Tanz, Pueppchen, Tanz
überhaupt genommen?«
»Das geht dich nichts an.«
»Oh, Herrgott noch mal …«
»Mrs. Price«, geht Ben ruhig dazwischen. »Sie wissen, dass alles, was sie uns hier erzählen, vertraulich ist.«
»Das ist wirklich beruhigend, Ben. Aber ich habe alles gesagt, was ich sagen werde.«
»Gut.« Amanda wirft die Hände in die Luft und schafft es, Kapitulation und Trotz in dieser einen Geste zu vereinen.
»Wenn du nicht mit uns reden willst, kann vielleicht Hayley Mallins ein wenig Licht in das Dunkel bringen, wer ihr Mann wirklich war.« Sie nimmt ihren Mantel und geht zur Tür.
»Komm, Ben. Wir haben hier schon genug Zeit vergeudet.«
»Nein«, ruft ihr Mutter und springt auf, als Amanda nach der Klinke greift. »Warte.«
Amanda hält den Atem an und wagt es nicht, sich umzudrehen.
»Es ist nicht notwendig, Mrs. Mallins in die Sache zu verwickeln. Ich bezweifle, dass sie etwas über die Nebenbeschäftigungen ihres Mannes weiß.«
Langsam dreht sich Amanda um und sieht ihre Mutter an.
»Aber du?«
»Das sollte ich wohl«, erwidert ihre Mutter. »Ich war schließlich mehr als zehn Jahre mit dem Mann verheiratet.«
Amanda tastet sich zurück in den Raum und lässt sich auf einen leeren Stuhl fallen. Sie weiß nicht, was sie erwartet hat, aber das jedenfalls nicht. »Was hast du gerade gesagt?«
Gwen Price lächelt traurig und setzt sich wieder. »Ich glaube, ich habe euch gerade ein Mordmotiv geliefert.«
27
Amanda sieht Ben an, der zum Glück genauso verdattert dreinschaut wie sie. »Ich denke, das solltest du uns erklären«, sagt sie und richtet den Blick zögerlich wieder auf ihre Mutter.
»Ja, das sollte ich wohl«, stimmt ihre Mutter ihr zu, obwohl sie freiwillig nichts weiter sagt.
»Sie waren mit John Mallins verheiratet?«, fragt Ben leise, als würde er eine widerstrebende Zeugin durch ein Verhör leiten.
»John Mallins, Walter Turofsky, Milton Turlington, George Turgov, Rodney Turek«, leiert Gwen Price teilnahmslos herunter. »Rodney Turek war sein richtiger Name. Glaube ich zumindest.«
»Sie kannten also seine diversen Decknamen?« Wieder stellt Ben die Frage. Amanda sieht ihn mit einem dankbaren Nicken an, weil sie einen Kloß im Hals hat, der ihr wie ein Stück ungekautes Fleisch die Stimme raubt.
»Als ich ihn geheiratet habe, noch nicht.«
»Und wann war das?«, schaltet sich Amanda nun doch ein, die die Frage mit einem harschen Räuspern über ihre Lippen presst, sodass ihre Stimme kratzig und gequetscht klingt.
»Vor sehr langer Zeit.«
»Vor wie langer Zeit?«
»Ich war neunzehn, als ich ihn geheiratet habe.« Sie lächelt Amanda an, als wollte sie sagen: Genauso alt wie du, als du Ben geheiratet hast.
Amanda wendet sich schaudernd ab.
»Ich hätte es wahrscheinlich besser wissen müssen«, sagt Gwen. »Aber was soll ich sagen? Er war ein sehr charmanter und charismatischer Mann, wie es Betrüger für gewöhnlich sind. Sie wissen instinktiv, auf welche Knöpfe sie drücken und welche Wörter sie wählen müssen. Ich fand ihn ungeheuer attraktiv. Wie alle. Sogar meine Mutter fand ihn wundervoll. Jedenfalls bis er meinen Vater um seine gesamten Ersparnisse betrogen hat.«
Während ihre Mutter spricht, hat sich Amandas Blick langsam auf deren Mund verengt, die feinen Fältchen, die ihre markante Oberlippe säumen wie eine Reihe von Fragezeichen. Sie bemerkt die tiefen Furchen, die an ihren Mundwinkeln zerren, sodass ihre blasse Haut aussieht wie ausgedörrte Erde, die unter einer gnadenlos sengenden Sonne rissig geworden ist. Auf der Unterseite ihres Kinns sprießt zarter blonder Flaum wie Härchen auf einem Pfirsich, und ihre Haut ist vor Alter faltig und durchscheinend. Zum ersten Mal sieht man Gwen Price jedes ihrer fast zweiundsechzig Jahre an. Trotzdem kann man noch Spuren der schönen jungen Frau erkennen, die sie einmal gewesen ist, vor allem in der ungezügelten Intensität ihrer hellblauen Augen. Amanda spürt, wie diese Augen sie eingehend mustern, auch wenn sie sich weiter auf die Lippen ihrer Mutter konzentriert. »Ich kann mich nicht an deine Eltern erinnern«, sagt Amanda, während sie versucht, die Gesichter aus ferner Vergangenheit heraufzubeschwören.
»Nein, das kannst du auch nicht. Sie sind vor deiner Geburt gestorben.«
»Und wie hat Rodney Turek Ihren Vater um seine Lebensersparnisse betrogen?«
»So wie er jeden betrogen hat. Scheinfirmen und falsche Investmentpläne. Er hat meinen Vater überredet, sein Geld zur Gründung einer neuen Firma für
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