Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz, Pueppchen, Tanz

Tanz, Pueppchen, Tanz

Titel: Tanz, Pueppchen, Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
verschwunden. »Ich nehme es zurück«, schluchzt sie, zieht das Laken über den Kopf und bricht darunter zusammen. »Ich nehme alles zurück. Alles. Hörst du mich? Ich nehme es zurück.«
     
    Um zwei Uhr nachts wacht sie mit pochenden Kopfschmerzen auf. »Ich dachte, so etwas passiert einem mit gutem Wein nicht«, sagt sie und überlegt, ob sie aufstehen und eine Tablette nehmen soll. Schließlich entscheidet sie, gar nichts zu tun. Sie hat die Kopfschmerzen, die sie verdient. Sie zu mildern wäre eine Ungerechtigkeit.
    Ben hat Recht, sie zu hassen. Sie hat ihn gedemütigt, als sie ihn vor acht Jahren ohne eine Erklärung oder Entschuldigung verlassen hat, und sie hat ihn seit ihrer Rückkehr in die Stadt schamlos ausgenutzt. Wenn er es heute Abend geschafft hat, es ihr zumindest ein wenig heimzuzahlen, umso besser für ihn. Sie hat es förmlich darauf angelegt. Jedenfalls hat alles, was an diesem Tag passiert und an diesem Abend nicht passiert ist, eines deutlich klar gemacht: Es bringt nichts, noch länger in der Stadt zu bleiben. Ben braucht sie nicht. Ihre Mutter will sie nicht. Was tut sie hier anderes als alle einschließlich sich selbst unglücklich zu machen? Morgen früh wird sie verschiedene Fluggesellschaften anrufen und den ersten verfügbaren Flug nach Hause buchen.
    Amanda kriecht aus dem Bett, geht zum Fenster und starrt auf die jetzt leere Einfahrt zwischen ihrem Haus und dem Nachbarhaus. »Ich hoffe wirklich, dass du gut nach Hause gekommen bist«, flüstert sie und überlegt, Ben anzurufen.
    Aber ihr Handy ist in ihrer Handtasche, ihre Handtasche ist unten, und sie hat nicht die Kraft, hinunterzugehen. Allerdings gibt es im Schlafzimmer ihrer Mutter ein Telefon, erinnert sie sich und durchquert den kurzen Flur. »Ich werde ihn bloß wecken«, sagt sie in den Hörer, als sie sich auf das Bett ihrer Mutter setzt und Bens Nummer eintippt. Als sich die Bandaufnahme meldet, die sie daran erinnert, die Vorwahl zu wählen, legt sie auf. Er ist wahrscheinlich sowieso bei Jennifer, denkt sie und sieht, wie Sean Travis sich aus den zitternden Schatten am Ende des Flures löst, den Arm schützend um seine schwangere Frau gelegt, die ebenfalls Jennifer heißt. So viele Jennifers, denkt sie, als der Schatten von einem Baum in der Nähe verschluckt wird. »Zu dir war ich auch nicht besonders nett«, gesteht sie sich ein und greift erneut zum Telefon. Diesmal vergisst sie die Vorwahl nicht.
    Nach dem zweiten Klingeln wird abgenommen. »Hallo?«
    Die vertraute Stimme klingt gedämpft und schlaftrunken.
    »Sean?« Sie stellt sich vor, wie ihr Ex-Mann sich im Bett aufrichtet, und sieht eine blaue Baumwolldecke um seinen nackten Körper.
    »Wer ist da?«
    »Hier ist Amanda.«
    »Amanda?«, fragt er nach einer kurzen Pause.
    »Tut mir Leid, dass ich so spät noch anrufe.«
    »Ist irgendwas passiert? Bist du verletzt?«
    »Nein, mir geht es gut.«
    »Hast du irgendwelche Probleme?«
    »Nein.«
    »Bist du betrunken?«
    »Nein.«
    »Dann verstehe ich nicht. Warum rufst du an?«
    »Gibt es ein Problem?«, hört sie Jennifer irgendwo neben ihm fragen.
    »Ich bin in Toronto«, sagt Amanda.
    »Toronto?«
    »Weißt du noch, wie du mir gesagt hast, dass ich nie richtig erwachsen werden würde, bevor ich nicht das Verhältnis zu meiner Mutter geklärt habe?«
    »Ich weiß noch, wie wütend du geworden bist«, sagt er nach einer Pause sanft.
    »Ja, also. Manchmal ist es hart, die Wahrheit zu hören.«
    Eine weitere Pause. »Und wie geht’s?«
    Sie lacht. »Es ist nicht leicht.«
    »Bestimmt nicht. Aber ich bin auch sicher, dass du es schaffst.«
    Tränen der Dankbarkeit schießen Amanda in die Augen.
    »Sean?«
    »Ja?«
    »Ich wollte mich bloß entschuldigen.«
    »Das ist schon okay. Ich war sowieso noch halb wach.«
    »Nicht dafür, dass ich dich geweckt habe. Obwohl du das vermutlich auch auf die Liste setzen könntest.«
    »Es gibt keine Liste, Amanda.«
    »Nicht? Sollte es aber.«
    Schweigen.
    »Sean?«
    »Du musst dich nicht entschuldigen.«
    Amanda schüttelt den Kopf. »Ich war dir eine schlechte Frau.«
    »Wir haben einfach nicht gut zueinander gepasst«, räumt er großzügig ein.
    »Du hattest nie eine Chance.«
    Nach einer weiteren Pause sagt er: »Nun, am Ende ist alles gut ausgegangen. Ich bin jetzt sehr glücklich.«
    »Das Baby ist im Sommer fällig?«
    »Am 18. Juli.«
    Amanda nickt. »Du weißt doch, dass ich dir nur alles Gutes wünsche.«
    »Ich weiß. Das wünsche ich dir auch.«
    »Viel Glück,

Weitere Kostenlose Bücher