Tanz um Mitternacht
ihrer Leidenschaft spüren.
Hatte er jemals ein weibliches Geschöpf mit solcher Glut begehrt? Daran erinnerte er sich nicht.
Ehe das letzte Mitglied der Ladies Auxiliary den Vortragsraum verließ, verstrich eine halbe Stunde. Schließlich blieb Caitlin allein zurück. Sie ordnete ihre Notizen und verstaute sie in einer flachen Ledertasche. Dann hob sie den Kopf und sah den Duke of Beldon eintreten. »Euer Gnaden - ich dachte, Sie wären längst gegangen.«
Mit einem entwaffnenden Lächeln schlenderte er zu ihr. »Ich wollte allein mit Ihnen reden und versichern, wie tief mich Ihr Vortrag beeindruckt hat. Nach der harten Arbeit müssten Sie hungrig sein, und ich hoffe, Sie leisten mir beim Lunch Gesellschaft...«
»Tut mir Leid, Miss Harmon ist bereits verabredet«, ertönte eine vertraute Frauenstimme an der Tür. Cait blickte auf und sah Elizabeth Warring mit Maggie Sutton durch den Mittelgang zum Podium eilen. »Es sei denn, du willst dich anschließen«, wandte sich Elizabeth an Beldon. Ihre Augen funkelten boshaft.
Seufzend schüttelte er den Kopf. »Wenn ich auch einige seltsame Eigenschaften besitze - ich bin nicht masochistisch veranlagt. Vorhin musste ich Miss Harmon mit drei Dutzend Frauen teilen. Für einen Tag genügt mir das.« Als er sich zu Caitlin umdrehte, glaubte sie, das Feuer in seinen dunklen Augen würde sie verbrennen. »Mögen Sie Pferde, Miss Harmon?«
Verwundert überlegte sie, welche Herausforderung er sich diesmal ausgedacht hatte. »Falls Sie wissen wollen, ob ich reite - ja. Aber in den letzten Jahren fand ich keine Gelegenheit mehr dazu.«
»Möchten Sie mit mir ein Pferderennen besuchen? Übermorgen tritt einer meiner Hengste in Ascot an. Ich glaube, das wollen sich auch Lady Ravenworth und ihr Mann anschauen. Würden Sie mir die Ehre geben, Miss Harmon? Natürlich mit Ihrem Vater...«
»O ja, komm doch mit uns, Caitlin«, drängte Elizabeth. »Sicher wird’s dir Spaß machen.«
Die Ledertasche unter dem Arm, stieg Cait vom Podium, geflissentlich bemüht, nicht in die Richtung des Dukes zu schauen. »Ich war noch nie bei einem Pferderennen. Dafür würde ich mich sehr interessieren.«
»Bravo!« Wie ein glückliches Kind klatschte Elizabeth in die Hände. Größer und schlanker als Cait, mit dunklerem Haar war die Countess of Ravenworth die Mutter eines sechs Monate alten Sohnes, eine Frau, die nur für ihren Ehemann und ihre Familie lebte. Obwohl sie grundverschieden waren, fühlte sich Cait eng mit Elizabeth verbunden, als würden sie einander im Grunde ihres Herzens trotz aller Gegensätze gleichen.
»Wenn dein Vater uns nicht begleiten kann, begleitest du Nicholas und mich.«
»Wohin, meine Liebe?«, fragte eine Stimme von der Tür her. Leicht gebeugt ging der grauhaarige Professor zum Po-dium. An seiner Halskette baumelte ein goldgerändertes Monokel.
Warmherzig lächelte Cait ihn an. »Ich dachte, wir würden uns erst heute Nachmittag sehen, Vater. Natürlich kennst du die Damen. Bist du Seiner Gnaden, dem Duke of Beldon, schon begegnet?«
Flüchtig nickte der Professor dem Duke zu. »Ja, ich glaube, wir wurden uns in Lord Chesters Haus vorgestellt.«
»Da sind Sie ja, Donovan! Seit einer halben Ewigkeit suche ich Sie überall!« Phillip Rutherford, Dr. Harmons Geschäftspartner, stand auf der Schwelle - wie immer untadelig gekleidet, das dunkelblonde Haar sorgfältig frisiert. »Verzeihung, hoffentlich störe ich nicht.«
»Natürlich nicht, Phillip«, erwiderte der Professor. »Kommen Sie nur herein!«
Lächelnd folgte Talmadge der Aufforderung. Er war stets freundlich, und Caitlin zweifelte nicht an seiner aufrichtigen Begeisterung für das Projekt ihres Vaters. Trotzdem wusste sie nicht, was sie von ihm halten sollte.
»Ich nehme an, Sie kennen die Herrschaften, Phillip?«, fragte der Professor.
Höflich nickte Talmadge allen Anwesenden zu. Dem Duke galt seine Aufmerksamkeit etwas länger als den anderen. »Ja, gewiss.«
»Lord Talmadge und ich haben uns auf Lord Crutchfields Party getroffen«, erklärte Rand. »Dort sind wir uns erstaunlicherweise zum ersten Mal begegnet.«
»O nein, wir haben schon vor langer Zeit Bekanntschaft geschlossen«, verbesserte ihn der Baron, »auf dem Ball, den Ihr Vater an Ihrem einundzwanzigsten Geburtstag gab. Ein grandioses Fest, wie ich mich entsinne. Mindestens fünfhundert Gäste... Kein Wunder, dass Sie sich nicht an mich erinnern, Beldon.«
»Fast alles, was an jenem Abend geschah, ist mir entfallen«, gestand der
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