Tanz, Pueppchen, Tanz
ist unmöglich«, erklärt der Polizist.
Man sollte meinen, dass ich an den Anblick meiner Mutter im Bett gewohnt bin, denkt Amanda und vertreibt die Bilder aus ihrer Kindheit mit einer Handbewegung. Obwohl sie vermutet, dass man sich nie daran gewöhnt, egal wie alt man ist und wie sehr man sich auseinander gelebt hat. Mütter sollen für einen sorgen. Sie sollen nicht krank werden. Und sie sollen ganz bestimmt nicht versuchen, sich umzubringen. »Warum hast du das getan?«, flüstert sie, krallt sich mit den Fingern an das Stahlgestell des Bettes und starrt in das zerschundene Gesicht ihrer Mutter.
Andererseits sollen Mütter auch nicht herumlaufen und andere Leute erschießen.
»Was ist das?« Amanda fixiert ihren Blick auf einen schrecklichen Abdruck auf der Innenseite des linken Handgelenks ihrer Mutter. Sie atmet scharf ein und wartet auf die Bestätigung dessen, was sie schon weiß.
»Ich fürchte, dass sie bei dem Kampf mit ihrer Zellengenossin mehrere ziemlich üble Bisswunden abbekommen hat«, sagt der Beamte.
Amandas ganzer Körper versteift sich. »Sie hat mehrere davon?«
»Eine weitere an der linken Schulter, nicht ganz so groß«, berichtet die Krankenschwester. »Wir haben sie gesäubert und ihre Tetanus-Impfung erneuert. Menschenbisse können sehr tückisch sein, vielleicht gefährlicher als die Tabletten, die sie geschluckt hat.«
Amanda muss an die Bissspuren denken, die Derek Clemens auf Caroline Fletchers Rücken hinterlassen hat. Ich hasse Bissspuren, denkt sie. »Wie lange schläft sie schon?«
»Ungefähr eine Stunde.«
»Und morgen schicken Sie sie zurück ins Gefängnis?«
»Es gibt keinen Grund, sie hier zu behalten.«
»Man wird sie selbstverständlich in einer anderen Zelle unterbringen«, sagt Amanda an den Beamten gerichtet, der direkt neben der Tür steht und den Besuch genau verfolgt.
»Davon würde ich ausgehen«, sagt der Polizist und fügt hinzu: »Ich fürchte, ich kann Ihnen nur noch ein paar Minuten erlauben.«
Amanda wendet sich wieder ihrer Mutter zu und zieht sich einen Stuhl ans Bett. »Eins muss ich dir lassen, Mom – du weißt, wie man die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zieht. Meine hast du jedenfalls, weiß Gott.« Sie versucht zu lachen, doch aus ihrem Mund dringt nur ein schriller gepresster Laut. »Erstaunlich, nicht wahr? Erst haben wir fast ein Jahrzehnt lang nichts miteinander zu tun, und dann treffen wir uns beinahe täglich. Und noch dazu an so interessanten Orten. Vor allem für eine Frau, die das Haus kaum verlassen hat, als ich klein war.« Sie rückt mit dem Stuhl noch näher an das Bett ihrer Mutter. »Wir haben Hayley Mallins besucht«, flüstert sie, während sie so tut, als würde sie die Stirn ihrer Mutter streicheln, wobei ihre Finger nur versehentlich tatsächlich die Haut streifen. Sie beobachtet die Miene ihrer Mutter auf ein Zucken des Verstehens, ein Zeichen, dass sie sie gehört hat, vergeblich. »Sie hat uns allerlei interessante Sachen erzählt.«
»Ich fürchte, ich muss Sie jetzt bitten, vom Bett zurückzutreten«, weist der Beamte sie an.
»Sie hat uns alles erzählt«, sagt Amanda und schiebt ihren Stuhl zögernd zurück, während sie das Gesicht ihrer Mutter nach wie vor auf eine Reaktion hin mustert, ohne etwas zu bemerken. »Okay. Lass uns hier verschwinden.« Sie geht zu der Tür und wirft einen letzten Blick auf die schlafende Frau in dem Bett. Aus der Entfernung ist sie sich nicht sicher, doch sie meint eine einzelne Träne zu erkennen, die aus dem geschlossenen Auge ihrer Mutter geflossen, über ihre Wange gekullert und in dem bauschigen Kissen versickert ist.
31
Sobald sie zurück in dem Haus in der Palmerston Avenue sind, bestellt Amanda Pizza, während Ben im Wohnzimmerkamin ein Feuer schürt. »Ich glaube, der ist seit meiner Kindheit nicht mehr benutzt worden«, staunt Amanda und wärmt sich an den Flammen, wobei ihr ein Bild ihrer Mutter vor Augen tritt, die auf dem Sofa sitzt, ohne sich um die sprühenden Funken zu kümmern, die ihren Füßen gefährlich nahe kommen.
»Scheint noch prima zu funktionieren.« Ben marschiert lächelnd aus dem Zimmer.
»Wohin gehst du?«
»Einen Korkenzieher holen.«
»Wofür? Es gibt keinen Wein.«
»Oh doch.« Er kommt mit einem Korkenzieher in der einen und einer Flasche teuren Bordeaux in der anderen Hand wieder zurück. »Ich habe noch einen Karton im Wagen«, erklärt er, bevor sie fragen kann. »Ich vergesse immer, ihn mit hoch in die Wohnung zu nehmen.«
Amanda
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