein wenig überrascht war, wie groß Chris’ Panik tatsächlich war. »Sicherlich bist du noch recht jung, um ein Darlehen aufzunehmen, aber …« Sie sah ihm fest in die Augen. »Chris, seid ihr beide bei einer vorehelichen Beratung gewesen? Um die Ehegelübde und alles andere zu besprechen?«
Er nickte heftig. »Ja, aber um ehrlich zu sein, war das nur der übliche Quatsch, wie einander zuhören, Kompromisse schließen und dergleichen. Aber erst beim Darlehensvertrag ist mir alles so richtig klar geworden …« Sein Blick irrte nervös zu den Tischen des Tanzkurses, wo Lauren lebhaft mit Bridget schnatterte, die wiederum in den Raum hineinstarrte. »Ich musste mir eine ellenlange Predigt meiner Mutter darüber anhören, was mein Vater gewollt hätte. Laurens Dad musste sich dann um den Rest der Anzahlung kümmern, weil er meiner Meinung nach davon überzeugt ist, dass ich mich nicht genügend um seine kleine Prinzessin kümmern kann, und Kian glaubt …« Chris zauberte von irgendwoher ein Lächeln auf seine Lippen, doch seine Augen erreichte es nicht. »Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass alles aus dem Ruder läuft. Und das Einzige, was mir alle über die Hochzeit sagen, ist, dass ich mit meinen bescheidenen Tanzkünsten die ganze Hochzeitsfeier verderben werde!«
»Eine Ehe besteht nicht nur aus der Hochzeit«, erklärte Katie müde. »Es ist vielmehr die Zeit danach, für die du Hilfe und gute Ratschläge brauchst. Aber das erzählt einem vorher keiner.«
Sie bewegten sich auf der Stelle, während sich die geübteren Tänzer drehten und an ihnen vorbeiwirbelten. Katie bemerkte begeistert, dass sie auf der Stelle tanzen und sich dabei sogar unterhalten konnte. Sie war angenehm überrascht.
Obwohl sie sich beim Tanzen recht nahe kamen, was an jedem anderen Ort mit Ausnahme der Tanzfläche zu einem Kuss geführt hätte, waren die Tanzschritte absolut sachlich. Sie waren beide beim Tanzkurs so oft von Angelica wegen des Rhythmus und der Beugung der Knie angebrüllt worden, dass ihnen ein ehrliches, offenes Gespräch nun sehr leichtfiel.
Ich komme mir vor wie in einem Beichtstuhl, dachte Katie. Man hat das Gefühl, während der Ungestörtheit und Vertrautheit eines Liedes alles sagen zu können, was einem auf dem Herzen liegt,
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