Tanz mit mir - Roman
geschwiegen und nur ein paar für Katies Geschmack zu höhnische Bemerkungen fallen gelassen, als Greg über die Probleme mit seinem neuen Auto berichtet hatte.
Ross und Greg hatten einander noch nie viel zu sagen gehabt, während Ross und Jo immer ein wahres Feuerwerk an Insiderwitzen parat hatten. Katie erinnerte sich traurig daran, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der sie und Jo gemeinsam über Beckenbodentraining und plötzliche Milcheinschüsse gewitzelt hatten. Na ja, die Witze hatte hauptsächlich Jo gemacht.
Katie trank ihren Wein und gab sich Mühe, Gregs Personalprobleme mit interessierter Miene zu verfolgen, während Ross mit verstellter Stimme eine Mutter imitierte, die Katie nicht kannte.
Plötzlich hörte Jo auf zu lachen. »Oh, oh, jetzt können wir uns auf etwas gefasst machen!«, raunte Ross, und sein seltsamer Tonfall ließ Katie aufschauen.
Hannah stand in der Tür. Zerzaustes goldbraunes Haar umrahmte das herzförmige Gesicht, und der überlange rosafarbene Angelina-Ballerina-Schlafanzug lag in Falten über
ihren Füßen. Sie blinzelte im hellen Licht des Wohnzimmers wie ein überraschter Maulwurf und hielt das einst weiße, mittlerweile aber schmuddeliggrau verfärbte Plüschschaf Baalamb mit den kleinen Händen fest umklammert.
Katies Herz klopfte höher, so stolz war sie darauf, wie hinreißend ihre Tochter aussah. Dann machte es einen weiteren Sprung aus Frustration, weil sie das Gefühl hatte, dass ihr die letzten Fäden eines Abends in Gesellschaft von Erwachsenen aus den Händen glitten. Nur ein oder zwei Stunden, zu Hause, außer Dienst, mit ihren Freunden – war denn das zu viel verlangt?
»Na, das hat uns gerade noch gefehlt«, stellte Greg trocken fest, warf Katie einen mitfühlenden Blick zu und schenkte sich selbst Wein nach. »Molly kommt auch gerade in diese Phase. Ein solches Verhalten muss man direkt unterbinden, denke ich, sonst wird man nie mehr einen Augenblick für sich allein haben.«
»Na ja, das ist wohl leichter gesagt als getan«, seufzte Katie.
»Daddy!«, rief Hannah, als sie alle Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte. »Ich kann einfach nicht schlafen «, stöhnte sie und legte melodramatisch die Hand auf die Stirn.
In letzter Zeit war »Ich kann einfach nicht« ihr Lieblingssatz geworden. Katie hatte keine Ahnung, wo sie diesen Satz aufgeschnappt haben konnte. Ross schien eine Menge Filme zu schauen, wenn sie bei der Arbeit war.
» Kannst du nicht?«, erwiderte Ross mit dem gleichen melodramatischen Tonfall. » Warum denn bloß nicht?«
Hannah seufzte. »Ich hatte einen Alptraum. Kann ich nicht hier unten bei euch bleiben?«
»Nein«, entschied Katie, bevor Ross ihrem Wunsch nachgeben konnte. Alle Bücher zum Thema Kindererziehung rieten, Kinder zur Schlafenszeit nicht in Gespräche zu verwickeln. Katie hatte von Beginn an versucht, eine Routine einzuführen,
damit die Kinder nicht verwirrt wurden. Es wäre besser, wenn sich Ross nicht immer so inkonsequent verhielte. Hannah hatte keinerlei Probleme mit dem Einschlafen gehabt, bis Jack damit begann, immer wieder wach zu werden. Doch sie war pfiffig genug, um festzustellen, wie viel Aufmerksamkeit ihrem Bruder dadurch zuteilwurde – und hatte sich seitdem zu einem wahren Quälgeist entwickelt. Insbesondere, wenn Publikum anwesend war.
Katie warf Ross einen Blick zu, doch der stolze Papa hatte nur Augen für seine bezaubernde Tochter. Also schob Katie den Stuhl zurück, um ihr zu signalisieren, dass es langsam Zeit wurde, wieder ins Bett zu gehen.
Hannah schob die Unterlippe vor und starrte sie finster an.
Katie sah mit einem Blick, dass ihnen einer von Hannahs berühmten Wutanfällen bevorstand, und machte sich darauf gefasst. »Komm schon, Hannah, ab ins Bett!«
»Daddy, ich muss ein Glas Milch trinken«, quengelte sie und ignorierte Katie. »Sonst kann ich nicht schlafen.«
»Na, das kennen wir auch, oder?«, stellte Jo fest und blickte zu Greg hinüber. »Die Zauberschlafmilch.«
Hannah machte große Augen, nahm Baalambs Ohr in den Mund und kaute darauf herum.
Katie warf Ross einen Blick zu. Sie hatten wegen des Herumkauens eine Absprache getroffen. Er hatte ihr zugestimmt, dass es nicht gut war. Doch wie sie da auf ihrem Stofftier herumkaute, wirkte Hannah so viel kleiner und jünger als ihr prinzessinenhaftes Wesen vom Tage, sodass es einem schwerfiel, standhaft zu bleiben.
Du musst standhaft bleiben, ermahnte sich Katie. Wenn schon Ross es nicht schafft, dann doch wenigstens
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